Die Haunsberger,
ein vergessenes österreichisches Geschlecht  (1/3 Teilen)

Von Gerhard P. Michalek            Textdownload (win)

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Der 835 m hohe Haunsberg – bekannt durch die „Kaiserbuche“ – ist ein langgezogener Höhenrücken aus Flyschstein nördlich der Stadt Salzburg. Hier war die Stammheimat der Haunsberger, die dem Berg den Namen gaben.

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Im Vordergrund sieht man Oberndorf an der Salzach und im Hintergrund den Haunsberg.

Das Geschlecht der Haunsberger teilte das Schicksal der meisten Edelgeschlechter dieser Zeit, es wurde Opfer der zielstrebigen Territorialpolitik der großen Fürsten in diesem Raum: Der Salzburger Erzbischöfe, der Bischöfe von Passau, sowie der Herzöge von Österreich und der Steiermark.

 Als um 1200 der rasche Niedergang einsetzte, war kaum ein halbes Jahrhundert vergangen, seit unter Gottschalk I. Besitz, Macht und Ansehen der Familie ihren Höhepunkt erreicht hatte. Bereits in der Generation nach Friedrich I. – dem erstgenannten Haunsberger um 1100 – standen die Haunsberger auf dem Gipfel ihrer Macht.

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 Der Raum, den sie kontrollierten, wird im Salzburgischen etwa durch den nördlichen Flachgau umschrieben, wie er heute noch in der Grenzziehung des Landes Salzburg zum Ausdruck kommt. So reichte das riesige Herrschaftsgebiet von der Gegend des sogenannten „Rinderholzes“ – der Grenzscheide bei Straßwalchen – im Osten, bis zur Salzach im Westen und dem Weilhartforst im Nordwesten (Tarsdorf) uns schließlich bist in die Gegend der oberen Oichten bei Michaelbeuern in Norden. Das Stammschloß Haunsberg, einst Mittel- und Ausgangspunkt der Herrschaft Haunsberg, lag am Westfuß des Haunsberges in beherrschender Lage auf einem Felssporn bei St. Pankraz. In ihrer Herrschaft befanden sich zahlreiche Rittersitze, wie etwa Nußdorf, Eberharten, Reitsberg, Eitelsberg, Willenberg, Riedlkam, Bruck, Lamprechtshausen, Schwerting, Stockham, Jedendorf, Elling, Eglsee, Nopping, Göming, Oberndorf, Eching, Holzhausen, Roding, Weidenthal, Weidach, Steinbach, etc. Diese Ritterfamilien, die in befestigten Höfen wohnten, sorgten letztlich dafür, daß der Wille ihres Herrn überall in dessen Machtbereich galt.

 Die bedeutenden Besitzungen der Haunsberger reichten über den Attergau und Traungau bis zur Donau, wo sie die Stadt und Herrschaft Linz besaßen. Im Mühlviertel gründeten sie die Rodungsherrschaften Wildberg und Riedegg, die von der Donau bis zur böhmischen Grenze, der Moldau, reichten. Ihre zerstreuten Besitzungen reichten weit nach Bayern, Tirol, Kärnten, Steiermark und Oberösterreich. Auch im Pinzgau und im Pongau waren sie begütert. Sie waren auch Eigentümer vieler Zehentrechte und des „Bades in der Gastein“ (Wildbad), dem „Heilprunner Mittereck“ (heute „Hotel Straubinger“)

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Die "Capella regia" zu St. Pankraz/ Haunsberg wurde als nachfolgerin der alten Haunsberger Burgkapelle unter Erzbischof Johann Ernst Graf von Thun erbaut und vom feb. Koadjutor Franz Anton Graf von Harrach, dem nachfolgenden Fürsterzbischof, im Jahre 1707 geweiht. Die Kirche stellt ein Schulbeispiel für einen hochbarocken Sakralbau dar, wobei der italienische Einfluß unverkennbar ist. Als Besonderheit gelten die beiden Kanzeln, sowie die alte Orgel und das Chorgestühl. Auch kann auf eine kunsthistorisch reiche und interessante Innenausstattung hingewiesen werden.

 Außer den zwei Hauptburgen auf dem Haunsberg, der „oberen“ Burg beim Gasthof Au (nahe der Kaiserbuche), weiters der in den Ruinen noch erkennbaren Stammburg zu St. Pankraz bei Nußdorf („untere“ Burg) und jenen Burgen bei Arnsdorf und St. Georgen, hatte diese Familie entsprechend ihrer bedeutenden Stellung im Lande auch einen zinnenbekrönten Wohnturm in der Stadt Salzburg, eine Art „Stadtpalais“. Dieser „Haunspergerhof“ stand an der Stelle des Hauses „Mozartplatz 4.“ Es ist auf der „Schedelschen Weltchronik“ von 1493 noch deutlich zu erkennen und war direkt an der Salzach gelegen, die damals noch wild und uneingedämmt in voller Breite bis zum Steintor floß. Er erhob sich ebenso wie das mittelalterliche Rathaus durch seine wehrhafte Form deutlich von den bürgerlichen Häusern ab. Einletzter Rest dieser feudalen Wohntürme ist noch am „Bankhaus Daghofer“ zu erkennen, das einst den Frauen von Lamberg gehörte.

