Über moderne Kunst lässt sich hervorragend streiten

Das beweist die französische Erfolgsautorin Yasmina Reza mit diesem Stück, in dem sich drei Freunde über ein weißes Bild mit feinen weißen Querstreifen, die man aber nur erkennen kann, wenn man die Augen zusammenkneift, ereifern. Premiere war am 13. September 2012 im Studio.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Serge, ein wohlhabender Dermatologe und Liebhaber zeitgenössischer Kunst, hat ein Bild des renommierten Malers Antrios erworben. Als er voll Stolz sein Werk präsentiert, ist die Reaktion seines Freundes Marc nicht gerade respektvoll. „Hast du für diese Scheiße wirklich 200.000 Franc bezahlt?“ Noch viel kränkender als diese Worte empfindet Serge das fiese Lachen seines Freundes und so wirft er ihm verblüffende Arroganz vor.

___STEADY_PAYWALL___

Um diesen Streit zu schlichten, wird Yvan, ein gemeinsamer Freund und sehr toleranter junger Mann, hinzugezogen. Als sich dieser jedoch nicht festlegen will, wird er von den beiden gnadenlos niedergemacht und als hybrider, serviler Speichellecker, als feiger, charakterloser Waschlappen bezeichnet. Kein Wunder, dass auch der arme Yvan, an sich ein sehr geduldiger, sympathischer Kerl, die Nerven verliert. Die gegenseitigen Beleidigungen werden immer persönlicher und verletzender, schließlich kommt es sogar zu Handgreiflichkeiten. Steht eine langjährige Männerfreundschaft nun vor dem Aus?

Olaf Salzer glänzt in der Rolle des arroganten Marc, der es versteht, mit perfidem Lächeln und spitzer Zunge zu beleidigen. Marcus Marotte klammert sich als Serge zutiefst gekränkt an sein kostbares Bild und unterdrückt etwaige aufkommende Zweifel. Antony Connor zeigt als Yvan, dass sich ein an sich gutmütiger Schwätzer nicht endlos beleidigen lässt, auch er kann ausrasten. Das gut eingespielte Trio überzeugt auf ganzer Linie, auch wenn es sich auf einem leicht schwankenden Podest bewegen muss. Geschickt führt dieser Kippeffekt die Fragilität ihrer Freundschaft vor Augen.

Yasmina Rezas preisgekrönte und viel gespielte Stücke („Vier Mal Leben“, „Der Gott des Gemetzels“) begeistern durch ihre Vielschichtigkeit, denn Komik und Tragik liegen stets eng beisammen. Christoph Batscheider ist mit der Inszenierung von „Kunst“ ein unterhaltsamer, von Publikum begeistert aufgenommener Saison-Auftakt gelungen.

„Kunst“ von Yasmina Reza. Regie & Bühne: Christoph Batscheider. Kostüme: Nora Fankhauser. Dramaturgie: Birgit Lindermayr. Licht: Florian Haß. Mit: Olaf Salzer, Marcus Marotte, Antony Connor. Bildnachweis: Marco Riebler. Sijetfoto: Chris Rogl

Diesen Artikel empfehlen. Teilen mit:

Visits: 15

Dorfladen

Kommentar hinterlassen zu "Über moderne Kunst lässt sich hervorragend streiten"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*