Christian Ploier: Das Birnbusenwunder

Birnbusenwunder

Zu einer Zeit, die die Menschen längst vergessen hatten, stand mitten in einem großen Moor ein Birnbaum. Wie er dort hingeraten, wusste keiner zu sagen. Die wenigen Birnen, die er trug, waren von einer zarten, herben Süße.

An Sonnentagen reckte er seine Zweige dem warmen Wind entgegen und aus seinem Stamm entwand sich dabei ein heimliches Geächz. Rings um ihn waren satte Moospölster und kleine Ansammlungen von Heidelbeergerank. Bei klarem Wetter konnte man die ferne Kirchturmspitze vom Dorf sehen. Zumindest behauptete es die Moorfrau Duna, die oft und gerne unter den Zweigen des Baumes saß und an ihren Zauberreimen flocht. Sieben Katzenschwänze, einen Rabenfuß, zwei Hasenpfoten und eine Fuchskralle trug sie um den Hals. An ihren Zaubertagen kam sie schon früh am Morgen hierher. Sie schlug ihre Zaubertrommel, schnalzte mit der Zunge, rauchte ein wenig vom Sonnengras in ihrer kleinen Knochenpfeife. Einzig um die alte Mokra, eine Kröte, aus ihrem Moorloch zu locken. Meist tauschten sie Neuigkeiten, oder auch Zaubersprüche aus. Und manchmal geschah es, dass sie über den Birnbaum lachten. “Er hört zu. Außerdem schielt er mich an, wenn ich unter ihm liege”, sagte Duna so laut, dass der Birnbaum es hören musste. “Er gehört nicht hierher”, unkte die Kröte, “aber er stört nicht”. Duna aß gerne seine Früchte. Und jedesmal lobte sie ihn. “Weißt du sie schmecken nach Tanzen und Lachen und ganz fern nach der Sonne. Wärst du ein Mann würde ich dich küssen dafür.” Sie küsste übermütig seine Rinde und legte aus ihrem Inneren ein Licht um den Baum. “Gegen die Kälte und die Langeweile im Winter, aber auch für den Saft der Birnen im kommenden Jahr. Dann hob sie flink ihren Rock um dem Baum ihr Wasser zu schenken.

Solche Liebkosungen taten ihr Wunder, sodass mit den Jahren ein stattlich schönes Bäumchen vor Duna stand. An manchen Tagen geschah es, dass vom Dorf her ein bärtiger Alter ohne Zähne im Mund kam, der die Birnen und die Gegend zu schätzen schien. Er lutschte an den Birnen, wie ein Kind. Meist nickte er ein, manchmal holte er eine kleine Weidenflöte aus der Tasche und spielte Melodien die dem Birnbaum gefielen. Der Alte redete gerne mit dem Baum. “Ich spiele heute nur für dich”, sagte er einmal, “weil mich das Arbeiten immer weniger freut.” Und wenn der Wind durch die Äste fuhr, spielten sie im Duett. Beim Hinsetzen und Aufstehen umarmte ihn sein Gast. “So stark und gerade war ich auch einmal. Ist noch nicht lange her, dass ich am Stock gehe.” Wenn der Alte kam, ließ sich Duna nie sehen. Nur einmal war dem Mann versehentlich die Kröte über den Weg gehüpft. Daraufhin lüftete er den Hut vor ihr und murmelte: “Ich freue mich dich zu sehen.” “Er ist nicht nach Menschenart geraten”, beschwerte sich die Kröte bei Duna, die darüber lachte.

