500 Jahre gelebte Sozialutopie

Die Fuggerei

Die Augsburger Fuggerei – Sozialer Wohnraum und Museum – die linke Haustüre führt in die Erdgeschosswohnung, die rechte ins Obergeschoß | Fotos: Karl Traintinger, Dorfbild.at

Die Fuggerei in Augsburg

Mitten im Herzen von Augsburg liegt ein ganz besonderer Ort, der seit über einem halben Jahrtausend für soziale Verantwortung und nachhaltige Stadtentwicklung steht: die Fuggerei.

Karl Traintinger

Von Karl Traintinger

Im Jahr 1521 von Jakob Fugger, dem berühmten Augsburger Kaufmann der Renaissance, ins Leben gerufen, ist sie die weltweit älteste Sozialsiedlung, die noch heute besteht. Fugger, dessen Name bis heute für Reichtum und politischen Einfluss steht, schuf mit der Fuggerei ein Zeichen für christliche Nächstenliebe und bürgerschaftliches Engagement.

Jakob Fugger, der „Reiche“ *1459 +1525

Jakob Fugger, der „Reiche“ *1459 +1525

Jakob Fugger, auch bekannt als „der Reiche“, war nicht nur einer der erfolgreichsten Bankiers und Unternehmer seiner Zeit, sondern auch ein Mann mit Visionen.

Geboren 1459 in Augsburg, baute er das Familienunternehmen zu einem europäischen Finanz- und Handelsimperium aus. Durch kluge Investitionen, besonders im Bergbau und im Kreditgeschäft mit den Habsburgern, wurde er zum mächtigsten Financier Europas.

Doch Fugger dachte weiter: Mit der Fuggerei wollte er den Ärmsten seiner Heimatstadt eine menschenwürdige Perspektive bieten und schuf so ein Modell für sozialen Wohnungsbau, das bis heute funktioniert.

Die Anlage, ursprünglich mit 52 Häusern in sechs Gassen errichtet, bot von Anfang an bedürftigen Augsburger Bürgern Wohnraum zu fast unveränderten Bedingungen: Die Jahreskaltmiete beträgt symbolische 0,88 Euro. Voraussetzungen sind katholischer Glaube, Augsburger Herkunft und ein guter Leumund. Im Gegenzug verpflichten sich die Bewohner, täglich für die Stifterfamilie zu beten – eine Tradition, die die Verbindung von sozialem und spirituellem Anspruch zeigt.

Die Fuggerei hat Kriege, Zerstörung und Wiederaufbau überstanden und wurde stets nach dem Willen der Stiftung erneuert und erweitert. Heute umfasst sie 67 Häuser mit 140 Wohnungen, eine eigene Kirche, Museen und sogar einen historischen Bunker.

Im Zweiten Weltkrieg wurde Augsburg aufgrund seiner Rüstungsindustrie, etwa Messerschmitt und MAN, mehrfach Ziel schwerer Luftangriffe. Insgesamt erlitt die Stadt über zehn Bombardierungen, darunter zwei besonders massive. Grundlage war die britische „Area Bombing Directive“ von 1942, die Flächenbombardements strategisch vorgab.

Die Fuggerei ist nicht nur ein Denkmal der Stadtgeschichte, sondern auch ein lebendiges Beispiel für Hilfe zur Selbsthilfe: Die Bewohner führen eigenständige Haushalte, arbeiten innerhalb und außerhalb der Siedlung und bleiben Teil der Gemeinschaft, solange sie Unterstützung benötigen.

Sie steht für einen sozialen Fortschritt, der weit über Augsburg hinausstrahlt. Ihr Erfolgsmodell inspiriert bis heute Initiativen weltweit – ein Beweis, dass nachhaltige Stiftungen und Mitmenschlichkeit zeitlos sein können.

Jakob Fugger gilt als einer der reichsten Menschen der Geschichte – sein inflationsbereinigtes Vermögen wurde zum Zeitpunkt seines Todes im Jahr 1525 auf 277 bis 400 Milliarden Euro geschätzt, womit er selbst heutige Milliardäre wie Jeff Bezos oder Elon Musk deutlich übertraf; sein Reichtum entsprach rund zwei Prozent des damaligen europäischen Bruttoinlandsprodukts, während die vermögendsten Personen der Gegenwart in der Regel weniger als 0,5 Prozent des BIP ihrer jeweiligen Volkswirtschaften erreichen.

Die Fugger und Salzburg

Zur Zeit Jakob Fuggers lenkten zwei einflussreiche Fürsterzbischöfe die Geschicke Salzburgs: Leonhard von Keutschach (reg. 1495–1519) und Matthäus Lang von Wellenburg (reg. 1519–1540).

Keutschach modernisierte Verwaltung und Münzwesen, stärkte Bergbau und Handel und ließ die Festung Hohensalzburg ausbauen. Die Fugger und Leonhard von Keutschach arbeiteten eng beim Ausbau des Salzburger Edelmetallbergbaus zusammen. Als Unternehmer und Kreditgeber waren die Augsburger Kaufleute wichtige Partner für Salzburgs wirtschaftlichen Aufschwung. Die Kooperation endete, als sich die Fugger lukrativeren Projekten in anderen Regionen zuwandten.

Sein Nachfolger Matthäus Lang, ursprünglich aus Augsburg und Sohn eines Goldschmieds, war zuvor ein enger Berater Kaiser Maximilians I. In Salzburg setzte er sich mit harter Hand gegen Aufstände durch, reformierte Verwaltung und Gesetzgebung und stärkte die fürsterzbischöfliche Macht. Beide Fürsterzbischöfe prägten Salzburgs Weg in die Neuzeit entscheidend.

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