Der Mob von Salzburg

Festung Hohensalzburg. Foto: Karl Traintinger | dorfbild.comFestung Hohensalzburg. Foto: Karl Traintinger | dorfbild.com

Eine Künstlergruppe baut auf einem öffentlichen Platz in Salzburg eine Skulptur auf, die den Großteil der Bevölkerung empört und innerhalb weniger Stunden für einen handfesten Skandal sorgt.

Michaela Essler

Von Michaela Essler

Die Stadtväter, denen diese Skulptur offensichtlich auch nicht gefällt, verlangen, dass sie in den Innenhof des Rupertinums gestellt wird. Die Künstler weigern sich und die Stadtverwaltung lässt darauf hin die Skulptur vernageln.

Empörung und Entsetzen in der Kunst-Szene. Die Freiheit der Kunst ist gefährdet – schallt es von allen Seiten. In der Sendung „Treffpunkt Kultur“ vom vergangenen Montag schließlich, versteigt sich der Vertreter der Künstlergruppe dazu, die Menschen in Salzburg als Mob zu bezeichnen und den Bürgermeister als Vertreter des Mobs. Für ihn ist klar: an dem Skandal tragen die Künstler keine Schuld, sondern das niedere, primitive, ungebildete Volk – der Mob von Salzburg – und deren Vertreter.

Gut und schön. Über Kunst kann man streiten: was dem einen gefällt, ist für den anderen ein Skandal. Aber Künstler, die ihre Werke ausstellen, einem breiten Publikum präsentieren, stellen sich der öffentlichen Kritik. Kritik besteht aber nicht ausschließlich aus Lobeshymnen und Begeisterung. Es ist das gute Recht der Menschen ihre freie Meinung zu äußern und zu sagen: „Das gefällt mir nicht. Ich will diese Skulptur nicht auf einem öffentlichen Platz stehen sehen. Ich will nicht, dass meine Kinder das sehen.“ Eine Skulptur wohlgemerkt, die in den Medien alsbald als Viagra – Denkmal, Penis-Statue, Phallus-Skulptur, Pinkel-Plastik und ähnliches bezeichnet wurde.

Es ist gelinde gesagt eine Frechheit die Salzburger als Mob zu beschimpfen, bloß weil die Kunst-Beglückten nicht in Begeisterung ausbrechen, sondern mit ablehnender Kritik auf die Schöpfung reagieren, die ihnen vor die Nase bzw. vors Auge gesetzt wurde.

Niemand hat hier die Freiheit der Kunst in Frage gestellt. Nur eines ist klar: nicht jedes Kunstwerk ist an jedem beliebigen Ort präsentierbar. Auch wenn sich die Künstler auf die hehren Ideale der Freien Kunst berufen, so hat diese Aktion doch einen sehr fahlen Beigeschmack. Denn irgendwie beschleicht einen doch das Gefühl, daß es hier mehr darum ging, die Aufmerksamkeit der Medien zu erheischen. Falls dies das Ziel war, kann gratuliert werden.

Viel zurückhaltender war interessanterweise die Reaktion der Kunst-Szene nach der Premiere von „Die Entführung aus dem Serail“. Die Inszenierung hat den Festspielgästen nicht gefallen und sie taten ihre Meinung mit lauten Buh-Rufen kund. Herrschte hier auch der Kleingeist des Mobs? Wo ist die Empörung der Kunst-Szene, über das Publikum, das die Freie Kunst nicht versteht. Aber vielleicht erscheinen Buh-Rufe und Missfallen in einem anderen Licht, wenn sie von zahlenden Zuschauern kommen. Stimmt schon: das Stück wurde nicht vom Spielplan abgesetzt, auch wenn die Inszenierung vom Publikum abgelehnt wurde. Trotzdem stellt sich die Frage, ob hier nicht die Reaktionen mit zweierlei Maß gemessen wurden.


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