Viel Tanz und große Gefühle

19_Alexey Birkus, Simon Schnorr und Chor

Das Salzburger Landestheater spielt mit Eugen Onegin einen russischen Klassiker mit lyrischer Einfühlsamkeit und tänzerischer Explosivität. Die Premiere verdankte ihren Erfolg der gefühlvollen Umsetzung der lyrischen Szenenfolge, die P.I. Tschaikowsky aus Puschkins gefeierter Versromanvorlage Eugen Onegin zu einem abendfüllenden Bühnenwerk gestaltete. Bei der Uraufführung 1879 noch zaghaft aufgenommen, avancierte es noch zu Lebzeiten des Komponisten zu einer internationalen Erfolgsoper.

Siegfried_se250Von Siegfried Steinkogler.

In Salzburg war Eugen Onegin das erste Mal in russischer Originalsprache zu hören. Ein Umstand, der möglicherweise die Sängerinnen und Sänger mit russischer Muttersprache begünstigte. Beispielsweise bot Alexey Birkus eine starke Bass-Partie als Fürst Gremin, sonor und mit der Durchschlagskraft eines Patriarchen, der es gewohnt ist, wenn nötig auch hart durch zu greifen. Der Star des Abends hieß Zhala Ismailova, die alle nötigen Eigenschaften für eine große Rolle in sich vereinigt. Der schlichten Anlage des Stücks entsprechend, das ohne Pomp und Knalleffekte auskommt, ist auch das Bühnenbild und die Ausstattung einfach und sparsam. Die Kostümierung (Nicole von Graevenitz) setzt einen wirksamen Kontrast zwischen den bunten Volkstänzen zu Beginn und dem Ball bei Fürst Gremin in St. Petersburg, vornehmlich in edlem Weiß. Der Regisseur André Heller-Lopez schuf einen zweckmäßig unspektakulären Rahmen, der viel Raum für die Entfaltung der teils konträren Gefühlswelten der Akteure ließ. Die Aufführung konnte davon sichtlich profitieren und daher rühren auch die vielen romantisch-lyrischen Höhepunkte des Premierenabends.

Die Handlung von Tschaikowskys Eugen Onegin ist schnell skizziert. Die Schwestern Olga und Tatjana samt Mutter und Amme, erwarten den Dichter Lenski. Dieser stellt der Familie seinen Freund Onegin vor. Es entwickelt sich eine Liebesbeziehung zwischen Olga und Lenski; Tatjana ist schwer beeindruckt vom Lebemann Onegin. Jung, unerfahren und ungestüm schreibt sie entgegen aller Konvention einen glühenden Liebesbrief an Onegin, der sie darauf hin kalt abweist. Bei einem Gesellschaftsereignis kommt es zu einem Streit zwischen Lenski und Onegin. Eifersüchteleien während des Tanzgeschehens führen zum Eklat: Lenski fordert seinen Freund zum Duell auf Leben und Tod, wobei er von Onegin erschossen wird. Nach Jahren des ruhelosen Umherirrens kommt Onegin nach St. Petersburg zurück und folgt einer Einladung zu einem Ball im Hause des Fürsten Gremin und erkennt in der Gattin des Fürsten Tatjana, deren Liebe er einst rüde zurückgewiesen hat. Ihm wird klar, dass er für Tatjana seit jener Zeit eine tiefe Zuneigung empfindet. Onegin bedrängt Tatjana, die nun angesehen und begütert ist, den Fürsten zu verlassen und seine Frau zu werden. Obwohl Tatjana nach wie vor für Onegin fühlt, bleibt sie in Ihrem Entschluss standhaft und weist ihn nun ihrerseits ab.

Im Hinblick auf die Entfaltung des Seelenlebens der Charaktere hat Tschaikowsky eine nahezu berückend schöne Musik geschaffen. Dieses musikalische Flair gilt es bühnen- und rollenmäßig umzusetzen. Simon Schnorr legt die Rolle des Onegin sehr im Sinne dieser Vorgaben an. Stimmlich kann er wie auch Sergey Romanowsky als Dichter Lenski zu Zhala Ismailova aufschließen, die die Latte allerdings sehr hoch legt, indem sie das unerfahrene Mädchen gleichermaßen überzeugend verkörpert wie die reife und gesetzte Ehefrau des Fürsten. Emily Righter vermag mit ihrem mühelosen, wendigen Sopran in der Rolle der Olga zu begeistern; lediglich im tiefen Register scheint sie stimmlich benachteiligt zu sein.

Eine hohe Überzeugungskraft besitzt auch Frances Pappas – routiniert genug, um in jeder Situation mit stimmlicher wie darstellerischer Präsenz aufzuwarten. Auch für Franz Supper war in dieser Aufführung eine besondere Aufgabe reserviert: er konnte während einer Ballszene mit einem französischen Couplet punkten. Doch war es der Chor des Salzburger Landestheaters, der dem Ganzen die Krone aufsetzte. Jeder Einsatz war von erstaunlicher Präzision und Intensität getragen, wofür auch Chordirigent Wolfgang Götz zu danken ist. Der Mann, der das alles in altbewährter Weise zusammenhält – Sänger, Chor und Orchester – heißt Leo Hussain. Unter seinem Dirigierstab findet das Mozarteumorchester zu wunderschönen Klangfarben, die den lyrischen Szenen eine Untermalung geben, die die Akteure zur Hochform anspornt.

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Eugen Onegin. Lyrische Szenen von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky / Premiere: 08.02.2014 Salzburger Landestheater / Musikalische Leitung Leo Hussain / Inszenierung André Heller-Lopes / Bühne Karl-Heinz Steck, André Heller-Lopes / Kostüme Nicole von Graevenitz / Choreinstu­dierung Stefan Müller / Choreographie Alexander Korobko / Dramaturgie Tobias Hell / Besetzung: Larina – Frances Pappas, Tatjana – Zhala Ismailova, Olga – Emily Righter, Filipjewna – Anna Maria Dur, Onegin – Simon Schnorr, Lenski – Sergey Romanovsky, Monsieur Triquet – Franz Supper, Fürst Gremin – Alexey Birkus, Saretzki – Rudolf Pscheidl, Hauptmann – Roland Faust / Fotos: Christina Canaval / Video: SLT

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