„Karte und Gebiet“ – Künstlerbiografie und Kriminalfall

Ali M. Abdullah und Hannah Lioba Egenolf haben Michel Houellebecqs mit dem Prix Goncourt ausgezeichneten Roman für die Bühne bearbeitet. Die österreichische Erstaufführung fand im Rahmen des Open Mind Festivals am 15. November 2012 in der ARGEkultur als Vorpremiere statt. Ab 15.11.2012 wird das Stück in der Garage X in Wien zu sehen sein.

Von Elisabeth Pichler.

Vor Aufführungsbeginn erklärt Regisseur Abdullah, dass das Stück noch nicht ganz fertig sei und nun zum ersten Mal vor Publikum gespielt werde. Bereits am nächsten Tag wäre eine völlig neue Aufführung zu erwarten, er empfehle daher dringend einen nochmaligen Besuch. Erfreulicherweise konnte er den bei der letzten Probe noch 6-stündigen Text bereits auf knapp drei Stunden kürzen.

Jed Martin, ein scheuer Künstler, macht mit seinen am Computer bearbeiteten Fotos von Michelin-Karten Furore. Er selbst kann sich diesen Erfolg nur schwer erklären. Auch seine Gemälde erzielen auf dem Kunstmarkt Höchstpreise. Sein Gallerist überredet ihn, mit dem berühmten Schriftsteller Michel Houellebecq Kontakt aufzunehmen und ihn zu einem Vorwort für den neuen Katalog zu überreden. Die Begegnung verläuft ungewöhnlich positiv, ist doch der Schriftsteller als Einzelgänger voller Menschenverachtung bekannt. Für diesen verklemmten Künstler mit „dürftigem Intimleben“ empfindet er jedoch fast so etwas wie Sympathie. Die Freundschaft endet abrupt, denn der Schriftsteller wird bestialisch ermordet aufgefunden. Die Suche nach dem Täter findet in einem skurrilen Kommissariat statt, in dem ein tollpatschiger Angestellter (Florian Carove) ständig Kaffee kocht und eine übereifrige junge Dame (Aylin Esener) jedes Indiz festhält, während sich der Chef mehr um seinen an Hodenkrebs leidenden Hund kümmert. Kein Wunder, dass der Täter nach drei Jahren eher durch einen Zufall gefasst wird.

Als introvertierter Künstler staunt Dennis Cubic über die seltsamen Mechanismen des Kunstmarktes und kann sich den ungeheuren Wert seiner Bilder kaum erklären. Alexander Simon gibt als Michel Houellebecq eine Figur des Jammers ab, ständig rauchend und zutiefst unglücklich. Horst Heiss, als krebskranker Vater, rechnet an einem Weihnachtsabend mit Hilfe von einigen Flaschen Wein mit seinem verpfuschten Leben ab. Gitarrenklänge von Florian Kmet und französische Chansons lockern die einzelnen Szenen auf.

Ein Stück voll Sarkasmus und Ironie, das hervorragend in das Konzept des Open Mind Festivals der ARGEkultur „Gesellschaftliche Realitäten mit den Mitteln der Kunst zu brechen“ passt. Ein Abend, der Lust auf die Lektüre von Michel Houellebecqs aberwitzigen Künstlerroman „Karte und Gebiet“ macht.

„Karte und Gebiet“ nach Michel Houellebecq. Eine Produktion der Garage X in Koproduktion mit der ARGEkultur Salzburg. Österreichische Erstaufführung. Inszenierung: Ali M. Abdullah. Ausstattung: Renato Uz. Musik: Florian Kmet. Dramaturgie: Hannah Lioba Egenolf. Mit: Aylin Esener. Florian Carove, Dennis Cubic, Horst Heiss, Alexander Simon, Florian Kmet. Fotos: Sabine Bruckner

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