An einem schönen Maientag, als der Alte schon seit dem Morgen unter dem Baum saß, beschloss sie sich zu zeigen. Sie flochte sich eine Blume ins Haar, strich ihr Kleid glatt und setzte sich vor ihn, der eingenickt war, hin. Um ihn zu wecken sang sie ein Spottliedchen und als der Alte aufblickte lächelte er. “Dir bin ich doch schon einmal begegnet. Da warst du eine Kröte. Jetzt aber hast du dich in ein junges Mädchen verwandelt. Bist du eine der Moorhexen, die mich von diesem Ort fortschrecken soll?” Duna musste lachen. “Ich bin die Mutter dieses Birnbaumes musst du wissen. Darum findest du den Saft so selten köstlich und kommst trotz deiner Gebrechlichkeit hierher. Und außerdem bist du verschwiegen, sonst wären schon mehr vom Dorf hier.” Mit der Hand vor den Augen musterte sie der Alte. “Bei meiner Seel` und meinem Buckel. Mit soviel Zauberkram umhängt sehe ich wen, den ich besser nicht sehen sollte.” Wieder musste Duna lachen. “Es sei denn ich hab mich vor dein Auge gestellt. Sieh dich um. Ich sage dir etwas. Sitzt du auf einem Moospolster sitzt du auf meinem Bauch und pflückst du Beeren nähre ich dich. Vom Birnensaft träufelt dir meine Liebe auf die Lippen und von seiner Süße erwachsen dir wilde Träume.” “Das ist wahr”, rief der Alte, “vom Birnensaft kommt mir die Jugend in den Sinn und die Mädchen, die ich gekannt habe. Und mir ist dann als käme von diesem Feuer wieder etwas in meine Glieder zurück.” Er nahm Dunas Hand und küsste sie. “Hör auf mich zu kitzeln. Ich will dir noch was sagen. Der Birnbaum ist groß genug und gibt von seinen Früchten gerne ab. Erzähle es deinen Kindern und Enkeln. Bring sie hierher, wenn der Baum Birnen trägt.” Und da ihr sonst nicht mehr nach reden war, verschwand sie mit einem leisen Gelächter. Der Alte aber blieb länger als gewohnt sitzen.

Zur Birnenreife brachte er Kinder und Kindeskinder mit. Der Birnbaum wurde umtanzt und alle sogen den wunderbaren Saft aus seinen Früchten. Dem Baum schien das Treiben zu gefallen, die Kröte hingegen fand es absonderlich. Bald jedoch war im ganzen Ort der Birnbaum bekannt und jeder der einmal bei ihm im Moor gesessen hatte, wanderte immer wieder zu ihm hin. Man zimmerte ein paar Bänke. Und an schönen Sonntagen kamen die Jungen und Alten. Es schien als würde der Birnbaum immerzu Früchte tragen. Nur im Winter stand er wie alle Bäume leer und nackt da. Den Alten nannten die Leute nur mehr den Birnbaumvater. Sooft er draußen saß, blickte er sich nach allen Seiten um, weil er nach der Moorfrau Ausschau hielt. “Zeige dich. Ich möchte dich etwas fragen”, murmelte er dann. War er aber nicht allein, schwieg er. An einem stillen Sommertag erschien Duna dem Alten. Zuerst hielt er sie für eine vom Dorf. “Du kannst mich wohl nicht vergessen. Schielst ständig nach mir und redest Dummheiten. Aber ich sehne mich nach einem jüngeren als du. Was willst du von mir?” Sie zeigte dem überraschten Alten ein freundliches Gesicht. “Ah, du bist es”, sagte er. “Ich möchte dich etwas fragen. Sage mir wozu soll das gut sein. Das ganze Dorf kommt schon hierher. Sie sagen Birnwunder und können sich nicht satt essen daran. Bist du hier um uns ins Moor zu locken? Du und deine Schwestern! Führst du uns mit den Birnen ins Verderben?” “Wie unhöflich und grob du bist. Anstatt dich zu freuen. Nennen dich den Birnbaumvater. Von den Birnen könnten sie ruhig weniger essen, dafür aber für den Winter einen Saft eindicken. Und verderben, weißt du, tut ihr euch ganz alleine. Du wirst es erleben, wenn dich deine Füße nicht mehr tragen.” Und mit ihrer Stimme war auch sie verschwunden. “Halt, wo bist du”, wollte der Alte noch rufen, da ihn seine Worte jetzt reuten. Doch er hörte nur noch den dumpfen Unkenruf im Moor.

