Besetzt Salzburg! Festivaleröffnung am 1. Mai 2012

Die Protestwelle gegen Ungerechtigkeit, für mehr Freiheit und für eine bessere Zukunft hat Salzburg erreicht. Das Salzburger Landestheater will das Publikum aufrütteln und auf die weltweite soziale Ungerechtigkeit aufmerksam machen. Ein Besuch des Festivalzentrums, einer Zeltstadt auf der Bastion (Zwergerlgarten im Mirabellgarten), birgt viele Überraschungen und viel Stoff zum Nachdenken.

Von Elisabeth Pichler

Zum Festival-Auftakt trugen Ensemblemitglieder des Salzburger Landestheaters stündlich internationale, programmatische Reden der Occupy-Bewegung vor. Um 15 Uhr rezitierte Christoph Wieschke: die Berliner Rede vom 12. November 2011 „Banken in Schranken“, die Erklärung anlässlich der Besetzung von New York City vom 29. September 2011 sowie die Rede in der Oper Frankfurt vom 20. November 2011 „(Ver)zweifelt der Wirtschaftsbürger am Kapitalismus“. Alle drei Reden sind im Internet für ein eingehendes Studium aufrufbar.

Am Abend stand das Stationendrama „Spiel des Lebens“ auf dem Programm. Bei einer Wanderung durch den Mirabellgarten, den Zwergerlgarten und das Schloss Mirabell wurden die Teilnehmer mit den Problemen unserer Gesellschaft konfrontiert und zum Nachdenken angeregt. Tauschhandel und Zeittausch wurden als Alternativen zur Geldwirtschaft vorgesellt. Bei einem sehr aufwendig gestalteten Spiel versuchte unsere Gruppe, ein T-Shirt herstellen zu lassen: Kauf der Baumwolle, weben, färben, nähen. Da wir versuchten, die Arbeiter anständig zu entlohnen, waren wir bald schon pleite. In einer Welthandelskonferenz, der wir beiwohnen durften, wurde gegen die Agrarsubventionen in den USA protestiert. Den erschreckenden Daten und Fakten zum Thema „Hunger in der Welt“ (10 Millionen Menschen sterben pro Jahr an Hunger, alle 5 Sekunden stirbt ein Kind an Hunger) wurden Diäten und Schlankheitstipps gegenübergestellt. Nach einem frustrierenden Besuch auf dem Arbeitsamt wurden wir in der ehemaligen Stadtbücherei mit den tragischen Lebensläufen von Kindern konfrontiert, wobei wir selbst den Ausgang der Geschichten auswählen durften. Ich befürchte nur, dass es in der Realität nicht immer zu dem von mir gewählten positiven Ende gekommen ist.

Die Schlusskundgebung fand auf der Bühne im Zwergerlgarten statt. Die Laienschauspieler erschienen in der Rolle von Wutbürgern mit Protestschilder und riefen uns zu: „Empört Euch!“ Dieses „Spiel des Lebens“ war eine eindrucksvolle Erfahrung, ein nachhaltiger Abend, der aber auch die Frage aufwirft, inwieweit wir manipulierbar sind. Gratulation an die beiden engagierten jungen Damen der Festivalleitung, Astrid Großgasteiger und Angela Beyerlein. Besuchen Sie in dieser Woche (1.- 6. Mai) das Festivalzentrum, die Zeltstadt auf der Bastion. Neben zahlreichen Veranstaltungen – viele davon bei freien Eintritt – erwartet Sie eine Fotoausstellung von Rea Sturm über das Leben der Straßenjugend in Nepal und Indien und ein von Laura Immler liebevoll umgestalteter Garten mit eingehäkelten Bäumen und angeketteten Kuscheltieren. Absolut sehenswert.

Programmdetails: www.salzburger-landestheater.at Fotos: Christina Canaval und Kher Fodi

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