„Piano Nobile oder Wer ist Heinz?“ Geschichte und Gegenwart

Die diesjährige Herbstproduktion des theater bodi end sole schickt Hannah, eine junge Engländerin, auf Spurensuche nach Wien. Aus welchem Grund hat ihr Heinrich Vodak im vierten Wiener Gemeindebezirk eine Wohnung vermacht? Christa Hassfurther ließ sich für das Stück vom Leben und Werk Hilde Spiels inspirieren. Premiere war am 9.11.2012 im Halleiner Theaterobjekt.

Von Elisabeth Pichler.

Gut gelaunt betritt Hannah ihre neue Wohnung im Piano Nobile, dem „bevorzugten 2. Obergeschoss eines großbürgerlichen Wohnhauses“. Doch als sie die weißen Tücher von den Möbeln entfernt, stellt sie fest, dass nichts so ist, wie es scheint. Darunter verbergen sich Geheimnisse, denen sie nun auf die Spur zu kommen versucht. Ihre nach England emigrierte Großmutter hat ihr zwar immer gerne zugehört und für all ihre Probleme ein offenes Ohr gehabt, doch über ihre Zeit in Wien hat sie nie gerne gesprochen. Hannah findet Briefe und Fotos und taucht immer mehr in eine rätselhafte Vergangenheit ein. Weder ein Telefonat mit ihrer Mutter noch Nachforschungen beim Hausverwalter können ihr weiterhelfen. Doch sie gibt nicht auf und schafft es, aus vielen kleinen Versatzstücken ihre Familiengeschichte wie ein Puzzle neu zusammenzusetzen. Ihre Bekanntschaft mit einem jungen ukrainischen Geiger zeigt die Probleme der Gegenwart auf. Matheusz, der Absolvent einer Fremdenverkehrsakademie, findet in Wien keinen passenden Job, als Tellerwäscher wird er ausgenutzt und schikaniert.

Fanny Krausz schenkt sich als Hannah nichts. Sie stellt die Wohnung buchstäblich auf den Kopf. Mit großem Körpereinsatz räumt sie um und auf, musikalisch begleitet von Sebastian Grandits auf seiner Geige. Je nach Stimmungslage singen sie gemeinsam Wienerlieder: lustige, traurige, romantische, aber auch bitterböse, wie Georg Kreislers „Wie schön wär Wien ohne Wiener“. Videoprojektionen vom Heldenplatz bis zum Kahlenberg und Aufnahmen mit der Handycam runden die eindrucksvolle Performance ab. Ein überaus gelungener Abend, schwungvoll und abwechslungsreich in Szene gesetzt von Christa Hassfurther. Fanny Krausz, eine junge Schauspielerin, beeindruckt durch ihren enormen Einsatz und Sebastian Grandits verzaubert als charismatischer Geiger das Publikum.

Hilde Spiel (1911 – 1990), eine vielseitige Schriftstellerin und Essayistin, 1936 nach England emigriert, kehrte nach dem Krieg nach Österreich zurück. Ihre Beobachtungen und Gedanken hielt sie in ihrem Tagebuch „Rückkehr nach Wien“ fest, welches 1946 niedergeschrieben, aber erst 1968 veröffentlicht wurde. Ein berührendes, aber auch sehr scharfsichtiges Buch, das auch die Schattenseiten von Wien, dem Inbegriff des kultivierten Lebens, nicht verschweigt.

„Piano Nobile oder Wer ist Heinz?“ – Regie, Konzept, Gesamtleitung: Christa Hassfurther. Co-Regie: Ester Hassfurther. Fotomontage: Ulrike Rauch, Wolfgang Rauch. Bühnenbild: Alois Ellmauer. Licht & Ton: Helfried Hassfurther. Mit: Fanny Krausz, Sebastian Grandits.  Fotos:  Ortrun Bauer/ bodi end sole

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