Seit die Leute sich am Birnensüß labten, lachten sie mehr und nahmen sich das Leben gegenseitig nicht so übel. Vielen kam sogar ein Liebesseufzen aus der Brust und sehnsüchtige Blicke flogen hin und her. Immer mehr geriet das ganze Leben zu einem großen Sonntag. Selbst die Arbeit wog nur halb so schwer als gewohnt.

Der Alte hatte eine Enkelin, die war von einer Art, wie es im Dorf keine zweite gab. Ihre Beine waren krumm gewachsen, ihre Hände zu kurz geraten und die große Knollennase hockte wie eine Birne in ihrem Gesicht. Ihr Gang war dem Hüpfen der Krähe ähnlich und ihre Stimme klang als schabe man eine Pfanne sauber. Doch war sie schlauer als ein Fuchs und wilder als ein Troll. Man rief sie Krinka. Sie wanderte wie die anderen vom Dorf gerne zum Birnbaum um sich zu laben. Aber anders als die Dörfler liebte sie die Nacht. Sie liebte das Dunkel, denn da war sie so schön wie sie sich im Herzen fühlte. Im Moor wandelte sie des Nachts so sicher wie ein Kobold und im wohltuenden Dunkel schmiegte sie sich gerne an den Birnenbaum oder tanzte rundherum. “Ich bin deinen Früchten am ähnlichsten”, krächzte sie dem Baum ins Geäst. “Sieh genau her. Mein Kopf gleicht einer Birne, meine Nase, meine Brüste und mein Bauch. Ich sehe aus wie eine Wanderbirne mit Entenfüßen. Es fehlt mir nur noch dein süßer Saft. Dann könnt` ich Könige laben und wäre selbst eine vornehme Frau.” Solch bunten Träumen erlag Krinka unter dem Birnenbaum. Duna liebte die Enkelin des Alten. “Sie gleicht meinen Schwestern und mir, wenn ich Menschennatur trüge”, erzählte sie der Kröte. “Allein die Anmut fehlt ihr und ein Quentchen Zauberei, aber sonst….” In dieser Zeit reifte ein besondere Nacht. Für die Menschen ebenso, wie für all die Wesen, die in der Dunkelheit lebten. Der volle Mond sollte sich am Nachthimmel verdunkeln. „Von einem wilden Wolf verschluckt“ nannten es die Menschen. Im Dorf würde man die ganze Nacht tanzend den dunklen Mond bewundern. Duna saß in dieser Nacht unterm Birnbaum, um die Zauberstäbe zu werfen. Da kam Krinka mit ihrem plumpsenden Gang, nach der ersten Birne greifend, die sie erwischte. “Ich schaue mit dir nach dem finsteren Mond, mein Baumprinz”, hörte Duna sie reden. “Welch unerhörte Frechheit”, dachte die Moorfrau und vom Zorn durchfahren zeigte sie sich dem tollpatschigen Mädchen. “Soll ich dich in eine Kröte verwandeln Krinka? Oder in ein Moorloch stoßen”, rief sie wütend. “Wer will mich in eine Kröte verwandeln? Würde es mir zu einem Prinzen verhelfen, wär ich einverstanden.” Und Krinka lachte. Als sie im Licht des Mondes Duna sah, verstummte sie jedoch. Noch nie zuvor war ihr eine der Moorfrauen begegnet. “Ich bin Duna und jetzt mach deinen Mund zu bevor ich es wirklich tue. Bist eine hässliche Trud, aber ich mag dich und deinen Großvater. Na, eine vornehme Frau möchtest du sein und nicht aussehen wie eine Birne. Soll ich dir raten? Dich packen und an dir zerren, bis ein holdes Fräulein vor mir steht? Komm gib mir deine Hände.” Duna nahm die Hände des erschrockenen Mädchens und sogleich fühlte dieses eine wohltuende Kraft durch sich strömen, dass ihr ein Seufzen aus der Brust kam. Die Moorfrau begann zu singen, leise murmelnd und Krinka legte ihren Kopf in ihren Schoß. Da wiegte Duna das Kind, wie es einst ihre Mutter getan hatte. Dem Mädchen aber träumte, dass der Mond dunkel wurde und die Moorfrau auf der Heide mit ihren Schwestern tanzte. Krinka fühlte ein wohliges Kitzeln in ihren Brüsten, dass die Warzen hart wie Baumnüsse wurden. Ein süßer Duft stieg in ihre Nase, in ihren Ohren wohnte der fremde Gesang. So schlief sie unterm Birnbaum die ganze Nacht.

