„Briefe des Van Gogh“ – zeitgenössische Oper im Odeïon

Noch vor zwei Wochen hatte es so ausgesehen, als müssten die 6. „JugendTheaterTage Salzburg“ abgesagt werden, standen doch weder ein Orchester noch der notwendige Sänger zur Verfügung. Der unermüdlichen Tatkraft von Prof. Elfi Schweiger und ihrem jungen Team ist es zu verdanken, dass Grigori Frids Monooper in einer zwar leicht gekürzten Version und mit geschrumpftem Kammerorchester zur Aufführung gelangen konnte.

Von Elisabeth Pichler.

Der russische Komponist Grigori Frid (geboren 1915 in St. Petersburg) hat 1975 die bekannten Briefe Vincent van Goghs an seinen Bruder Theo vertont. Die in zwei Akte gegliederte Oper für Kammerorchester und Bariton vereint Schauspiel, Tanz und Musik. Bei dieser Aufführung wurde die Besetzung auf Klavier (Aco Bišćević) und Klarinette (Mate Bekavac) reduziert. Der Bariton Florian Kresser trägt die Lieder überaus textverständlich, leidenschaftlich und anklagend vor. Die Klänge, die aus dem Orchestergraben ertönen, sind so mitreißend und ergreifend, dass der Blick oft in ihm hängen bleibt. Doch auch das Geschehen auf der Bühne zieht das Publikum unweigerlich in seinen Bann. Während die Gestalt des Vincent van Gogh mit charakteristischem Künstlerhut, Staffelei am Rücken und leerem Blick an ein Gemälde erinnert, versuchen die jungen Tänzer und Schauspieler auf der mit Erde bedeckten Bühne, das Innenleben dieser tragischen Figur auszudrücken. Inspiriert von Francis Bacons Studien über den Maler auf dem Weg zur Arbeit sind Regisseur Martin Zach einprägsame und sehr berührende Bilder gelungen.

Alle an dieser Aufführung Mitwirkenden sind zu bewundern, haben sie doch in nur weniger als einer Woche Probenzeit Grandioses bewerkstelligt. Während im Orchestergraben bereits renommierte Musiker ihr Bestes geben, begeistern die jungen Künstler auf der Bühne mit einer faszinierenden Performance. Christian Tabakoff (Ausstattung) hat ein düsteres, in Nebel getauchtes Bühnenbild von suggestiver Kraft kreiert. Die Tänzer, verschmutzte Landarbeiter in zerrissener Kleidung, bearbeiten mit Händen und Füßen den Boden und legen so leuchtend gelbe Sonnenblumen frei. Doch dieser Hoffnungsschimmer ist stets von kurzer Dauer, die Bilder einer gequälten Seele überwiegen.

Kaum zu glauben, dass der Darsteller des Van Gogh, Emanuele Götz, erst 16 Jahre alt ist. Der quirlige junge Mann schafft es, sich während der einstündigen Aufführung nur im Zeitlupentempo fortzubewegen, wobei sein starrer, irrer Blick an Klaus Kinski erinnert. Anna Knott (Studentin), Marco Strahel (Tanzpädagoge), Paul Ortner (Student) und Ivan Kozyuk (Ballettensemble Salzburger Landestheater) lassen in berührend eindrucksvollen Bildern in die leidende, krankhafte Psyche des tragischen Künstlers blicken.

Ein einzigartiger Abend mit überraschend eingängiger Musik, der leider in dieser Version nie mehr zu hören sein wird. Herzlichen Glückwunsch an Prof. Elfi Schweiger als Initiatorin der „JugendTheaterTage Salzburg“ und ihr junges Team zu dieser überaus gelungenen Aufführung.

„Die Briefe des van Gogh“ – nach der Monooper von Grigori Frid. Musikalische Leitung: Aco Bišćević. Regie: Martin Zach. Ausstattung: Christian Tabakoff. Bariton: Florian Kresser. Klarinette: Mate Bekavac. Tänzer: Anna Knott, Ivan Kozyuk. Marco Strahel. Paul Ortner und Emanuele Götz. Fotos: Odeion/ FMT-Pictures

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