Gerhard Michalek: Herkunft und Aufstieg der Haunsberger. Teil 2 (3)

Nußdorf am Haunsberg
Das Wappen der Haunsberger

Das Wappen der Haunsberger

Die Abkunft der Haunsberger wird bis in die Zeit König Karls des Großen und Bischof Arnos, also bis ins ausgehende 8. Jahrhundert, zurückgeführt. Verliert sich auch der erste Besitzvorgänger der Haunsberger im mythischen Dunkel der beginnenden Karolingerzeit, so führt doch eine schmale Brücke besitzgeschichtlich – genealogischer Nachrichten von jenen Anfängen im 8. Jahrhundert bis zu dem ersten namentlich beurkundeten Haunsberger, Friedrich I. von Haunsberg. Jedoch müssen schon Friedrichs Vorfahren rüstig am Werk gewesen sein, einen solchen Besitzstand zu begründen. Mit einem Worte: Alles erinnert an die ruhmvolle Zeit Kaiser Heinrich III., da das Deutsche Reich seine größte Ausdehnung nach Osten erhielt.

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Bereits im Jahre 798 erscheint erstmals der Name Haunsberg in den „Breves Notitiae“ als Mons Hunsperch: „Donatio Liuperti ad Nuzdorf (erste Nennung von Nußdorf am Haunsberg!) iuxta montem qui vocatur Hunsperch“.  Der Name „Haunsberg“ ist wohl von dem althochdeutschen Personennamen Huno („Hühne“) abzuleiten, heißt als Berg des Huno, von welchem sich auch der Familienname der späteren Haunsberger  ableitete. Dieser Edle Huno, dessen Name auch auf den Volksnamen der „Hunnen“ (Awaren!) hinweist, dürfte am Haunsberg einen Sitz gehabt haben, und war auch zu Heining („Huning“, nahe Laufen) und in der Gegend von Köstendorf begütert, wo er um 800 mehrere Höfe an das Kloster Mondsee vergab, wie der Traditionsindex berichtet.

Nußdorf am Haunsberg

Nußdorf am Haunsberg

Wir können hier also folgendes festhalten: Trotz einiger früherer Nennungen (aus dem späten 8. Jahrhundert) läßt sich quellenmäßig keine sichere genealogische Verbindung zu den später hier auftretenden Haunsbergern nachweisen. Die Edelfreien von Haunsberg, die gegen Ende des 11. Jahrhundert erstmals in den Quellen auftauchen, haben den Namen dieses Berges angenommen, auf dem sie ihre namengebende Stammburg erbauten (die Felsenburg „Haunsberg“, die auf dem vorspringenden Felshöcker oberhalb der heutigen Pankrazenkirche einst stolz in das Oichten- und Salzachtal herniederragte) und nannten sich fortan nach diesem Berg und dieser Burg „von Haunsberg“.

Als Indiz für die Herkunft der Haunsberger wurde bisher allgemein die „Hantgemalnotiz“ aus dem berühmten „Codex Falkensteinensis“ der Grafen von Neuburg-Falkenstein (an der Mangfall und am Inn) herangezogen, wonach die Haunsberger und die Bruckberger mit den Grafen von Falkenstein  das Falkenstein´sche Handgmal (praedium libertatis) –ein gekennzeichnetes Sondergrundstück – in Geiselbach (bei Erding in Oberbayern) besessen hatten. Eine Abkunft von den Falkensteinern, die auch Besitztümer in Niederösterreich hatten, läßt sich daraus aber nicht ableiten, eher schon eine Verwandtschaft mit den Herren von Bruckberg, deren Leitname auch Friedrich war.