Die Kühle des Morgens weckte Krinka. “Ein Traum, kein Traum, ein Baum, kein Baum, ein König und keine Königin”, brummte sie vor sich hin. Und so verging der ganze Tag. Im Dorf reihten sich die Tage aneinander und noch bevor der Sommer umgegangen war, wurde im Nachbardorf die seltsame Wundermär vom Birnbaum im Moor bekannt. Jetzt wanderten die Leute von dort zu dem Birnbaum und bald flogen die ersten bösen Worte zwischen den Leuten beider Dörfer hin und her. “Wir haben ihn als erster entdeckt. Darum gehören er und seine Früchte uns”, sagten die einen “Er steht im Moor und das gehört sich selbst. Jeder kann sich an den Früchten laben und unter dem Baum sitzen“, sagten die anderen. Zum Neid gesellten sich zänkische Worte. Der Zwist ergriff die ganze Gegend. Schließlich bewachten die Dörfler den Birnbaum. Und als der Alte so schwach in den Gliedern wurde, dass er nicht mehr gehen konnte, bewahrheitete sich der Spruch der Moorfrau. In einer mondlosen dunklen Nacht wurde der Birnbaum böswillig gefällt. Über dem ganzen Moor lag ein finsteres Entsetzen. Die Kröte Mokra tat ihr Maul auf und sang der Nacht zu. Über die Tage der Menschen zog ein finsteres Licht. Voll bitterer Gedanken lag der Alte im Bett und starrte seine Enkelin an. “Die Moorfrauen gehen fort. Sie kommen nimmermehr”, flüsterte er. Dann kam der nächste Vollmond und der Alte starb. Die Leute sagten es sei ein weiteres böses Zeichen. Er war der Birnbaumvater, da er die Wunderkraft des Baumes entdeckt hatte. Krinka aber stand still am Grab und spürte wie Duna unsichtbar die leisen Worte von der Ewigkeit vor sich her sang. Da wuchs in dem Mädchen das Bild der Königsstadt und es beschloss dorthin zu gehen.

