Zimmer ohne Mauern

Zimmer

Die geheimen Sehnsüchte eines Zimmers

Arturas Valudskis hat zwei poetische Texte des Sprachfantasten Gert Jonke geschickt verknüpft. Aus „Das Zimmer“ und dem Prosa-Dramolett „Elvira und die Stubenfliege“ wurde ein verspielter, humorvoller Dialog zwischen einem Zimmer und seinem Mieter sowie einem frustrierten Ehepaar.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

In der intimen Atmosphäre des OFF Theaters fühlte sich das denkende und sprechende Zimmer sichtlich wohl und genoss den Schlussapplaus am 31. Mai 2023.

„Ich hab Glück mit dir!“, gesteht das Zimmer seinem Mieter. Doch der ist gar nicht gut drauf, denn die Miete wurde erhöht und das kann er sich nun leider nicht mehr leisten. Das Zimmer weiß Rat, verpasst ihrem Freund eine Pilotenuniform und ab geht es durch die Lüfte, während das Haus „vor Wut zerbröckelt“. Unbekümmert, aller materiellen Sorgen enthoben, darf er nun schwerelos durch den Himmelsozean gleiten. Eine wunderbare Utopie.

Im zweiten Teil fadisiert sich ein Ehefrau grenzenlos. Während ihr Mann die Zeitung studiert, entdeckt sie eine Stubenfliege und ist von diesem „Haustier“, das sie Elvira nennt, so fasziniert, dass sich ab sofort alles um den neuen Gast dreht. Sie quartiert Elvira in der Küche ein und die darf nun nicht mehr betreten werden. Der Herr des Hauses muss sich ein angenehmes, leises Flüstern angewöhnen und ist daher  von der arroganten, penetranten Fliege weniger begeistert.

Elvira verzehrt in der Küche Unmengen von ungarischer Salami, doch ihm bleibt nur noch das Gasthaus. Während die Fliege schließlich zu einem kleinen Monster heranwächst, schrumpft seine Frau mehr und mehr, denn sie liegt, von Versorgungsängsten gequält, ständig vor der Küchentür. „Ich hätte öfter mit dir ins Konzert gehen sollen.“ Diese Einsicht des Ehemannes kommt leider zu spät. Jetzt kann er nur noch auf den Winterschlaf von Elvira hoffen.

Ein etwas löchriger Tisch dient auch als Bett oder aufgestellt als Küchentür. Zwei Stühle, ein paar Zeitungen und eine laut tickende Uhr reichen völlig aus, um die Armseligkeit und Einsamkeit der Mieter deutlich zu machen.

Der österreichische Schauspieler und Musiker Boris Alexander Popovic gibt einen herrlich verschrobenen Mieter ab, der sich aber mit seinem Zimmer wirklich gut versteht. In dieser Rolle brilliert Dagmar Bernhard. Ein wirklich starkes Duo, dass ich das erste Mal in einem Salzburger Theater erleben durfte.

Arturas Valudskis ist ein faszinierender, wirklich einzigartiger Theaterabend gelungen. Für Freunde des absurden Theater ein heißer Tipp. Weitere Vorstellungen: 15. und 16. Juni 2023 im OFF Theater in Salzburg Schallmoos.

„Zimmer ohne Mauern“ – Regie: Arturas Valudskis. Text: Gert Jonke. Mit: Dagmar Bernhard und Boris Popovic. Zu Gast im OFF Theater Salzburg. Fotos: Arturas Valudskis

Sie schätzen unsere Bühnenberichte?

Das freut uns. Noch nie hatten wir mehr Leser! Freunde helfen der Dorfzeitung durch ein Abo (=Mitgliedschaft). Wir sind sehr stolz auf die Community, die uns unterstützt!

Dorfzeitung - Merkantiles

Das Zeitungsprojekt “Dorfzeitung” ist seit 1998 online. Fast alle Beiträge sind noch immer verfügbar und das soll auch so bleiben. Da wir aber trotz allem Engagement für unabhängige Berichterstattung Rechnungen bezahlen müssen, geht es nicht ganz ohne Ihre Hilfe. Daher ist es notwendig, mit der Dorfzeitung auch etwas Geld zu verdienen. Wir haben uns zu einem für die Leser sehr kostengünstigen Abo-System entschieden.

Bitte werden Sie mit einem Abo zum Freund der Dorfzeitung!

Im Folgenden finden Sie einfache Möglichkeiten, wie Sie uns unterstützen können.
Ganz NEU: Ein Abo verschenken >

INSERT_STEADY_CHECKOUT_HERE


Diesen Artikel empfehlen. Teilen mit:

Visits: 5

Dorfladen

Kommentar hinterlassen zu "Zimmer ohne Mauern"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*