“Namaste, meine Freunde!”

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Es ist Nacht, nach mehreren Stunden Flug endlich gelandet. Warme Luft strömt mir entgegen, Anfang November, bei uns wird Allerheiligen gefeiert. Das Willkommen meiner Freunde ist herzlich – Namaste! – und ich freue mich wieder in diesem Land zu sein.

Andrea Nührig-Reiser

Von Andrea Nührig-Reiser

Als Künstlerin kam ich das erste Mal vor zwölf Jahren, auf der Suche nach einer geeigneten Werkstätte nach Kathmandu, um Teppiche nach meinen Entwürfen knüpfen zu lassen. Vieles musste passen, die Verarbeitung, die Qualität der Wolle, die Umsetzung der Entwürfe und vor allem der Umgang mit den Menschen, die meine Teppich-Bilder erarbeiten. Ich suchte die “Verknüpfung von meinem westlichen Formen- und Farbgefühl und östlicher Handwerkskunst – und habe sie gefunden.

Diese Art Teppiche zu fertigen kommt ursprünglich aus Tibet. Heute wird Wolle aus Neuseeland und tibetische Wolle mit der Hand versponnen, dann in die gewünschten Farben eingefärbt, geknüpft, gewaschen und nachbearbeitet. Ich liebe diese Arbeit auch, weil durch die gemeinsame Sprache “Kreativität” immer wieder Neues entwickelt werden kann.

Am Morgen des ersten Tages dieser Reise, blauer Himmel, 24 Grad und in mir -Arbeitsstimmung. Doch auch diesmal holt mich das völlig andere Zeitgefühl und Lebenstempo sofort ein, ich werde langsamer, finde Zeit Tee zu trinken und mich auf die Umgebung einzulassen. Die bunt gekleideten Frauen, Menschen, die Dir ins Herz schauen, freundlich und selbstbewusst. Nepal hat im Laufe der letzten zehn Jahre unglaubliche Veränderungen erlebt, extreme Gegensätze zwischen Tradition und fremden Einflüssen.

Ein Freund, ein bekannter Fotograf in Nepal, der viele Bilder für meine Prospekte fotografiert hat, sagte einmal: “Hier gibt es drei Religionen -Buddism, Hinduism and Tourism.” Menschen aus aller Welt strömen ins Land, vor allem, um im Himalaya Trekkingtouren zu unternehmen. Kathmandu, eine belebte Stadt mit unglaublichem Verkehr, viele Motorräder, ein kaum überschaubares Überholen und Linksverkehr.

Thamel, das Touristenviertel, eine Vielzahl an kleinen Geschäften, immer mehr Internet-Cafes, engen Gassen und einer atemberaubenden Buntheit. Uns Menschen aus dem Westen fällt das Müllproblem sofort ins Auge. Menschen aus den Dörfern kommen nach Kathmandu, um “Wohlstand” zu erwerben, für viele bleibt es eine Illusion.

Schon am Stadtrand wechselt das Bild, immer mehr Reisfelder, traditionelle Bauten und grüne Hügel mit sich windenden Strassen, blaue Flüsse und Hängebrücken, die ich nur im “Notfall” betreten würde. Ein Erlebnis ist auch Bhaktapur, die alte Königsstadt, wahre Künstler haben diese erbaut mit wunderschönen Holzschnitzereien und Zierart.

Dieses Jahr ist es aber etwas anders, die unruhige politische Situation hinterlässt Spuren. Strassensperren, Polizeikontrollen und viel weniger Touristen, für die Nepalis weniger Arbeit und Einkommen.

Auf meinen Wegen habe ich auch Frau Thapa kennengelernt. Sie leitet mit ihrem Mann das österreichische Konsulat, eine fröhliche, aber auch weise Österreicherin, die seit vielen Jahren mit ihrem Mann, einem Nepali, in Kathmandu lebt. Ihre Schilderung der Lage, wie auch der Umstand, dass Spenden meist versickern, hat mich bewogen, einiges an Handgefertigtem aus Papier, Holz oder Wolle mitzunehmen ,um speziell kleine Projekte, in denen vorwiegend Frauen arbeiten, zu fördern.

Im November feiert man auch Dhiwali, das große Lichterfest der Hindus, vergleichbar mit Weihnachten. Die ganze Stadt wird zu einem Lichtermeer, selbst vor der kleinsten Hütte stehen Öllämpchen. Es werden Festessen bereitet ,Verwandte eingeladen und gefeiert, das alles ohne Geschenke.

Meine Abreise rückt immer näher, und schon bin ich wieder am Flughafen, verabschiede mich von meinen Freunden – Namaste! – Ich komme bald wieder. Auch nach Wochen in meiner Heimat merke ich, wieviel ich mitgenommen habe. Nicht nur neue Ideen für Teppiche, sondern auch etwas Gelassenheit, ein bei sich selbst ankommen, das mein Leben hier sehr bereichert.


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