Elisabeth Pichler. Die Bühne wirkt im ersten Moment wie ein großes Kasperltheater, doch schon bald wird klar, dass der Mittelteil als Filmleinwand dient. In sehr einfachen, doch eindrucksvollen Bildern wird – wie bei einem Bilderbuchkino – das Märchen der Gebrüder Grimm erzählt. Mathias Schuh verkörpert dabei das tapfere Schneiderlein, fungiert aber auch als Märchenerzähler, der den Kindern so nebenbei manch interessante Details erklärt. Von Anfang an dabei ist eine freche, vorlaute Ziege, seine „Gedankenziege“. Denn schon bald steht fest, dass es das liebe Schneiderlein mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Als es eine Kundin freundlich mit den Worten „Sie sind ja meine liebste, beste Kundin“ verabschiedet, erscheint auf der Leinwand seine Ziege und meckert hörbar „aufgeblasene Seegurke“.
Jeder kennt das Märchen vom mutigen, tapferen Schneiderlein. Doch ist dieses eigentlich kein richtiger Held, vielmehr ein kleiner Blender, der unheimliches Glück hat. Schreibt es sich doch, nachdem es ihm gelungen ist, sieben Fliegen auf einmal zu erwischen, den magischen Satz „7 auf einen Streich“ auf seinen Gürtel und beeindruckt damit nicht nur zwei einfältige Riesen, sondern auch einen ebenso einfältigen König. Dieser hält den Schneider für einen großen Kriegshelden, verspricht ihm das halbe Königreich und seine liebliche Tochter, wenn er für ihn Heldentaten vollbringt. Mit Witz und Intelligenz, ohne Furcht und voller Zuversicht stellt er sich den großen Aufgaben. Er schafft es, Riesen auszutricksen, ein Einhorn zu besiegen und ein Wildschwein zu fangen. Einer prachtvollen Hochzeit steht also nichts mehr im Wege, doch schaut die Prinzessin nicht sehr glücklich aus. Nachdem Mathias Schuh das Originalmärchen fertig erzählt hat, fragt er die Kinder, ob sie es eigentlich in Ordnung fänden, sich mit all diesen Lügen und Täuschungen ein halbes Königreich und eine unwillige Königstochter zu erschwindeln. Schnell wird der Film zurückgespult und es gibt ein moralisch einwandfreies und vor allem sehr heutiges Ende.
Kinder zu unterhalten ist nicht einfach, doch diese Art funktioniert bestens, kommt sie doch den Sehgewohnheiten der Kinder entgegen. Die Kombination, ja Verschmelzung von Theater und Trickfilm ist – auch für Erwachsene – spannend und unterhaltsam. Die flotten musikalischen Einlagen machten den Kindern sichtlich Spaß. Nach 45 Minuten gab es nicht nur für den Schauspieler Applaus, auch die animierten Figuren, die Fliegen, die Riesen, das Einhorn, das Wildschein, die ganze königliche Familie und die sprechenden Wegweiser verbeugten sich zum Schlussapplaus.
„Das tapfere Schneiderlein“ nach dem Märchen der Gebrüder Grimm / Von und mit: Mathias Schuh / Ausstattung: Rafaela Wenzel / Animation/Video: Hannes Schaidreiter / Weitere Aufführungen: 26.8 und 28.8. jeweils um 16 Uhr.
Views: 6
Kommentar hinterlassen zu "„Das tapfere Schneiderlein“ – eine Produktion der Theaterachse im Kleinen Theater Salzburg"