… wir und die Erbsünden der Nazizeit

Hinterseite des Hitlerhauses in Braunau

Hinterseite des Hitlerhauses in Braunau | Foto: ©2016 Karl Traintinger

Vielleicht übertreibe ich, wenn ich behaupte, einen Schwarzen Peter – den ich nicht loswerde – mit mir herumzutragen, seit ich in Brasilien lebe. Ein Schwarzer Peter, der judensternhaft an mir klebt.

Von Reinhard Lackinger

Fragt mich einer, meinem ausländischen Akzents wegen, woher ich komme, antworte ich nicht ohne Stolz: „sou austríaco“! Unweigerlich und wie nach Skript tönt es aus dem Mund des neuen Gesprächspartners:  “Hitler war auch Österreicher, nicht wahr“? „Ja, leider“, antworte ich mit einem Seufzer. Manchmal nennt mein Gegenüber auch noch Namen wie Haider oder Schwarzenegger. Kein Grund jedenfalls, um mich dadurch glücklicher zu fühlen… Oft bin ich versucht, einen Gast im Glauben zu belassen, ich sei Magyar, weil wir in unserem Bistro österreichisch-ungarische Speisen auftischen. Mein Patriotismus erlaubt es aber nicht, wie ich auch das Rauchen im Innern des Beisels nicht dulde.

Ein beachtlicher Teil unserer Gäste besteht aus Brasilianern, die irgendwann im Leben in Europa studiert haben. Sie kommen zu uns auf ein Gulasch, ein Tirolerg´röstl, eine Bratwurst und wegen dem in meiner Giftküche hergestellten scharfen Senf, erzählen in unserem Beisl von ihrer schönen Zeit im Ausland.

Immer wieder holt einer weit, sehr weit aus, spricht von der Nazizeit, um die europäische Gegenwart zu deuten. Ich muss zuhören, ob ich will oder nicht. Das Bistro ist klein. Außerdem reden sie ja laut genug.

Immer wieder sprießt ein Anlass, die Gespenster der 30er und 40er Jahre zu invozieren. Den Schwarzen Peter fest in der Hand, spüre ich alle Blicke auf mich gerichtet.

Mittlerweile weiß jedes Kind, daß mit dem Naziregime nicht alles in Ordnung war. ( Allein diese meine Formulierung stempelt mich zur persona non grata. Nicht nur in Brasilien, sondern auch in Österreich. Vielleicht sogar in Kärnten. )

Warum gelingt es uns nicht, den Teller mit der braunen Suppe endlich abzuservieren, anstatt diese immer wieder aufzuwärmen? In den Zeitungen sprach man unlängst und zur Feier des Tages „D“ von Versöhnung. Was verstehen wir, das einfache Volk, davon? Währenddessen geschehen weltweit und seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und am Rande unserer Wahrnehmungen, die uns das Fernsehen be…

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