Reinhard Lackinger – Doping …

Reinhard Lackinger
Reinhard Lacklinger

Reinhard Lacklinger

Jetzt halte ich es aus mit einem, der nichts gehabt hat”, sagte meine Mutter immer, wenn sie gut und vor allem reichlich zu Mittag gegessen hatte.

Von Reinhard Lackinger.

Für mich bedeuten Sprüche wie dieser nichts weiter als Zeichen einer Zeit, als die Großeltern das ärmliche Kleinkeuschlerleben der Oststeiermark gegen die Lohnsackerlgewißheit in der damals wachsenden Industriestadt Kapfenberg austauschten. Mehr nicht, denn trotz der Not der Nachkriegsjahre habe ich nie Hunger gelitten und bisher nur aus Jux und selten Mahlzeiten übersprungen…

Daß das Aufnehmen von Speisen mit der Fähigkeit, eine körperliche Arbeit zu leisten, zu tun hat, dringt weiterhin nicht so recht in mein Hirn. Obwohl täglich Bettler und Straßenkinder Brasiliens ihre hageren Arme nach mir ausstrecken, mir die hohle Hand entgegenhalten… ihr hungriges Gesicht preisgebend…

Als der Mensch begann, besser zu verdienen, sich von der Hungergrenze zu distanzieren, begann er Sport zu betreiben. Talentierte Sportler brauchten nicht mehr schwere Industriearbeit zu verrichten. Sie bekamen einen ruhigen Alibijob und wurden früh genug zum Training geschickt. In den sogenannten Sozialistischen Ländern waren Spitzensportler entweder Sportstudenten oder später als Sportlehrer angestellt. Sie wurden dementsprechend entlohnt.

Es wurde hart trainiert. Von der Stirne heiß, rinnen mußte der Schweiß…
Ich erinnere mich… beim Wandern und auf den Bergen hatten wir immer Traubenzucker mit… Kicker saugten in der Halbzeit an Zitronenhälften, gurgelten mit Franzbranntwein… Der Blatzer Sigi – Böhlerianer in der Gesenkschmiede, Fußballer, Boxer und Eishockeyspieler, mit einer kurzen Passage beim KSV der Staatsliga A in den 60er Jahren – schoß sogar ein Tor gegen Rapid Wien – spuckte den Franzbranntwein nicht wieder aus wie alle anderen… gab das Fläschchen leer zurück.

Als die Transpiration mit ihrem Latein am Ende war, oder es jedenfalls so schien, wurde nach Mitteln gegriffen, die die Leistung der Sportler noch um ein entscheidendes Eck förderte: Doping.  Männer kriegten künstliche Hormone wie Anabolika und riesige Muskelpakete, Frauen einen Männerkörper. Es wurde eingenommen, gespritzt und geschnupft, daß es nur so staubte in den Trainingslagern.  Effizient gedopte Athleten hielten es nun aus mit einem, der kein Doping hatte… um eine Analogie zu Mutters Spruch herzustellen.

Was diese Aufputschmittel im menschlichen Körper anrichteten, weiß der Liebe Gott. Mediziner sprachen von Schäden in der Leber. Auch andere Organe würden unter den Nebenerscheinungen des Dopings leiden. Sogar Geschlechtsorgane. Jedenfalls habe ich mir das als Laie sagen lassen…

Was nun folgte, war ein Tauziehen zwischen “Wissenschaftlern”, die immer modernere und vor allem “unsichtbare” Dopingmittel entwickelten und Wachorganen, die in Urin und Blut der Athleten nach Spuren verbotener Substanzen suchten.

Es folgten auch böse Folgen für die Sportler, denen Doping nachgewiesen werden konnte… sowie peinliche Szenen des Reigens verliehener, enteigneter und erst später an die rechtlichen und dopinglosen Sieger erteilten Medaillen.

Manchmal waren nicht nur Menschen gedopt, sondern auch Pferde. Der Sohn des legendären Nelson Pessoa kriegte seine Goldmedaille erst Monate nach den Olympischen Spielen von Athen zugesprochen.
Mancher Filmherkules und Hollywoodtarzan wurde, nachdem er mit der hormonalen Rosskur aufgehört hat, wieder schlank und sah dann wieder einigermaßen normal aus.

Ein weiteres Dopingmittel scheint Geld zu sein. Erinnern wir uns nicht an Olympische Winterspiele grauer Vorzeit, als Karl Schranz als Profi erklärt und vom Wettbewerb ausgeschlossen wurde? Treffen Dopingmittel nur rege und rührige Sportler, stets bemüht, Optimales aus dem menschlichen Körper zu holen? Treffen Dopingmittel auch auf uns faul und mehr oder weniger feist vor dem Computer Sitzenden zu? Wie schaut es mit dem Konsum von Alkohol und Tabak aus? Wie schaut es mit dem Konsum von Antidepressiva aus? Von Marihuana, LSD, Extasy, Crack, Heroin und Kokain will ich erst gar nicht reden. Wie schaut es weiters mit den neuen Pillen gegen Erektionsstörungen aus? Hat der “Blaue Diamant” wirksame Konkurrenten? Wer hat ihn schon ausprobiert? Wirkt Levitra oder Cialis auch, besser oder gar nicht? Haben Wachteleier, Erdnüsse und Muschelsuppen ihren Mythos verloren?

Problematisch finde ich, wenn junge Burschen mit 20, 30 Jahren schon Viagra nehmen. Am Wochenende, um sich eine zünftige “Gaudi” zu garantieren… Ein Eigentor, das erst Jahre nach dem “Doping” gepunktet wird…
Da lob ich mir die Neurotransmitter, die durch jede Stunde meines konfusen Alltags in Brasilien neu verknüpft werden. Für den Autor dieses verrückten Textes ist seine Wahlheimat Brasilien ein Meer aus Serotonin, Adrenalin… ganz abgesehen vom scharfen Meerrettichsenf, vom Apfel-und Semmelkren, den er seinen Beislgästen im Bistrô PortoSol in Salvador, Bahia, Brasilien serviert…

Wenn ich hier in den Tropen recht informiert bin, gingen unängst der ÖSV und internationale Dopingfahnder in Turin mit österreichischen Biathleten und Langläufern Schlitten fahren… Heute kann ich zum Thema Doping auch etwas sagen… jedenfalls zu Menschen, die noch weniger davon verstehen als ich…

Diesen Artikel empfehlen. Teilen mit:

Visits: 0

Dorfladen

Kommentar hinterlassen zu "Reinhard Lackinger – Doping …"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*