DoppGym: Ist denn das Geld der Grund des Krieges?

Tragödie und Satyrspiel

Das Tragische und das Komische gehörten in der antiken Theaterpraxis meist zusammen. Und eigentlich sind die beiden Prinzipien ja nichts anderes als die beiden Seiten einer Medaille: Die Tragödie ist das Weinen über das Entsetzliche, die Komödie bedeutet häufig, mit dem Entsetzen Scherz treiben.

Von Dietmar Rudolf

Das Entsetzliche ist in beiden Stücken, die wir für Sie spielen, der Krieg. Der Peleponnesische Krieg war für die antiken Autoren Euripides und Aristophanes biographische Realität, für Jens und Fried, die sie für uns überarbeiteten, waren Nazideutschland und der 2. Weltkrieg bittere Wirklichkeit, für den einen als vertriebenen Juden, für den anderen als Wehrmachtssoldat.

Und für uns Heutige? Wir brauchen nur die Zeitung aufzuschlagen, um Kriegsrealität frei Haus geliefert zu bekommen: Irak, Afghanistan oder die geschätzten 30000 Toten in Libyen. Und viele unserer neuen MitbürgerInnen (und MitschülerInnen) sind hier, weil sie nicht mehr irgendwelchen Kriegstreibern als Kanonenfutter dienen wollen.

Euripides

Der Athener, der Grieche, hält seinen Landsleuten gnadenlos den Spiegel vor, indem er die “Anderen” zu Protagonisten macht, die Troer, die Besiegten, genauer gesagt, die Troerinnen, die Wehrlosesten, die bis hinab zum kleinen unschuldigen Kind gnadenlos ermordet und deportiert werden. Er gibt den Ohnmächtigen Sprache, während die Mächtigen dagegen als Monster oder lächerliche Popanze erscheinen.

Aristophanes

Er wagt in seinem Stück das Unglaubliche: Die rechtlosen Frauen nehmen sich das Recht, den Männern und ihren “Krieg-führen-müssen” mit einem höchst eigenwilligen Druckmittel buchstäblich zu Leibe zu rücken: so lange es Krieg gibt, gibt´s für die Männer keinen Sex. Wobei es falsch wäre, die Frauen um Lysistrata als klassische Pazifistinnen zu betrachten. Ihr Wahlspruch lautet nicht: “make love not war”, sondern “You´ll get no love, if you stick to war”.

Tragik und Komödie

Wo bei Euripides einem das Grauen des Krieges in die Magengrube fährt, herrscht bei Aristophanes zotig-schlüpfrige Komik über die Kriegslüsternen und ihren Triebstau. Natürlich war auch Aristophanes klar, dass seine Geschichte eine Utopie war. Und natürlich ist auch uns heutigen klar, würden die Frauen um Lysistrata das, was sie damals mitten im Peleponnesischen Krieg nur auf der Bühne spielten heute wirklich tun, man würde sie als terroristische Vereinigung brandmarken und die Geschichte würde wohl eher durch den Zugriff eines Sondereinsatzkommandos in einem Blutbad  als mit einem Friedensfest enden. Die Tragödie ist leider oft näher an der Realität. Aber es sind eben die zwei Seiten der Medaille: das bittere Wissen um die entsetzliche Wirklichkeit und die Hoffnung, dass es doch ganz anders kommen möge. Und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. 

Das Ensemble um Dietmar Rudolf zeigte engagiertes Theater zu einem immer wieder aktuellen und brisanten Thema. Die Inszenierung war stimmig und gut an den vorhandenen Raum angepasst. Die schauspielerischen Leistungen waren zum großen Teil hervorragend, allen war anzumerken, dass sie mit viel Herz bei der Sache waren. Das multikulturelle Ensemble konnte auf der ganzen Linie überzeugen. Bühne und Ausstattung hatten Pfiff, auch die Livemusik trug ihren Teil zur gelungenen Theateraufführung bei. Das Publikum bedankte sich mit sehr viel Beifall. (Karl Traintinger)

Christian-Doppler-Gymnasium Salzburg, 4. Mai 2011. Musik-/ Theatersaal / Euripides bearbeitet von Walter Jens: Der Untergang / Mit: Poseidon – Thomas Radlinger, Hekabe – Sarah Panschur, Andromache – Sophie Graffius, Kassandra – Maria Wuchse + Paula Blum, Talthybios – Stefan Moser, Helena – Özlem Demir, Menelaor – Alain Nguyen, Vier Frauen – Burcu Cengel, Elisa Gull, Nina Heidenfelder, Sara Kosic / Aristophanes, neu übersetzt von Erich Fried: Lysistrata / Mit: Lysistrata – Andrea Schmid, Kalonike – Sofija Kohnaward, Myrrhine – Burcu Cengel, Lampito – Ophelia Reuter, Ratsherr – Philipp Brandauer, Kinesias – Dionis Dreshaj, Chorführerin – Caroline Haas, Chor der Frauen – Elisa Gull + Nina heidenfelder + Sara Kosic, Chorführer – Matthias Traintinger, Chor der Männer – Dionis Dreshaj + Stefan Moser + Alain Nguyen / Musik: Iris Marko – Querflöte, Dietmar Rudolf – Keyboard / Technik: Alexander Güssow / Kostüme: Augustine Graffius + Barbara Panschur + Elisabeth Blum / Bühnenbild: Ensemble / Maske: Özlem Demir + Burcu Cengel / Plakatgestaltung: Radinger + Rudolf / Musik, musikalische Leitung, Regie: Dietmar Rudolf / Fotos: Karl Traintinger

Theater im Christian-Doppler-Gymnasium:
2010 Shockheads oder Status Quo
2011 Ist denn das Geld der Grund des Krieges?
2012 Die Märkte werden nervös. Eine satirisch kabarettistische Revue.
2013 Märchen im Brennpunkt

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Dorfladen

2 Kommentare zu "DoppGym: Ist denn das Geld der Grund des Krieges?"

  1. Lisa Meingast | 6. Mai 2011 um 15:04 |

    Gratulation und ein herzliches Dankeschön Herrn Professor Dietmar Rudolf für sein Engagement! An solchen Lehrern kann man sehen, dass auch NICHT-Privatschulen hevorragende Arbeit leisten können.

  2. Marianne | 6. Mai 2011 um 08:17 |

    Es ist schön, wenn in den Schulen Theater gespielt wird! Schade, dass so wenige Aufführungen öffentlich zugängig sind.
    Marianne

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