In David Mamets Zwei-Personen-Stück wirft eine Studentin ihrem Professor sexuelle Belästigung und Machtmissbrauch vor. Das Stück wurde mit voller Absicht auf den Spielplan des Salzburger Landestheaters gesetzt und feierte am 17. März 2013 im Rahmen des Festivals „Dichter am Theater“ in den Kammerspielen Premiere.
Von Elisabeth Pichler.
John, der kurz vor der Ernennung zum ordentlichen Professor steht, hat Schwierigkeiten beim Erwerb eines neuen Hauses, der Makler und seine Frau rufen ständig bei ihm an. Er steht unter Zeitdruck und möchte die junge Studentin, die unangemeldet bei ihm auftaucht, möglichst schnell wieder loswerden. Doch Carol ist hartnäckig, sie hat Probleme mit dem Konzept der Vorlesung und will das sofort klären. Schließlich lässt sich John auf ein Gespräch mit ihr ein. Er glaubt, ihre Wut zu verstehen, und versucht, ihr die Angst zu nehmen. Um Vertraulichkeit bemüht, erzählt er von seinen eigenen Problemen. Er bietet ihr sogar an, die Vorlesung noch einmal mit ihr durchzugehen: „Fangen wir noch einmal von vorne an.“ Bei der nächsten Begegnung der beiden haben sich die Machtverhältnisse verändert, jetzt tritt John als Bittsteller auf, denn Carol hat ihr Gespräch als verletzend und demütigend empfunden und Beschwerde eingereicht. John ist schockiert, denn sie wirft ihm sexistische Bemerkungen und sexuelle Ausbeutung vor. Der Herr Professor ist sich absolut keiner Schuld bewusst, er sieht in der Anschuldigung einen reinen Racheakt.
Gero Nievelstein brilliert als arroganter Professor, der sich selbst gerne reden hört und dabei gar nicht bemerkt, wie er Carol in die Enge treibt. Er meint es doch eigentlich nur gut mit dem „verwirrten Ding“, wenn er seine eigenen Schwächen vor ihr ausbreitet. Elisabeth Halikiopoulos als Carol ist ständig voll Wut, anfangs auf sich selbst, denn sie kommt sich dumm und unfähig vor, dann auf John, den sie elitär, sexistisch und ausbeuterisch findet. Die beiden meistern den dichten 75-minütigen Dialog bravourös.
Marco Dott hat dieses „Machtspiel“, das bei der Uraufführung 1992 in New York das Publikum polarisierte, in Szene gesetzt. Ein hochaktuelles Stück, das sich mit der Frage auseinandersetzt: Wann und wo beginnt Machtmissbrauch? Ob man das Stück nun aus der Sicht des Professors oder aus der Sicht der Studentin betrachtet, eine eindeutige Antwort ist schwer zu finden.
„Oleanna“ – Ein Machtspiel von David Mamet. Inszenierung: Marco Dott. Ausstattung: Katja Schindowski. Dramaturgie: Astrid Großgasteiger. Mit: Elisabeth Halikiopoulos und Gero Nievelstein. Fotos: SLT/ Christina Canaval
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