Die neue Tanz- und Musikperformance mit Live-Electronics entführt das Publikum in eine ferne Zukunft, in der die Erde durch eine astronomische Katastrophe in einen Brutkasten verwandelt wurde. Der Komponist Hüseyin Evirgen, inspiriert vom Gilgamesch-Epos und J.G. Ballards 40 Jahre altem Science-Fiction-Roman „Paradiese der Sonne“, schafft gemeinsam mit drei Tänzerinnen und einem Tänzer eine mystisch-archaische Atmosphäre, die unter die Haut geht.
Von Elisabeth Pichler.
Schon im Foyer fühlen sich die Besucher, dank zweier riesiger Leinwände, in den Weltraum katapultiert. Im Zuschauerraum hingegen herrscht Düsternis, am Boden versuchen sich drei Kreaturen verzweifelt von schwarzen Hüllen zu befreien. Doch all das Zucken und Zittern hilft nur wenig, erst der Auftritt einer Göttin mit zwei Lichtquellen haucht ihnen Leben ein. Orientierungslos und mit leeren Blicken durchschreiten sie die öde Landschaft, ohne sich gegenseitig wahrzunehmen. Beeindruckend der wilde Kampf zwischen zwei Helden, die sich nie wirklich berühren. Jeder Treffer, jeder Schlag wird durch die musikalische Untermalung hörbar, ja geradezu spürbar.
Zum Finale erscheint eine Gottheit mit geflochtenen Flügeln auf prothesenartigen Stelzen im Portal eines Tempels, reißt die Macht an sich und verdammt die Kreaturen fast zur Unbeweglichkeit. Kraftlos liegen sie auf dem Rücken und vermögen nur noch, krampfartig mit den Beinen zu zucken. Faszinierend die Lichtregie von Herbert Pascher, die beängstigend gespenstische Szenen erzeugt. Katharina Schrott, Ceren Oran und Pascale Staudenbauer überraschen und begeistern einmal mehr mit ihrer absoluten Körperbeherrschung. Der Neuzugang, der professionelle Tänzer Christos Sta Maria aus Griechenland, fügt sich hervorragend ins Ensemble.
Um diesen Abend genießen zu können, muss man weder das Gilgamesch-Epos gelesen haben noch über die Heliaden, die Töchter des Sonnengottes Helios, Näheres wissen. Science-Fiction-Themen und Mythologie gehen mit der einzigartigen Klangwolke von HHüseyin Evirgen eine faszinierende Bindung ein. Ein einstündiges Gesamtkunstwerk, aufwühlend, zugleich meditativ, eine typische Toihaus-Produktion.
„Heliaden“ – Tanz- und Musikperformance mit Live-Electronics von Hüseyin Evirgen. Idee/Konzept/Musik/Regie: Hüseyin Evirgen. Bühne/Kostüme: Irene Edenhofer-Welzl. Lightdesign/Technik: Herbert Pascher. Mit: Ceren Oran, Christos Sta Maria, Pascale Staudenbauer, Katharina Schrott. Fotos: (Copyright) Toihaus Theater / Michaela Grieshaber
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