„Der gute Mensch von Sezuan“ – Die Welt ist arm, der Mensch ist schlecht

Im Schauspielhaus Salzburg steht mit Bertolt Brechts Werk (uraufgeführt 1943) ein Musterbeispiel für das epische Lehrtheater auf dem Programm. Aus der eher trockenen Schullektüre wird durch die flotte Regie von Bernadette Heidegger ein äußerst unterhaltsamer Theatergenuss. So kann der Jugend Brechts Religions- und Kapitalismuskritik nahegebracht werden, ohne verstaubt zu wirken.

Von Elisabeth Pichler.

Der für den „Blauen Engel“ aufwändig umgebaute Saal eignet sich hervorragend für diese Produktion, denn die Schüler kreisen, wie in einem Zirkus, die Bühne von drei Seiten ein. Ein geheimnisvolles Zimmer mit rotem Vorhang sowie zwei Laufstege ermöglichen rasche Szenenwechsel und schaffen Platz für turbulente Szenen. Noch vor Vorstellungsbeginn preist ein heruntergekommener Wasserverkäufer seine nicht gerade vertrauenserweckenden Getränke an. Er weiß, dass in diesem chinesischen Provinznest drei Götter erscheinen werden, die sich auf der Suche nach guten Menschen befinden. Frustriert stellen diese fest, dass ihr Vorhaben nicht einfach ist, sie sehen ihre Existenz gefährdet. Vergeblich versucht der Wasserverkäufer Wang, ein Nachtquartier für die Erleuchteten aufzutreiben, er wird überall abgewiesen, denn wer nimmt schon gerne unbekannte Ausländer bei sich auf. Als letzte Rettung bleibt die gutmütige Prostituierte Shen Te, die nie Nein sagen kann. Sie wird für ihre Freundlichkeit großzügig entlohnt, erwirbt mit dem Geld einen Tabakladen und beschließt, nunmehr – ganz nach dem Wunsch der freundlichen, aber weltfremden Götter – ein respektables Leben zu führen. Die habgierigen Nachbarn und Freunde nützen ihre Gutmütigkeit jedoch schamlos aus und so steht sie bald vor dem Ruin. Als sie nicht mehr weiterweiß, erfindet sie einen hartherzigen Neffen, den Herrn Shui Ta. Sie schlüpft selbst in diese Rolle, um mit den verlogenen, zwielichtigen Gestalten fertigzuwerden. Verwirrungen und Turbulenzen sind vorprogrammiert, ein Happy End nicht in Sicht. Brecht entlässt daher das Publikum mit den Worten: „Der einzige Ausweg wär aus diesem Ungemach. / Sie selber dächten auf der Stelle nach / Auf welche Weis dem guten Menschen man / Zu einem guten Ende helfen kann. / Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluss! / Es muss ein guter da sein, muss, muss, muss!“

Katharina Pizzera überzeugt in der Rolle der gutmütigen Prostituierten Shen Te. Eine Idealbesetzung, hat sie doch schon in Fellinis „La Strada“ als naive Gelsomina das Publikum begeistert. Wenn Sie jedoch eine Hose über ihr unschuldiges, weißes Kleidchen zieht, so vermögen ihre Augen, die Kälte des herzlosen Vetters auszustrahlen. Benjamin Lang führt als gerissener Wasserverkäufer, der in Mülltonnen haust, durch die Geschichte. Die weiteren Rollen sind mit Studentinnen und Studenten der Schauspielschule des Schauspielhauses Salzburg besetzt. Mit jugendlicher Frische, Begeisterung und viel Talent schlüpfen sie in die unterschiedlichsten Rollen und verkörpern sehr überzeugend die vielen zwielichtigen Gestalten, die Brecht in diesem Stück auftreten lässt.

Bertolt Brecht demonstriert in dieser Parabel, dass der Kapitalismus den Menschen daran hindere, gut zu sein. Ein hochaktuelles Thema, das sicherlich Stoff für interessante Diskussionen – nicht nur im Deutschunterricht – zu liefern vermag. Eine spannende Inszenierung, nur schade, dass es keine Abendvorstellungen gibt, das Stück wäre auch für erwachsenes Publikum sehenswert.

„Der gute Mensch von Sezuan“ von Bertolt Brecht. Inszenierung: Bernadette Heidegger. Ausstattung: Ragna Heiny. Musikalische Betreuung: Benjamin Baierlein. Mit: Katharina Pizzera, Benjamin Lang, Nenad Subat, Stefan Wunder, Eva Weingärtler, Lisa Liebler, Magnus Pflüger, Anna Katharina Frommann. Bildnachweis: Marco Riebler

Diesen Artikel empfehlen. Teilen mit:

Visits: 17

Dorfladen

Kommentar hinterlassen zu "„Der gute Mensch von Sezuan“ – Die Welt ist arm, der Mensch ist schlecht"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*