Im schummrigen Foyer flattern rote Schleier, Videoprojektionen und leise Musik versetzen in erwartungsvolle Stimmung. Ein packendes Tanztheater über Science-Fiction, Xenophobie, Krieg und Liebe ist angekündigt.
Von Sonnenschein ist vorerst nicht viel zu merken, denn auf der dunklen Bühne flattern nur kleine Irrlichter herum. Erst allmählich kann man erkennen, dass sich dahinter drei Personen verbergen. Sie sind nur schemenhaft zu erfassen, doch scheinen sie den Geräuschen nach in heftiger Bewegung zu sein. Angst und Verzweiflung nehmen schließlich überhand, denn nach energiegeladenen, kraftvollen Bewegungen liegen schließlich drei zitternde, hilflose Wesen am Boden. Die Musik mit ihrem kräftigen rhythmischen Beats, üppigen Sounds und Wiederholungen sorgt zusätzlich für Beklemmung. Laut Programm befinden wir uns an einem „Nicht-Ort“ unter einer anderen Sonne. Nur drei Menschen (Felipe Salazar, Ceren Oran und Pascale Staudenbauer) sind übrig geblieben, ihre Nervensysteme und ihre Bewegungen durcheinander geraten.
Ausgangspunkt für diese neue Tanzperformance des Toihauses ist der 2009 erschienene Roman „Generation A“ des kanadischen Kultautors Douglas Coupland, in dem er versucht, das Lebensgefühl einer zunehmend individualisierten Generation zwischen YouTube, Google und Twitter zu dokumentieren. Die Geschichte spielt in der nahen Zukunft: Bienen gelten als weltweit ausgestorben, bis unvermittelt fünf Personen, verstreut über den gesamten Erdball, gestochen werden. Die fünf Protagonisten werden kurz nach diesem Vorfall auf abenteuerliche Weise gefangen genommen, isoliert, schließlich an einem entlegenen Ort zusammengebracht. Es gilt herauszufinden, was die Bienen dazu animiert hat, eben diese Personen zu stechen.
Hier sind also drei Menschen in einer nahen oder fernen Zukunft gelandet. Auf der Bühne erscheint im Dämmerlicht die Fassade eines Tempels mit leuchtendem Sonnensymbol, vor dem ein roter Schleier weht. Dieser mystische Raum birgt lebende Substanz und besitzt undefinierbare Dimensionen. Mit Magnetismus machen sich die Figuren voneinander abhängig und landen schließlich regungslos auf unbekannten Symbolen am Boden, während sich eine Person vor die Figur eines Engels stellt und für ein wunderschönes Schlussbild sorgt. Der Komponist und Musiker Hüseyin Evirgen, ein prägender Bestandteil der Salzburger Komponistenszene, sorgt für die musikalische Untermalung, mit einer faszinierende Musikmischung, die durch und durch geht.
Auch für Menschen, die für Science-Fiction wenig übrig haben und mit den Anspielungen auf dieses Genre nichts anzufangen wissen, ist dieser Abend faszinierend und beängstigend zugleich. 60 Minuten perfekte Tanzperformance.
„Unter dem Sonnenschein“ – Musik-/Tanztheater / Team: Hüseyin Evirgen (Konzept, Regie, Komposition, Live-Musik), Pascale Staudenbauer, Felipe Salazar, Ceren Oran (Tanz), Irene Edenhofer-Welzl (Bühne & Kostüme)
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