„Antigone“ – Gesetz oder Gewissen, das ist hier die Frage!

Antigone

Michael Köhlmeier, Spezialist für Nacherzählungen von Mythen, Sagen und Märchen, hat die 2500 Jahre alte Tragödie von Sophokles neu erzählt. Die Uraufführung, eine Kooperation mit dem Theater Kosmos Bregenz, fand am 16. September 2023 im Schauspielhaus Salzburg statt. Großer Jubel für den anwesenden Autor, die edle klassische Inszenierung von Robert Pienz und das gesamte Ensemble.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Das Wörtchen „nach“ ist meist mit Vorsicht zu genießen, da Autoren oft vom ursprünglichen Text kaum etwas übrig lassen. Michael Köhlmeier vermischt jedoch gekonnt Alt und Neu. So kann das Geschehen aus der Antike aus einem aktuellen Blickwinkel gesehen werden und das Innenleben der Figuren wird leichter nachvollziehbar.

Der gut zweistündige Abend beginnt mit einem spektakulären Zweikampf zwischen den Zwillingen Eteokles und Polyneikes, den beide nicht überleben. Drei skurrile Gestalten mit bunten Häkelmasken, die den Chor der Antike ersetzen, erklären dem Publikum die Hintergründe. Nach dem Tod von Oedipus hätten sich die Zwillinge eigentlich den Thron teilen sollen. Nach einem Jahr an der Macht wollte Eteokles die Krone aber nicht mehr hergeben. Das ließ sich Polyneikes nicht gefallen und er griff Theben an.

Nun ist Kreon, der Bruder ihrer Mutter, neuer Herrscher. Er gibt den Befehl, den Angreifer Polyneikes auf dem Schlachtfeld verrotten zu lassen, seinen Bruder hingegen ordnungsgemäß zu bestatten. Das sieht deren Schwester Antigone absolut nicht ein. Für sie ist es ein Befehl des Gewissens, den Leichnam von Polyneikes mit Staub zu bedecken. Sie wird dabei ertappt und laut Gesetz zum Tode verurteilt. Weder die Fürbitten ihrer Schwester Ismene noch von Haimon, ihrem Geliebten, können Kreon, einen sturen alten Mann, umstimmen. Nur die schrecklichen Weissagungen des blinden Sehers Teiresias zeigen Wirkung. Doch dann ist es leider  zu spät.

Ausstatterin Ragna Heiny lässt auf einem riesigen, leeren Podest spielen. Der ständig herabrieselnde feine Sand erinnert an Antigones Beerdigung ihres Bruder. Magdalena Lermer verkörpert die ernste Antigone, eine junge Frau, die man noch nie lachen sah. Ihre temperamentvolle Schwester (Johanna Egger) hingegen will von dem Fluch, der auf der Familie lastet, nichts mehr wissen. Olaf Salzer als herzloser König Kreon reagiert stets kühl: „Das Recht trifft alle!“ Isabella Wolf hat ihren großen Auftritt als blinder Seher Teiresias und Michael Zehentner seinen als Haiman.

Rene Eichinger, Michael Zehentner und Michael Graf sorgen als bunte Truppe für etwas Spaß. Als Stadtschreiber, Dichter und Reporter sind sie dem neuen König Kreon gegenüber devot und loyal.  Auch finden sie immer wieder Zeit, dem Publikum die verzwickten Mythen der Griechen näherzubringen.

Robert Pienz ist ein wirklich eindrucksvoller, klassischer Theaterabend mit kraftvollen Bildern gelungen. In den nächsten Tagen soll der Text des Theaterstücks auch als Buch erscheinen.

„Antigone“ – Michael Köhlmeier nach Sophokles. Regie: Robert Pienz. Ausstattung: Ragna Heiny. Musik: Georg Brenner. Mit: Rene Eichinger, Johanna Egger, Michael Graf, Magdalena Lermer, Olaf Salzer, Isabella Wolf, Michael Zehentner. Fotos: Schauspielhaus ©Ernst Wukits

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