Christian Lorenz Müller: Radieschen-Revolution

Christian Lorenz Müller | Foto: OMVS © Gabriele Kriks

Christian Lorenz Müller | Foto: OMVS © Gabriele Kriks

Christian Lorenz Müller: Radieschen-Revolution

Christian Lorenz Müller | Foto: OMVS © Gabriele Kriks

Autor: Christian Lorenz Müller
Titel: Radieschen – Revolution
Roman
ISBN: 978-3-7013-1320-4
Verlag: Otto Müller Verlag 
Erschienen: 27.08.2024

Klappentext:

Gerd ist nicht gerade begeistert, als seine Freundin Elfi ein Beet in einem Gemeinschaftsgarten mietet. Trotzdem geht er ihr zur Hand und stellt verwundert fest, dass er einen grünen Daumen hat. Bald schon bindet er voller Eifer Tomaten auf, setzt Kartoffeln und siebt Kompost.

Als eine Nachbarin eine skurrile Intrige gegen den Garten anzettelt, zögert er nicht, vehement gegen sie vorzugehen – was aber nur dazu führt, dass Elfi und er kurzerhand des Gartens verwiesen werden. Angespornt durch diese Niederlage gelingt es ihm, am Stadtrand ein neues Grundstück zu pachten, auf dem er den Gemeinschaftsgarten seiner Träume errichten will.

Die bunte Truppe, die sich zusammenfindet und Beete anlegt, Hackschnitzel verteilt sowie eine Hütte aufstellt, erfüllt Gerd ganz mit Glück und Stolz, während Elfi realistisch bleibt: Schon die erste Ernte besteht nicht nur aus Karotten, Brokkoli und Kraut, sondern auch aus Neidwurz, Eifersuchtskartoffeln und Lästermelisse. Als Gerd endlich aus seinem idealistischen Traum erwacht, muss er erkennen, dass seine grüne Utopie verloren ist, wenn er sie nicht entschlossen verteidigt.

Anni Lemberger

Rezension von Anni Lemberger

Gerd, der Rezensent eines Stadtmagazins, verbringt sehr viel Zeit in sitzender Position: Während er nachts die Bücher liest, beschreibt er sie nach einigen Stunden Schlaf meist an den Nachmittagen. Deshalb ist er nicht besonders begeistert, als seine Lebensgefährtin Elfi ein Gemüsebeet mietet und ihn gleich in die Vorbereitungsarbeiten des Beetes mit einbindet. Was der Rezensent aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnt, ist, wie schnell er für diese Gartenidee brennen wird…

Denn Gerd und Elfi sind von Anfang an mit Eifer dabei, sie sind das, was viele Menschen als Macher bezeichnen würden: Sie ziehen Arbeitskleidung an, nehmen einen Spaten in die Hand und packen ordentlich an. Was aber beide nicht leiden können, ist ein unnötiges Regelwerk, das der Verein für seine Mitglieder bereitstellt. Als sie sich gegen die rigiden und sinnlosen Verordnungen auflehnen, fliegen sie aus dem Gartenverein hinaus.

Trotzdem geben Gerd und Elfi nicht auf und starten mit neuen und einigen übergelaufenen Mitgliedern ein neues Gartenprojekt, bei dem Gerd als Obmann fungiert, der mit Feuereifer, großem Spateneinsatz, auch bald sehr erfolgreich und vor allem sehr beliebt ist.

Obwohl alles wächst und gedeiht, menschelt es im Schatten des Gartens ordentlich, und es wuchern neben Unkraut auch bereits besondere Früchte: Neid, Macht und Intrigen…

Ist Gerd dieser menschlichen Hinterhältigkeit gewachsen und/oder lernt er schnell genug, sich mit gleichen Waffen zu wehren?

Ein großartiger Gartenroman, der ein Bild menschlichen Zusammenlebens widerspiegelt.

Der Protagonist ist ein fleißiger, liebenswürdiger, hilfsbereiter und gutmütiger Zeitgenosse. Im Garten kann er seine Ideen verwirklichen – entsprechend idealisiert geht er an die Sache heran. Mit seinem, zum Erfolg führenden, Fleiß möchte er den anderen Gärtnerinnen und Gärtnern ein Vorbild sein und merkt dabei nicht, dass sich im Hintergrund dieses Erfolges bereits eine Neidgenossenschaft zu bilden beginnt. Während der Obmann operativ die Fäden fest in der Hand hält, entgleiten sie ihm im Vorstand des Vereins immer mehr. So wird er von denen ausgebootet, die seine Gutmütigkeit ausnutzen und ihm den Obmannsessel streitig machen…

Aber Gerd ist lernfähig, hat eine starke Partnerin sowie gute Freunde an seiner Seite, die ihm den Rücken stärken. Letztlich sind es jedoch seine Kreativität, seine Ausdauer und seine neu erlernte „Verschlagenheit“, die ihm einen Weg aus diesem Dilemma zeigen.

Ein großartiger, gesellschaftskritischer Roman, der beispielhaft an einem Kleingartenverein das soziale Zusammenspiel in Gruppen beschreibt. Die verschiedenen Facetten im sozialen Zusammenwirken werden oft noch durch massiven Druck von außen verschärft – diesen externen Faktor findet der Autor in einer nicht kontrollierbaren Wettersituation.

Am Beginn des Buches hatte ich Mühe, zu meinem Lesefluss zu finden. Als ich jedoch die Handlung als „soziales Gleichnis“ begriff, zog sie mich in den Bann. Im Text eingearbeitet ist ein Theaterstück, das als Dialog beschrieben ist. Darin gibt der Autor in feinsinniger Wortwahl die beginnende Missstimmung im neuen Gartenprojekt exakt wieder: Er schreibt von „der Wühlmaus des Zweifels, der Schnecke der Gier, von der Maulwurfsgrille, die die Wurzel der Großzügigkeit frisst.“

Ein besonderes und empfehlenswertes Buch, das bei mir nicht nur einmal ein „Déjà-vu“-Erlebnis ausgelöst hat.


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