Der Faistenauer Jedermann

Nur alle drei Jahre wird das „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ nach Hugo von Hofmannsthal am malerischen Dorfplatz unter der 1000-jährigen Linde von Faistenau in einer Dialektbearbeitung aufgeführt.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Am Samstag, dem 31.Juli 2010 war es endlich wieder so weit. Nach vier verregneten – und daher abgesagten – Aufführungsterminen zeigte der Wettergott Erbarmen: Eine sternenklare, wenn auch etwas kühle Sommernacht brach über den Dorfplatz herein. Das Publikum zeigt sich vorbereitet und erscheint mit warmen Decken unter dem Arm zur Freilichtaufführung. Die Trachtenmusikkapelle Faistenau, die mit einem Platzkonzert das herbei strömende Publikum begrüßt, räumt nach Sonnenuntergang die Bühne und macht Platz für das „geistliche Spiel“.

Der Dorfplatz, die Linde, die Kirche und der nahe Friedhof geben eine wunderbare Kulisse ab. Die Stimme Gottes erklingt vom Kirchturm, symbolhaft wirkt das große, beleuchtete  Kreuz an der Kirchenmauer. Gott tut seine Unzufriedenheit kund, denn, was er da so auf Erden sieht, gefällt ihm gar nicht. ___STEADY_PAYWALL___

Er schickt den Tod aus, um dem unzüchtigen und gotteslästerlichen Treiben ein Ende zu bereiten. Als Vertretung für uns alle wird der „Jedermann“ auserkoren, ein Großbauer, der mitten im Leben steht, für den sein Gut und Geld alles ist und der für arme Nachbarn und in Not geratene Frauen nichts übrig hat.

Am liebsten gibt er große Feste, zu denen er Verwandte und Freunde einlädt. Dann marschieren sie auf wie zu einem großen Heimatabend: die Musikanten und Sänger, die Volkstanzgruppe und die Schuhplattler. Da geht es richtig zünftig zu, es wird gesungen, gespielt, getanzt und natürlich viel Bier getrunken. Der dicke und der dünne Vetter begeistern mit frechen Gstanzln. Die beiden wirken so authentisch in ihren stilechten Kostümen, dass sie einem Ludwig-Thoma-Film entsprungen sein könnten.

Doch das lustige Treiben unter der Dorflinde findet auch in Faistenau ein jähes Ende, wenn der schaurige Jedermann-Ruf aus allen Himmelsrichtungen erschallt. So schnell wie hier hat wohl noch keine Buhlschaft die Flucht ergriffen, ein spitzer Schrei und weg ist sie. Die übrigen Freunde, Verwandten und selbst der Mammon haben es da schwerer, doch sind auch sie um Ausreden nicht verlegen. Schließlich finden sich doch noch ein schwaches „Werk“ und der „Glaube“, und Jedermann kann den Weg der Läuterung durch den Friedhof direkt in die nahe Kirche antreten. Diesen versöhnlichen, wenn auch sehr pathetischen Schluss muss schließlich auch der Teufel akzeptieren.

Der Jedermann steigt, unter dem Geleit von vielen kleinen Engeln, ins Grab hinab und muss – wie schon ankündigt und früher auch auf dem Salzburger Domplatz üblich –  auf einen Schlussapplaus verzichten. Die vielen Mitwirkenden begeben sich jedoch anschließend ins nahe Gasthaus, um die gelungene Aufführung gebührend zu feiern.

Der Heimatverein „Zur Alten Linde“ und über 100 Faistenauer Mitwirkende zeichnen für diese Freilichtaufführung verantwortlich. Der Aufwand ist enorm und so ist es verständlich, dass es erst 2013 die nächste Produktion geben wird. Interessant das vielschichtige Publikum, es gab Prominenz, Einheimische, aber auch Touristen und Kinder. Der Jedermann verfehlt seine Wirkung nie, egal ob nun auf dem Salzburger Domplatz in Starbesetzung oder auf einem Dorfplatz mit Laienschauspielern.

Jedermann

„Faistenauer Jedermann“ –  Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes nach Hugo von Hofmannsthal unter der 1000-jährigen Linde von Faistenau in Dialektbearbeitung: vom 9.Juli bis 14. August 2010, jeden Freitag und Samstag um 21 Uhr / Regie und Spielleitung: Hermann Radauer / Gesamtleitung: Albert Radauer / Mit: Franz Klaushofer, Manfred Neulinger, Alfred Klaushofer, Johannes Ebner, Josef Resch jun., Gerald Klaushofer, Maria Ebner, Chantal Ebner, Angelika Radauer, Gabriele Weißensteiner, Franz Klaushofer, Hermann Radauer, Christine Schmeißner, Erika Mayrhofer, Andrea Klaushofer, Franz Auer, Martin Ainz, Alois Kloiber, Josef Rech sen., Wolfgang Klaushofer, Hartmann Klaushofer, Angelika Radauer, u.v.m. / Fotos: Laienspielgruppe des Heimatvereins „Zur Alten Linde“ in Faistenau


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