Sieben mal sieben Tage war Krinka gegangen als sie vom Hügel aus die schöne Stadt erblickte. Da sie hungrig und müde war setzte sie sich in die erstbeste Schenke der Stadt. Dort saß der Hofschreiber. Als er das Mädchen erblickte dachte er bei sich: “Ei, das ist das hässlichste und schmutzigste Weib, das mir je unter die Augen gekommen ist.” ” Hee, schmutzdicke Birne bist du gekommen um die Pferde in der Stadt zu erschrecken?” rief er ungehobelt. So hungrig Krinka war, der Mund flog ihr noch immer kräftig auf und zu. “Ich bin hier, damit mir die wohlfeinen Herren der Stadt den Hof machen. Du kannst gleich damit beginnen.” Mit den Worten entströmte ihrem Mund ein feiner Duft nach Birnen. Des Hofschreibers Nase sog die leichte Süße ein und er winkte ihr. “Komm setz dich und iss dich satt. Erzähle mir von dir.“ Begierig langte sie nach dem Topf und aß. “Ich bin sieben mal sieben Tage gegangen um den König zu sehen. Ich bin jung und kräftig. Er wird sicher eine Magd wie mich brauchen können.” Der Birnengeruch setzte sich immer mehr im Hofschreiber fest. Er seufzte und blickte das Mädchen an. “Sag mir deinen Namen. Ich kann den König fragen, ob er Arbeit hat für dich.” Insgeheim dachte er aber: “Welch süßer köstlicher Duft. Er erinnert mich an meine Kindertage.” “Krinka, wie der Berg hinter unserem Moor. Aber um den König zu begegnen brauch` ich ein anderes Kleid. Sag, kannst du mir nicht eines bringen”, fragte sie neugierig. Längst träumte der Hofschreiber in seinem Inneren und entzückt murmelte er: “Ein Kleid? Ja, ich habe keines. Aber ich kann mit dir zum Hofschneider gehen. Für den ist das ein Leichtes.” Und so gingen sie zum Haus des Schneiders. Als er hörte was der Schreiber wollte lachte er meckernd. “Nein, für die dralle Dirn habe ich höchstens einen groben Sack.” Doch der Birnenduft den Krinka entströmte tat auch beim Hofschneider das seine. Bald war sie gekleidet, wie nie zuvor in ihrem Leben. Der Hofschneider begehrte sogar, sie höchstpersönlich zum König zu begleiten. So ging sie mit beiden zum Schloss und es kam ihr nicht seltsam vor, dass der Hauptmann der Wache sich anschloss, selbst der Minister beeilte sich der ganzen Gruppe zu folgen. Schließlich überraschten sie den König beim Fußbad, da ihn auf der Jagd ein hässlicher Schnupfen befallen hatte. Verwundert sah er die Eindringlinge an. “Was wagt ihr es mich mitten in einer ärztlichen Kur zu stören?” Der Minister ergriff eilfertig das Wort: “Wir bringen dir dieses bezaubernde Mädchen. Sie möchte dir als Magd dienen.” Durch den Schnupfen unempfindlich für die zarte Verführung, sah er das Mädchen an. “Unglaublich! Ich leide und ihr kommt mit einer in Kleider steckenden Birne an. Bringt sie zum Koch. Er soll sich um sie kümmern.” Und mit einem heftigen Niesen deutet er ihnen zu verschwinden. Krinka rannen die Tränen über die Wangen und die ganze Gesellschaft entfernte sich unter tiefen Bücklingen. Der erste Minister nahm sein Taschentuch und tupfte dem Mädchen die Tränen fort. Wie von ungefähr führte er es an den Mund. Sogleich strömte ihm ein liebliches Wohlgefühl durch den ganzen Leib und wie ein Kind sog er wohlig daran. “Ich nehme dich mit zu mir”, sagte er zu Krinka. “Es wird dir ein feines Bett mit frischem Linnen bereitet.” Mit leichten Schritten nahm er sie beim Arm und schwebte schier von dannen. “Ich werde dich zu einer feinen Dame machen. Es soll dir an nichts fehlen”, flüsterte er dem Mädchen zu. Da kam über Krinka ein sonniges Lachen. Am Abend vor dem Feuer im Kamin nahm sie den vornehmen Herrn in den Arm fing ihren Singsang an und wiegte ihn. “Weißt du”, flüsterte sie, “so hat es die Moorfrau auch gemacht. Und mir war wohlig wie einem kleinen Kind.” Da geschah es aber, dass sie ihre Brüste nahm und den Minister zu säugen begann.

