„Top Dogs“ – Trainingscamp für neurotische Manager

Urs Widmers hochaktuelles Stück über entlassene Führungskräfte, die in einem Outplacement-Center für eine berufliche Neuorientierung fit gemacht werden sollen, feierte am 20. April 2012 in den Kammerspielen Premiere. Können den ehemaligen Topmanagern kindische Psychospielchen und Yoga-Übungen wirklich über ihre Orientierungslosigkeit hinweghelfen?

Von Elisabeth Pichler.

Herr Clementi ist neu im Team. Etwas schadenfroh wird er von Frau Bayer und den Herren Dott, Meinhardt, Sas und Weis empfangen, denn sie alle wissen bereits Bescheid und freuen sich wie kleine Kinder, wenn sie ihr Namensschildchen wegen besonders guter Leistung auf der Tafel nach oben schieben dürfen. Frau Clementi, die resolute Trainerin dieser Truppe, strahlt zwar gute Laune aus, doch herrscht sie mit strenger Hand. Nach und nach gewähren uns diese Opfer der kapitalistischen Marktwirtschaft tiefe Einblicke in ihr Seelenleben, aus eiskalten Managern werden bedauernswerte Individuen. Herrn Meinhardt hat seine Kündigung besonders hart getroffen, er sieht sich selbst als weinerlichen Waschlappen, als armselige Heulsuse. Herr Weis, ein arroganter Angebertyp, lässt sich nicht so leicht unterkriegen, doch in einem dieser absurden Rollenspiele gelingt es Frau Bayer, ihn zu demaskieren. Besonders schwer fällt es den ehemaligen Führungskräften, ein neues Gehverhalten zu entwickeln, denn der dick gepolsterte Bühnenboden (Ausstattung: Konrad Kulke), lässt sie tief einsinken, da wäre mehr Standfestigkeit gefragt.

Auf Wunsch des Autors tragen die Schauspieler als Zeichen ihrer Austauschbarkeit ihre eigenen Namen. Auch der Bezug zum jeweiligen Spielort ist beabsichtigt, so war Herr Dott im Catering bei der AUA beschäftigt, Herr Weis Produktmanager bei der Voestalpine und Herr Sas kam dem Kärntner Hypo-Skandal leider zu nahe. Seitenhiebe auf die weißen Westen unserer Manager und Politiker sind da vorprogrammiert. Wenn die Stimmung zu kippen droht, wenn etwa Herr Clementi zu fliehen versucht, um dem Lagerkoller zu entkommen, sorgen gemeinsame Gesangseinlagen und Walzertänzchen auf einem Sessellift wieder für gute Laune.

Urs Widmers mehrfach ausgezeichnetes zeitgenössisches Drama versteht es, neben etwas Schadenfreude fast Mitleid mit diesen „Top Dogs“ zu wecken. Volkmar Kamm ist es gelungen, die ernste Botschaft des Stückes sensibel und mit viel Humor auf die Bühne zu bringen. Das Publikum war begeistert und spendete so stürmischen Applaus, dass selbst die Schauspieler überrascht schienen.

„Top Dogs“ von Urs Widmer. Inszenierung: Volkmar Kamm. Ausstattung: Konrad Kulke. Dramaturgie: Astrid Großgasteiger. Mit: Anja Clementi, Britta Bayer, Georg Clementi, Marco Dott, Axel Meinhardt, Aris Sas, Sascha Oskar Weis. Fotos: Christina Canaval/ SLT

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