 Der Salzach zu hatte der Haunspergerhof wegen der Hochwassergefahr kein Tor. Aber er hatte ein nicht von einer Wache besetztes großes Fenster, durch das „man bei Tag und Nacht ein- und ausgehet.“ Der Verkehr durch dieses Fenster zur Salzach hin entzog sich also mit all seinen Konsequenzen der erzbischöflichen Stadtaufsicht. Man wird das Fenster dort mit gutem Grund angebracht haben, um eigenen Salzachschiffe besteigen zu können. Die Hausberger, die auch Stadtkommandanten auf der Festung Hohensalzburg waren, waren „Erbhausfergen“. So bezeichnete man die Inhaber des einträglichen Rechts, das Halleiner Salz per Schiff nach Laufen zu verfrachten. So brauchten die Schiffe nur an der Flußseite des Stadtsitzes dieser Familie anzulegen, damit das Frachtgut ohne Kenntnis der erzbischöflichen Behörden abgewickelt werden konnte. Daß der Haunsberger Wohnturm in der Stadt Salzburg das so seltene Recht der „Kaiserlichen Freiheit“ hatte, beweist, welch hohes Ansehen diese Familie hatte. Das Privileg lautet: „Wer einen in das Haus Geflohenen heimsucht, das heißt, mit Gewalt dort eindringt, um ihn zum Duell zu fordern oder zu verhaften, dem sei die Hand abgehackt. Es soll auch kein Richter diesen aus dem Haus nehmen (abführen)“.

 Der Tod Friedrichs II. um 1160 und Gottschalks I. 1167 brachte noch keinen grundlegenden Einschnitt. Gottschalks Sohn Ulrich I. war der unbestrittene Herr. Dann aber trat eine dramatische Wende ein, die beinahe in ein Finale furioso ausmündete. Die Zahl der Schenkungen ging stark zurück. Noch vor der Jahrhundertwende zeichnete sich mangels einer legitimen Nachkommenschaft des letzten Haunsbergers, Gottschalk II., das Ende der Dynastie Haunsberg ab. Das bedeutete aber eine abermalige Wendung der Herrschaftspolitik. Nicht mehr Gewinn von neuen Stützpunkten, weitere Ausdehnung der Macht war jetzt das Ziel, sondern Konzentration auf die Hauptzentren, Sicherung und Erhaltung des Besitzstandes, und wenn dies nicht mehr möglich schien, möglichst günstige Veräußerung derselben. 

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 Hand in Hand mit dem Machtverlust begann auch der Zerfall der Dienstmannschaft. Niemand wußte genau, was nach dem Ende der Haunsberger folgen würde, also galt es, sich abzusichern. Ein Teil der Dienstmannen scheint sich mit dem Erzbischof, ein anderer mit den Grafen von Lebenau – den westlichen Nachbarn – arrangiert zu haben, indem sie in die Gefolgschaft eines neuen Herrn traten. Wer aber harte Strafen und Sanktionen der Haunsberger Herren fürchtete oder im ritterlichen Dienst keine Zukunft für sich sah, der legte das Schwert aus der Hand und stellte sich als Zensuale (Zinsbauer) unter den Schutz eines Klosters.

 Die Herren von Haunsberg hatten in machtpolitischer Hinsicht über ihre Verhältnisse gewirtschaftet – sie hatten sich schlichtweg übernommen. Die Herrschaft Haunsberg glich fast einem Heerlager angesichts der großen Zahl der Ritter. Der Aufruf zum dritten Kreuzzug mochte vielen von ihnen als willkommenes Absprugbrett gedient haben. So mancher Ritter oder edle Knecht, der Zuhause nichts mehr zu erhoffen hatte, schloß sich an.

 Es beginnt nun das letzte Kapitel des Hauses Haunsberg, der „Schwanengesang“. Gottschalk II. von Haunsberg war der letzte  seines Geschlechtes; er hatte alle Hände voll zu tun, die Besitzungen zusammenzuhalten, die von der Moldau im Norden bis zu den Alpen im Süden reichten. Wie hätte er da noch zeit und Gelegenheit finden sollen, seine Macht zu erweitern? Schweigen breitete sich aus, noch ehe es mit der Dynastie zu Ende ging.

 Das Ende kam auf Raten: 1198  trug Gottschalk II. seine große Mühlviertler Herrschaft Wildberg dem Passauer Bischof auf, damit dieser seinen Schwager Gundaker von Steyr-Starhemberg, der Gottschalks Schwester Adelheid geehelicht hatte, damit belehnte. Um 1206 verkaufte Gottschalk II. die Stadt Linz mit ihrer wehrhaften Burg dem Babenbergerherzog Leopold VI. von Österreich. Das Jahr 1211 bildete mit dem Verkauf der Stammburg Haunsberg (zu St. Pankraz) an den Erzbischof einen wichtigen Markierungspunkt, und das Jahr 1215 setzte mit dem Tod Gottschalks II. den Schlußpunkt in der langen Ahnenreihe der Haunsberger. Es war ein Ende in jeder Hinsicht – das stolze Geschlecht war erloschen.   

Auszug aus der Weinviertler Kulturzeitung "ZEITGEIST" Ausgabe 2/89. 
Mag. phil. Gerhard Michalek, geb. 1951 in Salzburg. Dissertation bei Prof. Dopsch: "Die Edelfreien von Haunsberg - Wildberg - Riedegg - Linz. Herkunft, Aufstieg und herrschaftsbildung eines führenden bayerisch-salzburgischen Adelsgeschlechtes im Hochmittelalter"

 

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