„Die Gleichgültigen“ – Schauspielhaus Salzburg

Die Witwe Mariagrazia führt ein sinn- und ereignisloses Leben, nur gelegentliche Kinobesuche mit ihren gerade erwachsen gewordenen Kindern sorgen für etwas Abwechslung. Die finanziellen Probleme ignoriert sie, verlässt sich da ganz auf ihren Liebhaber Leo. Ihr Sohn Michele misstraut diesem Leo, er fürchtet um den Erhalt der Villa, denn er sieht die begehrlichen Blicke, die dieser seiner Schwester Carla zuwirft. Für seine Mutter mit ihrer ewigen Eifersucht hat er nur Verachtung über. Vor Lisa, der neurotischen, aber stets fidelen Freundin von Mariagrazia, ist kein männliches Wesen sicher. Wenn Leo nicht will, dann versuchte sie es eben bei Michele. Völlig genervt wehrt dieser ihre Annäherungsversuche ab, doch fehlt ihm die Kraft, an der fatalen Situation irgendetwas zu ändern. „Ich habe mich der Gleichgültigkeit schuldig gemacht.“


Das schlichte Bühnenbild – zwei Sessel und ein kleiner Tisch müssen für fünf Personen reichen – gewinnt durch eine übergroße Anthurie (Flamingoblume), die durch ein riesiges, offenes Fenster zu bewundern ist, an Atmosphäre. Ulrike Arp überzeugt als schwatzhafte, etwas hysterische Witwe, die vor dem Offensichtlichen die Augen verschließt und die Demütigungen ihres Liebhabers einfach ignoriert. Volker Wahl gibt diesen eiskalten Lebemann, der sich ungeniert an die junge Carla heranmacht, ja diese Situation richtiggehend genießt. Daniela Enzi darf als lebenslustige, Männer verschlingende Freundin Lisa all ihre Verführungskünste unter Beweis stellen. Christiane Warnecke spielt die blasse, junge Tochter, der alles egal ist, soll er sie doch haben, der Liebhaber ihrer Mutter, für Widerstand hat sie nicht die Kraft. Richtig schlecht geht es aber dem jungen Michele (Thomas Pfertner), er ist ein Bild des Jammers und der Schwäche.

Nora Herteil hat nicht nur Regie geführt, sie zeichnet auch für die Dramatisierung des Romans verantwortlich. Es ist ihr dabei ein äußerst intensives Kammerspiel über eine Familie voll Kälte und Lieblosigkeit gelungen. Da alle fünf Beteiligten ständig auf, neben oder hinter der Bühne zu sehen sind, entwickelt sich eine besonders beklemmende Atmosphäre. Das Publikum war tief beeindruckt und spendete viel Applaus.

„Die Gleichgültigen“ – nach dem Roman von Alberto Moravia, Fassung von Nora Hertlein, Deutschsprachige Erstaufführung / Regie: Nora Hertlein / Bühne: Sabine Freude / Kostüme: Melanie Schrittwieser / mit: Ulrike Arp, Christiane Warnecke, Thomas Pfertner, Volker Wahl und Daniela Enzi / Fotos: Eva-Maria Griese

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