“Verweile doch! Du bist so schön!” Faust-Premiere im Landestheater

Foto: Christian Schneider/ Landestheater

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Ingrid Kreiter. “Das also war des Pudels Kern!” ruft Faust dem Mephisto zu. Da lacht sich der Teufel bereits ins Fäustchen, während vom Pudel nichts mehr zu sehen ist. Dabei war es gerade der an seidenen Fäden hängende Hund, der das Premieren-Publikum im Salzburger Landestheater entzückte. Elfi Grill gab als exzellente Puppenspielerin dem Pudel vor, dass er eben dem trübseligen Doktor Faust folgen solle anstatt dessen Famulus Wagner, der den Hund mit Grillwürstchen zu locken suchte.

Foto: Christian Schneider/ Landestheater

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Auch der überwiegende Rest der Tragödie erster Teil war erfrischend unterhaltsam inszeniert. Nicht bei jeder Vorstellung von Goethes Faust werden in Auerbachs Keller Ballermann-Hits wie “Marmor, Stein und Eisen bricht”, “Palma, Palma de Mallorca” und “Schwarzbraun ist die Haselnuss” zum Besten gegeben. Und nicht immer darf der Darsteller des nach Erkenntnis strebenden Faust einer echten weißen Ratte übers Fell streicheln und wütend Computerbildschirme zertrümmern. Diese Bilder, in die der neue Intendant Carl Philip Maldeghem den Faust I kleidete, belohnte das Publikum am Samstag mit stürmischen – und vor allem lang anhaltenden – Beifall.

Drei Stunden lang wirbelt Sascha Oskar Weis als Mephisto über die Bühne, auf der sich mal eine drehende Blumenwiese, mal ein überdimensionaler Setzkasten finden. Weis verleiht dem Mephisto Seele und brilliert vor allem bei der Studienberatung eines neuen Studenten des Herrn Doktor: Dass alle Theorie grau sei “und grün des Lebens goldner Baum” will man dem Teufel auf der Stelle glauben.
Faust, der von Christoph Wieschke verkörpert wird, wirkt neben seinem höllischen Gefährten manchmal recht blass. Das mag zwar zum Teil an der Rolle liegen, hat aber durchaus auch damit zu tun, dass Wieschke häufig Verse rezitiert anstatt diesen durch einen natürlichen Tonfall Leben einzuhauchen.

Erst Gretchen erweckt Wieschkes Emotionen und lässt den eindimensionalen Doktor aufblühen. Shantia Ullmann aber braucht ebenfalls Zeit, um sich aufzuwärmen. Als Faust seiner Herzensdame sein Geleit anträgt, rauscht diese gar zu emotionslos von der Bühne. Dass sich das Fräulein vor’m Zubett-Gehen bis auf das Unterhöschen nackt auszieht, macht die Darbietung auch nicht authentischer. Erst als Faust zu Gretchen in Kerker steigt und die junge Frau zwischen Verzweiflung, Verwirrung und Verliebtheit schwankt, gewinnt die Figur an Tiefe. Berührend auch der Tod des Mädchens: Sie weist Faust zurück, Mephisto drängt diesen weiter: “Sie ist gerichtet.”

Da ertönt die helle Stimme des bis zu diesem Zeitpunkt weitgehend stummen Gottes: “Ist gerettet.” Geradezu überirdisch in der Rolle des Herrn: Anna Unterberger. Ganz in weiß gekleidet, die blonden Haare in einem Pferdeschwanz zurückgekämmt, durchschreitet die junge weibliche Gottheit immer wieder die Szenerie, beobachtet das Geschehen einmal sogar von der Loge aus.

Das Bühnenbild ist meist schlicht und überschaubar. Requisiten wie Bierkisten, ein Sonnenschirm und ein Kugelgrill entlarven den Osterspaziergang als Vergnügen für das Volk; zwei weiße lebendige Laborratten, mehrere Computerbildschirme und jede Menge Pflanzen machen aus Fausts Labor eine unübersichtliche naturwissenschaftliche Spielwiese. Feurig beginnt die Walpurgisnachts-Szene: Kugelblitze und Rauchschwaden verheißen höllisches Vergnügen, mit nur drei Hexen fällt das Gelage dann aber erstaunlich mager aus.

Der Rest ist schnell erzählt: Ziemlich plötzlich endet die Aufführung, Gott respektive Göttin leiten mit wenigen Sätzen in Faust II über, das Publikum scheint erst ratlos, als auf der Bühne die Lichter ausgehen. Dann aber brandet der bereits eingangs erwähnte begeisterte Applaus auf. Maldeghem scheint auch als Schauspiel-Regisseur seine Arbeit in Salzburg gut begonnen zu haben.

Foto: Christian Schneider/ Landestheater

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„Faust“ Der Tragödie erster Teil von Johann Wolfgang von Goethe / Inszenierung: Carl Philip von Maldeghem / Ausstattung: Christian Floeren / Musik: Johannes Pillinger / Dramaturgie: Felix Breyer / Besetzung: Direktor – Werner Friedl,Theaterdichter – Gerhard Peilstein, Lustige Person + Marionette – Sebastian Fischer, Raphael – Matthias Hungerbühler, Der Herr – Anna Unterberger, Mephistoteles – Sascha Oskar Weis, Faust – Christoph Wieschke, Wagner – Gero Nievelstein, Schüler – Sebastian Fischer, 1. Bursche – Matthias Hungerbühler, 2. Bursche – Marco Dott, 3. Bursche – Tim Oberließen, 4. Bursche – Sebastian Fischer, 1. Mädchen – Anna Christina Einbock, 2. Mädchen – Shantia Ullmann, 1. Bürger – Gerhard Peilstein, 2. Bürger – Werner Friedl, Bürgerin – Susanna Szameit, Frosch – Gerhard Peilstein, Brandner – Matthias Hungerbühler, Siebel – Marco Dott, Altmayer – Werner Friedl, Hexe – Ulrike Walther, Gretchen , Shantia Ullmann, Marthe , Ulrike Walther, Lieschen – Anna Christina Einbock, Valentin – Sebastian Fischer, Irrlicht – Ulrike Walther, Die Schöne – Anna Christina Einbock, Die Alte – Susanna Szameit, Hexenchor/Chor/Volk – Ensemble

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