Abtenau war Bühne

Abtenau

Wir haben heute Vormittag unser Festival vor ausverkauftem Haus mit Kindertheater abgeschlossen. Besucherströme, abwechslungsreiche, hochkarätige Vorstellungen und viele neue Kontakte von Donezk bis Harlow, aber auch zwei abwesende Gruppen haben das Festival geprägt.

VeronikaPernthaner

Von Veronika Pernthaner (Fotos: Schorn)

Begeisterungsstürme haben die Kinder der „Komödie 2000“ aus Ungarn mit ihrer Interpretation von Mozarts „Bastien und Bastienne“ und der getanzte „Don Juan“ des Kutaisi Youth Theaters aus Georgien ausgelöst. Hollands „Kruimels“ haben uns wortlos bestens unterhalten und das Theater „Zhuki“ aus der Ukraine mit Gesangszugaben nach einem vielsprachig interpretierten Čechov -Monolog berührt. Aber auch die anderen Vorstellungen waren bestens besucht, viele ausverkauft. Die Beiträge aus Salzburg waren, wie zu erwarten, Publikumsmagnete, haben aber auch künstlerisch im internationalen Vergleich bestens abgeschnitten.

Die Produktion des Theaters Abtenau „Ich bin MEDEA“ wurde bereits nach Riga zum internationalen Festival im November eingeladen. Die Festivalstimmung wurde von BesucherInnen und Mitwirkenden immer wieder in höchstem Maß gelobt. Für mich war es reine Freude, zu sehen, wie die Saat aufging.

Nun zu den beiden abwesenden Gruppen:

Vorweg: Ich bitte um Verständnis, dass ich die Probleme mit der Visa – Vergabe im Vorfeld nicht bekanntgegeben habe. Beide Gruppen („Papion“ aus dem Iran und „Mandegar“ aus Afghanistan) haben bis zum Dienstag, 27.Mai nicht aufgegeben, alles zu versuchen. Erst am Tag der Eröffnung, mit dem Versäumen ihrer Flüge mussten sie die Entscheidung als unumstößlich akzeptieren. Diesen Einsatz habe ich respektiert und mit ihnen gekämpft, Handschriften entziffert, übersetzt, beraten, geantwortet …. Noch gab es nichts zu berichten. Das Festival musste ungehindert, trotz kritischer Situation vorbereitet werden. Der Anruf der APA erreichte mich wenige Stunden nach der endgültigen Absage.

Eine Klarstellung zu den Fakten:
Leider wurden in der Hitze der Debatte zwei unterschiedliche Sachverhalte vermengt.

1) Iran
Die Gruppe hat sehr spät begonnen, sich um die Visa zu bemühen. Die Botschaft in Teheran war aber durchaus entgegenkommend und hat der Gruppe noch 2 Wochen vor Abflug einen kurzfristigen Sondertermin angeboten. Der dürfte allerdings durch Kommunikationsschwierigkeiten zwischen der Botschaft und der Gruppe nicht zustande gekommen sein. Die Botschaft hat mir dann erklärt, dass es nun kaum noch möglich sein werde, da ein Schengenvisum von den Schengenstaaten zu bestätigen ist. Ich sehe darin keinen Beschwerdegrund, habe mich auch bei der Botschaft für den freundlichen Kontakt und die Information bedankt.

Völlig anders die Situation in
2) Afghanistan:
Die Gruppe hat bereits im Dezember 2013 den Visumsantrag in der Botschaft in Islamabad gestellt. Im März bekam die Botschaft von mir die Garantie der Kostenübernahme des gesamten Aufenthaltes und die Buchungsbestätigung des Hotels.

Am 20.5.2014 kam der ablehnende Bescheid für den Theaterleiter mit der Begründung, der Einkommensnachweis sei nicht ausreichend und die Absicht, vor Ablauf des Visums den Schengenraum zu verlassen, sei nicht nachgewiesen. Dazu eine handschriftliche Fußnotiz: „…Sie haben keine ausreichenden Dokumente zu Ihrer Verwurzelung in Pakistan beigebracht“. Der Gruppe wurde aber eine Frist von 2 Wochen für die Erbringung der Dokumente gewährt. – Eine Woche vor Festivalbeginn. Das nenne ich zynisch.

Als Beweis hat die Gruppe die Rückflüge bezahlt, die Universität in Kabul hat die Anstellung ihres Dienstnehmers dokumentiert, ich habe auf die Übernahme der Kosten durch den SAV hingewiesen.

Am 27.(!!!) Mai bekam eine weitere Person die Ablehnung mit denselben Begründungen und zusätzlich: „… Es bestehen begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit Ihrer Angaben…“ und einer Frist von einer Woche, „schriftlich und in deutscher Sprache…. die Bedenken zu zerstreuen“. Ich habe auf dieses Schreiben der Botschaft direkt geantwortet. (schriftlich und in deutscher Sprache) Auf meine wiederholte Garantieerklärung und mit Anhang aller eingescannten Flugtickets habe ich bis heute keine Antwort bekommen.

Wir können sehr wohl akzeptieren, wenn eine Gruppe begründet kein Visum bekommt. Wir wollen aber nicht akzeptieren, wenn Visumswerber anstatt eines fairen Verfahrens mit Vorurteilen konfrontiert werden. Wir wissen, dass es Fremdenangst in unterschiedlichster Ausprägung (nicht nur) in Österreich gibt. Darauf antworte ich mit meinen Mitteln: Dem Mittel des Theaters (indem ich Stoffe auswähle, die sich – mal sanfter – mal direkter- damit beschäftigen) und der Veranstaltung dieses Festivals. Damit können wir zeigen: „Seht her! So friedlich und fröhlich, so interessant und bereichernd ist es, wenn Menschen aus verschiedenen Kulturen gemeinsam Kultur machen!“

Wie haben die Festivalgäste und TeilnehmerInnen auf die Situation reagiert:

Aus Solidarität mit den KünstlerkolelgInnen haben wir keine „Ersatzgruppe“ engagiert, sondern am Vorstellungsbend des „Theaters Mandegar“ die Situation mit unseren BesucherInnen diskutiert, gemeinsam gesungen, musiziert und getanzt. Es herrschte völlige Einigkeit: Diese Vorfälle bestätigen uns, dass unser Festival künstlerisch wertvoll (was ohnehin unbestritten ist) aber auch politisch notwendig ist.

Für die Gruppe Mandegar bedeutet diese Absage die Bedrohung ihrer Existenz. Sie haben 1 ½ Jahre darauf hingearbeitet, Afghanistan als Land mit friedlichen und künstlerisch tätigen Menschen in Europa zu präsentieren. Die Universität in Kabul hat die Flugkosten teilweise gesponsert und die KünstlerInnen mit dem Ziel unterstützt, im weltberühmten Kulturland Salzburg internationale Kulturkontakte zu knüpfen.

Da dieses Ziel nun verfehlt wurde, fürchtet der Theaterleiter um seine Anstellung und um die weitere Existenz des Ensembles. Das gemeinsam formulierte Ziel der Festivalteilnehmer: Rückerstattung der Kosten und Einladung für 2016 zum 8. Festival „Abtenau ist Bühne“!

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Dorfladen

1 Kommentar zu "Abtenau war Bühne"

  1. Avatar-Foto Bernd Salomon | 3. Juni 2014 um 23:42 |

    Herzliche Gratulation zum multikulturellen Engagement! Abtenau kannte ich bis jetzt nur als Schigebiet, die kulturelle Seite ist mir neu gefällt mir aber sehr gut!

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