„Das Reich der Justiz ist fremdes Land“ steht im neuen Roman „Verfahren“ von Ludwig Laher zu lesen.

Ludwig Laher

Er beschreibt darin das Leben einer kosovo-serbischen Asylwerberin und deren Erfahrungen mit der österreichischen Justiz im Zusammenhang mit ihrem Asylverfahren.

Rezension von Manfred Fischer

“Verfahren ist der dritte Roman zu meiner motivischen Trilogie über Menschen, die sich schwer tun, ihre Füße auf den Boden zu bekommen. Mit der Arbeit an der Trilogie habe ich vor etwa sechs Jahren begonnen. In allen drei Geschichten stehen Frauen im Mittelpunkt, weil ich glaube, dass diese es manchmal besonders schwer haben”, sagt Autor Ludwig Laher zu seinem neuen Buch.

Buchtitel: Verfahren
Autor: Laher, Ludwig
Verlag: Haymon Verlag,
Erschienen: 2011
Umfang: 180 Seiten
ISBN: 978-3852186801

“Es gab keinen konkreten Anlassfall, mich mit Asylfällen zu beschäftigen. Es war vielmehr meine Neugierde zu erkunden, was die Welt im Innersten zusammenhält. Mit genauer Recherche machte ich mich kundig, was Asylverfahren betrifft. Ich sprach mit Asylwerbern, Richtern und juristischen Mitarbeitern, um zu erfahren, wie die Verfahren ablaufen. Mir wurde dabei schnell klar, dass jene, die wirklich in Not sind, eigentlich wenig Aufmerksamkeit bekommen”, erklärt der Autor weiter.

Traumatisiert durch unvorstellbare Gewalt

Im Mittelpunkt von „Verfahren“ steht Jelena, eine junge Kosovo-Serbin. Sie und ihre Familie wurden im Kosovo Opfer unvorstellbarer Gewalt. Nach der Ermordung von Familienmitgliedern und einer Vergewaltigung ist Jelena schwer traumatisiert. Sie begeht zwei Selbstmordversuche. Um all dies hinter sich zu lassen, begibt sie sich nach Österreich. Hier hofft sie auf politisches Asyl.

Ludwig Laher beschäftigte sich eingehend mit etwa 20 Asylverfahren, um den Fall Jelenas akribisch nachzuzeichnen. Für die junge Asylsuchende erweist sich das österreichische Asylverfahren als ein Feld mit vielen Fußangeln und Minen, auf die man treten kann. Sie weist beispielsweise bei ihren ersten Einvernahmen aus Scham nicht auf ihre schweren psychischen Probleme und Selbstmordversuche als Folge ihrer Vergewaltigung hin. Als sie dies später tut, hat dies keine Relevanz mehr für das Asylverfahren. Ihr Recht auf Asyl wird ihr daher verwehrt.

Ihr „Gegenüber“ im Asylverfahren bildet der Richter am Asylgerichtshof. Ihn skizziert Ludwig Laher als eine Person, eingezwängt zwischen dem politischen Druck möglichst viele Asylfälle abzulehnen, dem herrschenden Personalmangel und der ihm gegenüber stehenden Asylwerberin. Er ist ein Synonym für die Justiz und „… ist die ´Zusammenfassung´ mehrerer Menschen aus dem Justizbereich mit denen ich bei der Recherche zum Buch gesprochen habe. Es ging mir nicht darum, die Justiz zu denunzieren, sondern deren Entscheidungsfindung darzustellen”, erklärte Ludwig Laher dazu.

Dem Autor gelingt es, mit seinem Roman ein erschreckendes Bild der Asylverfahren in Österreich zu vermitteln. Im Zusammenhang damit von AsylRECHT zu sprechen, fällt schwer. Unsentimental wird in „Verfahren“ der Fall einer schwer traumatisierten asylsuchenden jungen Frau geschildert, die nicht zu ihrem Recht kommt.

Einen Hoffnungsschimmer eröffnet der Roman gegen Schluss, als Jelena eine junge Österreicherin kennen lernt. Durch die Freundschaft zu dieser keimt die Hoffnung, nun möglicherweise in Österreich doch anzukommen – irgendwann.

Ludwig Laher lebt seit 1993 in St. Pantaleon. Ein Motiv, seinen Wohnsitz von Salzburg nach St. Pantaleon zu verlegen, war die offene, schöne Landschaft. In seinen Werken befasste er sich auch mit lokalen Themen, wie dem Roma- und Sintilager während der NS-Zeit in St. Pantaleon. Er schrieb dazu das Buch „Herzfleischentartung“ und war Gründungsmitglied des Vereins „Erinnerungsstätte Lager Weyer/Innviertel“.

Annelore Achatz
Rezension Annelore Achatz

Diesmal hat mir Ludwig Laher wirklich eine „Aufgabe“ gestellt mit seinem Roman. Ich bin ja ein Fan seiner Arbeiten und bis jetzt hatte ich keine Schwierigkeiten seine Romane zu „verschlingen“.
Nun, dies war bei Verfahren net ganz so einfach….
Diese Geschichte wird aus verschiedene Sichtweisen erzählt: aus der eines Richters am Asylgerichthof, mit Amtssprache wohlgemerkt; dann aus der Sicht der Asylwerberin und schließlich kommt noch die Geschichte eines Juden hinzu, wo man erst am Ende erfährt, wie Dieser mit Jelena „zusammenhängt“.
Gut, finde ich, dass Laher diesmal am Ende die Kapitel noch einmal aufgeführt hat, denn mit einmal lesen ist die Geschichte nicht getan. Dafür ist das Thema zu komplex und als Leser wird man tief berührt!
Jedenfalls ist es keine Geschichte, die man so zwischendurch lesen kann, oder gar als „Strandlektüre“.
Verfahren sollten vor allem Jene lesen, die sich von den diversen Hetz- Propaganda- Wahlplakaten der Rechten Parteien angezogen fühlen, vielleicht würde es helfen Deren Weltbild etwas zu erweitern.
Es lohnt sich in jedem Fall Lahers Verfahren zu „studieren“, denn die Augen öffnet es einem sicher!

Ludwig Laher in der Dorfzeitung >


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Dorfladen

1 Kommentar zu "„Das Reich der Justiz ist fremdes Land“ steht im neuen Roman „Verfahren“ von Ludwig Laher zu lesen."

  1. Peter Müller | 15. März 2011 um 15:20 |

    Ich lese die Bücher von Ludwig Laher schon seit geraumer Zeit und bin fasziniert, wie genau er seine Charakteren und ihre Handlungen beschreibt. Er trifft häufig den Nagel auf den Punkt, auch wenn es nicht immer angenehm ist. Das neue Buch habe ich schon bestellt.
    Grüsse Peter Müller

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