Von maßgeblicher Bedeutung für den Aufstieg der Haunsberger ab dem späten 11. Jahrhundert dürfte eine Verbindung zu den Grafen von Tengling aus der Sippe der Sighartinger im unteren Salzburggau gewesen sein; so hatten die Haunsberger ihre Familiengrabstätte und Kapelle („Haunsberger- oder Marienkapelle“) im Sighartinger Hauskloster Michaelbeuern. Dazu paßt, daß ein gewisser Engelschalk – ein Edler aus der Umbebung – bei der Michaelbeurer Einweihungszeremonie von 1072 zugegen war. Jener Engelschalk, der wahrscheinlich eine Sighardingerin zur Frau nahm, welche ihm den reichlichen Besitz nördlich und westlich der Oichten bis über die Moosach hinaus in die Ehe mitbrachte, könnte als der Vater Friedrichs I. von Haunsberg angesehen werden. Aus dieser Verbindung ließe sich erstens der riesige haunsbergische Besitzkomplex zwischen Oichten und Weilhartforst  und zweitens der haunsbergische Leitname Friedrich, der auch bei den Grafen von Tengling üblich war, plausibel erklären.

Michaelbeuern

Michaelbeuern

Nun die weitere Entwicklung: Im 11. Jahrhundert vollzogen sich gravierende Umwälzungen, die den Ausbau der Herrschaft Haunsberg und damit letztlich auch den Aufstieg des Hauses Haunsberg ermöglichten. Damit sind wir in ein entscheidendes Entwicklungsstadium getreten, in welchem die Weichen für die folgenden Jahrhunderte gestellt wurden.

Es erhebt sich die Frage, wie diese Dynastie ihren Aufstieg geschafft hat. Die Ausgangslage für die Haunsberger hatte sich inzwischen grundlegend geändert, und zwar zugunsten derselben. Mit der 1040 erfolgten Abtretung des weitläufigen Reichsbezirkes zwischen Haunsberg und Buchberg an Passau, welcher von Mattsee aus verwaltet wurde, eröffnete sich den Haunsbergern im Osten ein extensives Aktionsfeld, wobei diese durch einen schrankenlosen Expansionsdrang in Erscheinung traten. Gegen Ende des 11. Jahrhunderts wurden die Grundlagen geschaffen, auf denen Friedrich I. und seine Nachfahren weiterzubauen vermochten.

Der Südhang des Haunsberges bei Acharting/ Anthering. Links unten sieht man die Fuchsenmühle.

Der Südhang des Haunsberges bei Acharting/ Anthering. Links unten sieht man die Fuchsenmühle.

Es ist faszinierend zu beobachten, wie es den frühen Haunsbergern gelang, aus doch dürftigen Anfängen heraus eine bedeutende Machtstellung zu erringen. Die Haunsberger haben zunächst den Hebel ihrer Macht vor allem an der Westseite des Haunsberges (besonders um ihre Herrschaftszentrum mit der Burg Hausberg zu St. Pankraz) – also im Oichtental – angesetzt, gründeten dann als Passauer Vögte in ihrer neuen Einflußzone an der Ostseite des Haunsberges eine weiter Burg, die „obere Burg“ zu Au bei Obertrum und haben aus der Schar der hier hausenden kleineren Edelfreien einen verhältnismäßig geschlossenen Bezirk herausgesprengt und botmäßig gemacht (so zum Beispiel die Nußdorfer auf der westlichen Seite des Haunsberges). Überdies vermag uns die räumliche Verteilung ihrer Dienstmannen wichtige Aufschlüsse über den Machtbereich zu geben. Soviel kann bereits gesagt werden: Es zeigt sich, daß dieser Machtbereich bis ins frühe 13. Jahrhundert hinein im Großen und Ganzen gehalten werden konnte und daß sich ihre Ministeralität besonders im Oichtental verdichtete.

Bereich der oberen Burg im Ortsteil Au der Gemeinde Obertrum/ See

Bereich der oberen Burg im Ortsteil Au der Gemeinde Obertrum/ See

Vor 1000 rieseln die historischen Quellen dünn; von den Haunsbergern kennen wir bis dahin kaum mehr als ihre Namen. Das ändert sich erst, als der energische Friedrich I. das Ruder ergriffen hatte, welcher das angesehene Burggrafenamt auf der Festung Hohensalzburg gewann. In zahlreichen Urkunden aus Klöstern und (Hoch)-Stiften von der Salzach bis zur Donau finden wir seinen Namen verzeichnet und häufig auch einige Leute aus seinem Gefolge.

