„Schwarz auf Weiss“ – Salzburg Biennale 2011

Nach und nach betreten die Musiker mit ihren Instrumenten die Bühne und nehmen auf schwarzen Bänken Platz, den Rücken meist dem Publikum zugekehrt. Doch bald schon beginnen einige, mit verstärkten Schlägern Ball zu spielen, andere wiederum werfen Tennisbälle gegen ein Donnerblech. Fasziniert beobachtet das Publikum, wie Posaunendämpfer über die Bühne geschoben und dann nebeneinander aufgestellt werden. All diese Klänge mischen sich mit elektronischen und jazzigen Rhythmen und kammermusikalischen Partien, teils laut und wild, dann wieder leise und berührend. Zwischendurch begeistern wunderbare improvisatorische Soli auf Fagott, Cello, Trompete, Ziehharmonika und vielen anderen Instrumenten.

Die Musiker formieren sich immer wieder neu, sind ständig in Bewegung. So marschieren sie auch als temporäres Bläserensemble durch einen Triumphbogen, bis schließlich ein Teil der Kulisse geräuschvoll auf die Bühne kracht. Zarte Koto-Klänge werden einer japanischen Zither entlockt, nachdem die Künstlerin das Gerät sorgfältig ausgepackt und liebevoll gestimmt hat. Anschließend streicht eine Nadel, angetrieben von einer Sirenenkurbel, über die Saiten und erzeugt wehmütige Töne. Viel Aufmerksamkeit zieht ein Flötist auf sich, der auf einem kleinen Gaskocher Wasser erhitzt, um Tee zu kochen, und zum Geräusch des aufsteigenden Dampfes hingebungsvoll musiziert. Die einzelnen Szenen gehen nahtlos ineinander über, stets begleitet von faszinierenden Lichträumen, die Jean Kalman dazu erschaffen hat.

Harmonisch fügen sich die schaurig-schönen Textpassagen aus Edgar Allen Poes Parabel „Schatten“, vorgetragen in englischer, französischer und deutscher Sprache, ein und erzeugen zusätzlich Spannung. Die 18 hervorragenden Musiker des Ensemble Modern begeistern mit ihrer Vielseitigkeit: Sie beherrschen mehrere Instrumente, überzeugen als Schauspieler und verzaubern außerdem mit einem „Violinenballett“.

Die Verbindung von Musik und Theater schafft ein faszinierendes Hör- und Seherlebnis und kommt meinen persönlichen Vorlieben besonders entgegen. Die Eröffnungsveranstaltung der Salzburg Biennale 2011 war ein voller Erfolg, denn Heiner Goebbels versteht es, zeitgenössische Musik, Sprache und Gesang mit Ironie und Witz zu würzen. Eine dichte Inszenierung, die das Publikum begeisterte.

„Schwarz auf Weiss“ von Heiner Goebbels / Musiktheater mit Texten von Heiner Müller, Edgar Allen Poe und Maurice Blanchot / Mit: Ensemble Modern / Konzept + Musik + Regie: Heiner Goebbels / Bühne + Licht: Jean Kalman / Salzburg Biennale 2011 in Zusammenarbeit mit dem Landestheater Salzburg, Motto „Szenenwechsel“ / Fotos: Christian Schafferer (3), Manfred Siebinger (2)


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