Von der Wehrpflicht zum Freiwilligendienst?

Diskussionsveranstaltung für BerufsschülerInnen

Zur Frage „Von der Wehrpflicht zum Freiwilligendienst?“ fand am 6. Juni 2011 eine Podiumsdiskussion für über 200 BerufsschülerInnen in der Tribühne Lehen statt. Organisiert wurde die Veranstaltung durch das Friedensbüro Salzburg in Zusammenarbeit mit dem Landesschulrat für Salzburg und den „Salzburger:Zukunfts:Dialogen”, die Initiative zur Realisierung gab Landeshauptfrau Mag.a Gabi Burgstaller.

Am Podium stellten die VertreterInnen der Berufsschulen Thomas Pongruber, Angelika Brandauer, Raphael Kriegseisen und Daniel Neuhoff sowie die VertreterInnen der Jugendorganisationen Martin Rachlinger, Michaela Gruber, Alexander Stücklberger und Johanna Reuter ihre Standpunkte zum Thema Wehrpflicht in Österreich dar und richteten ihre kritischen Fragen an eine hochkarätige ExpertInnenrunde. Diese setzte sich aus Landeshauptfrau Mag.a Gabi Burgstaller, Dipl. Päd. Harald Fartacek, Geschäftsführer des Vereins zur Förderung freiwilliger sozialer Dienste, Brigadier Karl Berktold, Militärkommandant von Salzburg, Ing. Anton Holzer, Landesrettungskommandant vom Österreichischen Roten Kreuz, sowie Mag. Hans Kreuzeder, Direktor der Caritas Salzburg, zusammen.

Unter der Moderation von Dipl. Päd. Hans Peter Graß, Geschäftsführer des Friedensbüros Salzburg, wurden die Vor- und Nachteile der Wehrpflicht, sowie die Konsequenzen für die österreichische Gesellschaft im Falle einer Abschaffung diskutiert. Einigkeit herrschte dabei weder unter den VertreterInnen der Jugendlichen, noch unter den Fachpersonen. Dabei reichte das Meinungsspektrum von der Betonung der positiven Aspekte des Wehr- bzw. Ersatzdienstes in Form von sozialen Diensten für die Lebensplanung junger Menschen, bis hin zu Forderungen von Reformierungen des Systems in Richtung Abschaffung des Pflichtdienstes und damit zusammenhängend den Ausbau freiwilliger, bezahlter sozialer Dienste.

Zur Vertreterin der letzteren Tendenz zählte auch Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und äußerte deutliche Kritik an der derzeitigen Form des Präsenzdienstes: „Wenn der Zivildienst gleich lange wie der Wehrdienst angesetzt wäre, würden deutlich mehr junge Menschen den Zivildienst vorziehen.“ Eine klare Absage erteilte sie auch an ein reines Berufsheer, das für sie „keine Option für eine demokratische Gesellschaft“ darstelle.

Brigadier Karl Berktold betonte vor allem die schwierige finanzielle Situation des österreichischen Bundesheers und die damit verbundene geringe Attraktivität eines Beitrittes für junge Menschen. Dass ein freiwilliger militärischer Dienst damit nur wenig genutzt würde, zeige sich am sehr geringen Prozentsatz der Frauen, die die seit einiger Zeit offen stehende Möglichkeit einer Arbeit im Heer nutzen.

Die VertreterInnen des Roten Kreuzes und der Caritas, also der klassischen Einrichtungen für die Ableistung des Zivildienstes, sind sich ebenfalls uneins über eine Zukunft ihrer Institutionen ohne die im Moment sehr dringend benötigten Arbeitskräfte, die durch den Ersatzdienst gewährleistet werden. So erfüllt laut Anton Holzer die billige Arbeitskraft, die Zivildiener in verschiedenen Sozialbereichen leisten, „eine wertvolle Aufgabe in der Gesellschaft, die für das Land und die Gemeinden sonst finanziell nicht tragbar wäre“.

Hans Kreuzeder bezeichnet den systemtragenden Charakter, den der Zivildienst nach und nach gewonnen hat, als ein „Dilemma“, das jedoch nicht unlösbar ist. Vielmehr pocht er, wie auch andere VertreterInnen am Podium darauf, größere Anreize und eine gerechte Bezahlung für den Freiwilligendienst zu schaffen, als auch dessen Wert anders zu definieren: “Es geht nicht nur um billige Arbeitskräfte, sondern vor allem um den hohen sozialen Wert, den diese Arbeit für die KlientInnen in den unterschiedlichen Einrichtungen hat.“

Michaela Gruber betont die Dynamik der Motivation, welche hinter den geleisteten Diensten steckt: “Menschen, die in ihrer Arbeit motiviert sind, verrichten diese auch besser“.

Einen ähnlichen Gedanken verfolgt auch Harald Fartacek, der die Betonung auf den Sinn der verrichteten Tätigkeit legt: “Erleben Jugendliche den Dienst als sinnvoll, dann gibt es auch ihre Zustimmung dazu – egal ob es sich dabei um den Präsenzdienst oder ein freiwilliges soziales Jahr handelt“. Demnach müssten die aktuellen Diskussionen rund um die Wehrpflicht nun genutzt werden, um die Möglichkeiten eines Freiwilligendienstes auszubauen. Damit könne einer Krise im Sozialsystem im Falle des Wegfalles des Zivildienstes, der mit der Abschaffung des Wehrdienstes einhergehe, zuvorgekommen werden.

Die angeregte und kontroversielle Diskussion machte vor allem deutlich, dass eine Änderung im Bereich der Wehrpflicht auf kurz oder lang unumgänglich ist und dass gut durchdachte Lösungen für die österreichische Gesellschaft notwendig sein werden.


Presseaussendung
Mag. Beate Ronacher
Friedensbüro Salzburg

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