Diese Dienstmannen oder Ministerialen sind niedere Adelige, die zum Führen von Waffen berechtigt sind, also ritterlichen Standes, dabei aber unfrei, also „Eigentum“ ihres Herrn, der sie zu verschiedenen Diensten abkommandieren konnte. Sie waren zu strengem Gehorsam verpflichtet, stellten die Kampftruppe, verteidigten die Burgen, verwalteten die Herrschaftsräume und stellten ihrem Herrn die engsten Vertrauten.

Hinter dem zeitgenössischen Turm auf dem Haunsberg verbirgt sich angeblich nur die Flugsicherung für den Salzburger Flughafen.

Hinter dem zeitgenössischen Turm auf dem Haunsberg verbirgt sich angeblich nur die Flugsicherung für den Salzburger Flughafen.

Bezeichnend für die Zielstrebigkeit der Haunsberger war der Versuch, „ihr“ Gebiet unter Kontrolle zu bringen, es also machtmäßig zu durchdringen. Dabei bedienten sie sich der damals üblichen und durchaus nicht zimperlichen Machtmittel, die sie ohne viel Federlesens konsequent und kompromißlos Handzuhaben wußten. Die Vogtei mit ihren damit verbundenen Gerichts- und herrschaftsrechten stellte dabei den Ansatzpunkt dar, die abhängigen Ritter (milites) und Ministerialen, mit denen dort die Machtpolitik fortgesetzt wurde, wo die Rechte endeten, den Machthebel, und das Ergebnis war eben jene Herrschaft Haunsberg, wie sie – zusammengewachsen aus verschiedenen Komplexen – um 1100 vor uns lag und dabei für lange Zeit den tonangebenden Machtfaktor zwischen Salzach und Mattig darstellte.

Werfen wir noch einen kurzen Blick zurück. Wir haben nun gesehen, welche Aufstiegsmöglichkeiten sich da einem energischen und unablässig auf seinen Vorteil bedachten Geschlecht aufgetan haben. Die >Haunsberger sind auf hochstiftischem Besitz, nämlich auf Passauer Besitz, groß geworden. Als Vasallen und Vögte auf altem Passauer Besitz bauten sie konsequent ihre Adelsherrschaft auf. Hiezu kam noch reiches erbe aus ehelichen Verbindungen (zum Beispiel das Sighartinger Erbe). So stellte sich nun das Bild haunsbergischer Macht im ausgehenden 11. jahrhundert als ein komplexes Ineinander verschiedener Rechte dar, so daß neben „quasigräflichen“ Rechten, die die Haunsberger im Norden der Stadt Salzburg und östlich der Salzach ausübten, auch die militärische Schlagkraft des anwachsenden ritterlichen Gefolges in Betracht zu ziehen ist.

Das Oichtental in Richtung Süden

Das Oichtental in Richtung Süden

Waren um diese Zeit im haunsbergischen Raum andere ernstzunehmende Rivalen nahezu ausgeschaltet, so bot doch das nähere Umland – besonders der Raum nördlich des Oichtenflusses – gute Expansionsmöglichkeiten. Rücksichtslose Machtpolitik, die günstige Konstellation der Machtverhältnisse, sowie jegliche Ausnützung der Gunst der Verhältnisse waren hierbei die tragenden Momente. Denn jenes Herrschaftsgebilde, das sich in den letzten Jahrzehnten des 11. Jahrhunderts um den Haunsberg entwickelte, erhielt nun unter Friedrich I. von Haunsberg eine neue historische Dimension.

Auszug aus der Weinviertler Kulturzeitung “ZEITGEIST” Ausgabe 3/89.
Mag. phil. Gerhard Michalek, geb. 1951 in Salzburg. Dissertation bei Prof. Dopsch: “Die Edelfreien von Haunsberg – Wildberg – Riedegg – Linz. Herkunft, Aufstieg und Herrschaftsbildung eines führenden bayerisch-salzburgischen Adelsgeschlechtes im Hochmittelalter”

Übersicht:
Gerhard Michalek: Die Haunsberger, ein vergessenes österreichisches Geschlecht. Teil 1/ 3

Gerhard Michalek: Herkunft und Aufstieg der Haunsberger. Teil 2/ 3
Gerhard Michalek: Das Ende der Haunsberger. Teil 3/ 3

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