Elisabeth Pichler. Die österreichische Erstaufführung von Tom Stoppards Komödie mit Musik „Raue See“, frei nach Ferenc Molnárs „Spiel im Schloss“, feierte am 14.Dezember 2010 im Schauspielhaus Salzburg Premiere. Nur viereinhalb Tage Zeit, um ein neues Stück fertig zu stellen, das dürfte für einen weltberühmten Dramatiker kein Problem sein, oder doch?
Tom Stoppard, 1987 zum Ritter des Britischen Empire geschlagen, ist einer der prominentesten Drehbuchautoren und Dramatiker der Gegenwart. 1999 erhielt er den Oscar für sein Drehbuch zu „Shakespeare in Love“. Eines der bekanntesten seiner zahlreichen Bühnenwerke ist „Rosenkranz und Güldenstern sind tot“. Robert Pienz kündigte bei seiner Einführung an, dass dieses Stück sicherlich in nächster Zeit einmal auf dem Spielplan des Schauspielhauses zu finden sein wird.
Noch ist es ruhig auf Deck der MS „Italian Castle“, einem riesigen Ozeandampfer, der sich auf dem Weg von Cherbourg nach New York befindet. Turai, ein bekannter Stückeschreiber, genießt die frische Seeluft und ist zuversichtlich: „Wir haben viereinhalb Tage. Wir haben ,Lottie aus Brest-Litowsk‘ auch in viereinhalb Tagen geschrieben.“ Er hat aber verdrängt, dass dieses Stück, als erstes in der Theatergeschichte, bereits nach nur viereinhalb Tagen, mitten in einer Nachmittagsvorstellung, abgesetzt wurde. Sein Freund Gal, ein unverbesserlicher Pessimist, erinnert ihn nur allzu gerne daran. Mit an Bord ist auch der begabte, junge Komponist Adam, der unsterblich in die Hauptdarstellerin des neuen Stückes, die extravagante Natascha, verliebt ist. Als er mit anhören muss, wie seine Angebetete in den Armen ihres Ex-Lovers schwach wird, ist es mit seiner Kreativität aus, ein Sprung über die Reling scheint ihm der beste Ausweg.
Olaf Salzer, als gefeierter Musical-Autor Turai, lässt sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen. Auch dass der allgegenwärtige Schiffssteward, der sich ständig ungefragt einmischt, die bestellten Drinks immer wieder selbst konsumiert, erträgt er mit bewundernswertem Gleichmut. Maximilian Pfnür ist als sensibler Komponist hingegen ein bedauernswertes Nervenbündel, das an einer äußerst unangenehmen psychosomatischen Störung, einer ganz eigenwilligen Sprachhemmung, leidet. Elke Hartmann glänzt im wahrsten Sinne des Wortes als mondäne Diva Natascha. Selbstverständlich liegen ihr die Männer zu Füßen, auch Antony Connor als ihr Bühnenpartner und Ex-Liebhaber Ivor ist ihr immer noch – oder schon wieder – verfallen. Sie alle agieren mit grandioser Theatralik, ebenso wie Marcus Marotte als Co-Autor und Oliver Hildebrand als unfähiger Schiffssteward.
Die Musik zu dieser Komödie stammt von Andrè Previn, der seine Karriere als Filmkomponist begonnen hat, heute aber vor allem als Dirigent bekannt ist. Ihm verdankt das Stück die Musical-Einlagen, die auch auf Grund der bunten Ausstattung und der phantasievollen Kostüme von Ragny Heiny zu den Höhepunkten der Aufführung zählen. Robert Pienz hat diese Komödie ganz im Sinne des britischen Boulevards mit „maximalem Chaos“ schwungvoll in Szene gesetzt.
Wer den schrägen britischen Humor, Situationskomik, geschliffene Dialoge und geistreiche Wortspiele schätzt, wird an dieser Komödie mit Musik, die eigentlich ein „Spiel im Spiel“ ist, sicher seine Freude haben. Ob allerdings das Musical, das auf dieser Überfahrt entstanden ist, in New York ein Erfolg sein wird, ist eher fraglich.
„Rauhe See“ von Tom Stoppard, Komödie mit Musik in zwei Akten, frei nach Molnárs „Spiel im Schloss“ / Musik von André Previn, Österreichische Erstaufführung / Inszenierung: Robert Pienz / Ausstattung: Ragna Heiny / Musik: Fabio Buccafusco / Dramaturgie: Christoph Batscheider / Mit: Olaf Salzer, Marcus Marotte, Maximilian Pfnür, Antony Connor, Oliver Hildebrandt / Bilder von Eva-Maria Griese
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