Als am nächsten Morgen der König nach seinem Minister rief, kam dieser mit flinkem Schritt hereinspaziert. “Mir platzen die Lungen vor lauter Husten und du lächelst wie ein Narrenspitz in den Tag. Ist dir der Heiland erschienen?” “Ich habe himmlisch geschlafen, Majestät. Da ich sehe Ihr leidet, habe ich mir erlaubt für Majestät ein Sträußchen Blumen zu pflücken.” Mit diesen Worten zog er einen Bund weißer Rosen aus seinem Umhang um es dem König zu reichen. “Es reicht. Du treibst Scherze mit einem Kranken. Und jetzt sage mir wieso habt ihr mich mit dieser dummen und überaus hässlichen Person belästigt?” Der König blickte wütend seinen Minister an. Dieser jedoch lächelte und klatschte in die Hände. “Um Majestät sofort und auf der Stelle zu heilen, habe ich mir erlaubt eine kleine Krankensuppe zu kredenzen.” Sogleich erschien der Hofdiener des Königs mit einem Teller dampfender Suppe. “Langsam zweifle ich wirklich an deinem Verstand. Ich habe andere Sorgen als meine Verkühlung. Die Bauern weigern sich zunehmend die Steuern zu zahlen und in manchen Dörfern haben sie die Eintreiber vertrieben! Ich möchte hören, was ihr dagegen zu tun gedenkt?” “Majestät, bevor wir die Staatsgeschäfte ordnen, bestehe ich darauf, dass Ihr wenigstens einen Löffel von der Suppe nehmt. Meine neue Köchin, das Mädchen, das gestern zu Euch wollte, hat es extra für Euch bereitet.” Wütend raffte sich der König auf. “Was redest du da von der dummen Dirne? Hat sie dir den Kopf verdreht, dass du heute so dumme Gedanken darin hast?” Trotz der harten Worte beugte sich der König und nahm den dargebotenen Löffel. “Hmm”, murmelte er um sogleich einen zweiten und dritten Löffel zu nehmen, bis er die Schüssel leer gegessen hatte. Denn wie sollte es ihm anders ergehen als seinen Untertanen? Sogleich färbten sich seine Wangen rot und er sah mit einer unglaublichen Verwunderung den Minister an. “Ist sie eine Hexe?”, rief er. “Bringt sie auf der Stelle zu mir, damit ich sie für diese Wohltat belohnen kann.” “Sie ist ohnehin mit mir gekommen”, erwiderte der Minister. Als Krinka eintrat verbeugte sie sich tief vor dem König. “Ich heiße Krinka”, sagte sie ungefragt. „Ich komme aus dem Dorf am Ende des großen Moores und möchte als Köchin arbeiten.” Der König dessen Verkühlung wie verflogen schien, atmete mit jedem Wort Krinkas feinen Duft ein. “Wie ist es dir gelungen mich so ungemein zu verzaubern.” Er lächelte und streckte ihr die Arme entgegen. “Euch brauche ich jetzt nicht mehr”, befahl er dem Minister. So nahm der Fluss seinen Lauf und noch am gleichen Abend lag der König in Krinkas Armen. Sie sang ihm und legte ihn an ihre großen Birnenbrüste. “So weiß ich es von den Moorfrauen”, raunte sie in die mondlichte Nacht, “und so tue ich es mit dir.” Dem König aber war als badete er im Brunnen des Lebens.

Krinka wurde seine Frau und wenn es die Staatsgeschäfte erforderten gab sie als Königin was notwendig, um den Frieden und das Glück zu sichern. Als ihr Gemahl starb, regierte sie das Land bis zu ihrem hundertsten Jahr. An einem Herbstmorgen erwachte sie mit einem Traum von Duna im Herzen. Mit dem Traum zogen all ihre Erinnerungen an den Großvater , den Birnbaum und das Moor herauf. Mit einer einfachen Kutsche ließ sie sich in ihr Heimatdorf bringen, hin zu dem Ort wo einst der Birnbaum gestanden hatte. Mitten in der klaren Mondnacht saß sie da und wartete auf Duna. Als diese sich leise neben sie hinhockte, nahm die alte Königin ihre Hand. Sie sangen ihren Zauber über die Gegend und Duna küsste die Augenlider von Krinka. “Komm, komm”, flüsterte sie ihr zärtlich, „wir haben schon gewartet auf dich.” So ist es gewesen.

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