Das Haar in Redewendungen

Haar

Ein haariger Stahlenkranz | Foto: Karl Traintinger

Die Worte Haar und Haare begegnen in Redewendungen, die auf alte Gesetzesformeln zurückgehen, auf Raufereien oder als Vergleich für etwas Winziges dienen.

Michaela Essler

Von Michaela Essler

Haut und Haar

Die Strafe des Haarscherens liegt der Redewendung Haut und Haar zugrunde, die sich in mittelalterlichen Gesetzes- und Rechtstexten findet. Die Strafe Haut und Haar war eine körperliche Strafe. Das Wort Haut steht in dieser Redewendung für Prügel oder Auspeitschung. Das Wort Haar für Abschneiden oder Scheren der Haare. Wer zur Strafe Haut und Haar verurteilt war, dem wurden die Haare geschoren und er wurde ausgepeitscht.

In der Umgangssprache verwenden wir heute die Redewendung mit Haut und Haar mit einer weniger unerfreulichen Bedeutung. Meistens ist es ein Ausdruck für etwas, das bis aufs Äußerste oder vollständig gemacht wird. So bedeutet der Wolf frisst das Schaf mit Haut und Haar „der Wolf frisst das Schaf vollständig auf“. Und er hat sich der Sache mit Haut und Haar verschrieben bedeutet „er hat sich der Sache vollständig und gänzlich verschrieben“.

Das Haar zu fünf Büschel scheren

Die Haarschur galt als eine entwürdigende, demütigende und entehrende Strafe und war für Verbrecher und Dirnen üblich, aber auch für gefangengenommene Feinde. Wer in Gefangenschaft geriet, dem wurden die Haare geschoren und er musste oft als Knecht dienen. So bedeutete die Redensart das Haar jemandem zu fünf Büscheln scheren „jemanden zum Knecht machen“.

Sich in die Haare kriegen

Streitereien wurden nicht immer nur mit Worten ausgetragen. Sie konnten auch in Raufereien und Prügeleien ausarten. Solche Vorgänge umschrieben die Menschen mit den bildlichen Redewendungen sich in die Haare kriegen oder sich in den Haaren liegen. Heute verwenden wir diese Redewendungen mit der Bedeutung „einen Streit anfangen“ oder „in Streit geraten“. Wobei damit zumeist eine ausschließlich verbale Auseinandersetzung gemeint ist.

Im Haar gehen

In vergangenen Jahrhunderten war an der Haartracht der jungen Frauen zu erkennen, ob sie verheiratet waren oder nicht. Das offen und frei herabfallende Haar war das Kennzeichen für unverheiratete Frauen. Damals war die Redewendung im Haar gehen in Gebrauch, die bedeutete, eine Frau trägt ihr Haar offen und ist daher unverheiratet. Nach der Heirat banden sie ihr Haar unter einer Haube zusammen. Daher auch die Redewendung unter die Haube kommen für „heiraten, verheiratet sein“.

An den Haaren herbeiziehen

Die Widerspenstigen wurden früher gewaltsam an den Haaren dorthin gezogen, wo man sie haben wollte. Auf solche rüden Vorgänge geht die Redewendung an den Haaren herbeiziehen zurück. Heute verwenden wir diese Redewendung jedoch in einem anderen Zusammenhang. Sie ist ein abwertender Ausdruck für etwas, das abwegig, absurd, unwahrscheinlich oder unsinnig ist. So sagen wir Die Argumente sind an den Haaren herbeigezogen und meinen damit, die Argumente sind unwahrscheinlich und nicht nachvollziehbar.

Um Haaresbreite

Das Haar dient auch als Sinnbild für etwas Kleines und Winziges. Diese Bedeutung findet sich in den Ausdrücken um Haaresbreite oder um ein Haar wieder. Wenn wir sagen der geworfene Stein verfehlte den Mann um Haaresbreite so bedeutet das, der geworfene Stein flog sehr knapp an ihm vorbei. Ähnlich ist es mit dem Ausdruck um ein Haar, der schon im Mittelalter in Gebrauch war. So sagen wir um ein Haar hätte ich den Zug versäumt und meinen damit, jemand hat ganz kurz vor der Abfahrt den Zug noch erreicht.

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