„Die Frau in Schwarz“ – Theater (Off)ensive im Café Shakespeare

Der Beginn der Geschichte, die garantiert unter die Haut geht, ist als Theater im Theater angelegt. Arthur Kipps ist verzweifelt, denn er hat als junger Anwalt Schreckliches erlebt. Um diese Ereignisse zu verarbeiten, möchte er die Geschehnisse auf die Bühne bringen und so wendet er sich an einen Schauspieler um Hilfe. „Es muss erzählt werden, ich kann diese Last nicht länger tragen.“ Doch der Mime beschließt, überzeugt von seiner überragenden schauspielerischen Begabung, lieber selbst die Hauptrolle zu übernehmen und Kipps nur die Nebenrollen zu überlassen. Wir begleiten den jungen Anwalt in eine gottverlassene Gegend an der englischen Küste, wo er den Nachlass einer verstorbenen Klientin ordnen soll. Die wortkarge Dorfgemeinschaft meidet ihn und niemand will ihn zum Haus der Toten begleiten, das von endlosen Salzmarschen umgeben und nur bei Ebbe über den „Neun Leichen Damm“ erreichbar ist. Er lässt sich von seinem Vorhaben jedoch nicht abbringen und macht sich alleine auf den Weg. Schon bald erscheint ihm eine rätselhafte Frau in Schwarz und es geschehen unerklärliche Dinge. Neugierig versucht er, ihr Geheimnis zu ergründen, bis er merkt, dass die Geister, die er rief, entsetzliche Kräfte auf sein Leben entfalten. Der Albtraum beginnt, die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwinden. Bis zum Ende gibt das Stück nur langsam seine Geheimnisse preis, um auch noch am Schluss eine dramatische Wendung zu nehmen.

Allein schon der kleine Theatersaal im Café Shakespeare ist einen Besuch wert, denn es ist wohl die gemütlichste Bühne in ganz Salzburg. Das Publikum, viele waren das erste Mal hier, war restlos begeistert. Doch klein muss nicht bescheiden heißen, denn sowohl die Bühnenausstattung als auch die Licht- und Tonspiele sind großartig. Oftmals fühlt man sich wie in einem Gruselfilm, denn zu jeder Szene gibt es die passenden Tonaufnahmen: Eisenbahngeräusche, Orgelmusik zur Beerdigung, das Heulen des Windes rund um das einsame Haus. Besonders schaurig, der immer wieder aufsteigende dichte Küstennebel, der langsam bis zur letzten Reihe hoch kriecht. Alex Linse gibt den Schauspieler, der von sich selbst so überzeugt ist, dass er die Hauptrolle an sich reißt, doch wird er gegen seinen Willen immer tiefer in die Geschichte hineingezogen. Detlef Trippel kann seine enorme Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellen, überzeugt er doch in den unterschiedlichsten Rollen. All diese schrägen Figuren, der schweigsamer Kutscher, der finstere, nicht sehr hilfsbereiter Agent, sie alle erzeugen eine stets bedrohliche, schaurige Atmosphäre.

Diese klassische Spukgeschichte entwickelt sich langsam, Stück für Stück, und verblüfft mit einem völlig überraschenden Ende. Ein spannendes, gruseliges Kammerspiel, das wunderbar auf die kleine Bühne im Café Shakespeare passt.

„Die Frau in Schwarz“ – Eine Gespenstergeschichte von Stephen Mallatratt nach dem Roman von Susan Hill / Deutsch von Saskia Wesnigk / Salzburger Erstaufführung / Mit: Detlef Trippel, Alex Linse und Sabine Bernetstätter / Inszenierung, Ausstattung: Jan Hax Halama / Dramaturgie: Gaby Berginz-Plank / Assistenz und Soufflage: Gustav Wolff Haderlein / Licht und Ton: Hanna Keimelmayr.  Dauer der Vorstellung: 2 Stunden inklusive Pause / Fotos: Manfred Siebinger


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