„Der Revisor“ – korrupte Idylle in der tiefsten Provinz

Der Revisor

Nikolai Gogols Bürokratensatire aus dem Jahre 1835 zählt zu den besten Komödien der Weltliteratur. Christoph Batscheider hat eine aktuelle Textfassung erarbeitet und als groteske Farce in Szene gesetzt. Dachte man bei Korruption und Bestechung noch vor Kurzem an Griechenland und Italien, so hat sich das Blatt gewendet. Die eingestreuten Österreich- und Salzburg-Bezüge kamen beim Publikum besonders gut an. Premiere war am 13. Dezember 2012 im Schauspielhaus Salzburg.

Von Elisabeth Pichler.

In der tiefsten russischen Provinz lebt es sich gut als Dorfkaiser bzw. Stadthauptmann. Die Fördergelder aus Moskau fließen reichlich. Das Geld, das für die Errichtung einer Schule, eines Spitals und eines Kreisgerichts samt Gefängnis gedacht war, ist jedoch irgendwo versickert. Als bekannt wird, dass ein Revisor inkognito unterwegs sei, ist die Aufregung groß. Ebenso groß ist die Hoffnung, dass sich der Beamte aus Moskau ebenso bestechlich zeige.

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Chlestakow, ein junger Mann, der im Gasthaus festsitzt, weil ihm das Geld ausgegangen ist, kann sein Glück kaum fassen. Statt für unbezahlte Rechnungen im Gefängnis zu landen, wird er von allen Seiten umschmeichelt. Geld wird ihm aufgedrängt und schließlich landet er als Gast im Hause des Stadthauptmanns. Als ihm dessen Frau und Tochter eindeutige Avancen machen, wird ihm die Situation doch zu brenzlig und er macht sich mit seinem Diener Ossip aus dem Staub. Ob der echte Revisor auch so verführbar sein wird?

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Der Revisor

Die Bewohner dieses Provinznestes fühlen sich sichtlich wohl, denn sie alle haben Dreck am Stecken, Betrug ist hier eine Selbstverständlichkeit. Marcus Marotte als Stadthauptmann scheint alles fest im Griff zu haben, er ist davon überzeugt, dass jeder käuflich sei. Ute Hamm als sein – mangels Gelegenheit – treues Eheweib steht ihm hilfreich zur Seite, indem sie die eingehende Post kontrolliert. Nur Kristina Kahlert muss sich als frustriertes Töchterlein ihren Kummer von der Seele singen: „Es kotzt mich an in diesem Scheißdreckspisskaff“. Kein Wunder, dass Thomas Enzi als falscher Revisor, als dandyhaft gekleideter Chlestakow, hier für Aufsehen sorgt. Schräg Martin Brunnemann als Bobtschinskij und Benjamin Lang als Bobtschinski, die sämtliche eingesparten Rollen zu übernehmen haben (Schulinspektor, Richter, Postmeister, Kreisarzt usw.). Eine Klasse für sich ist Simon Ahlborn, der als unterdrückter, doch schlauer Diener Ossip die verzwickte Lage wesentlich besser einschätzen kann als sein abgehobener Herr, der sich in lächerliche Phantasien hineinsteigert.

Der Revisor

Christoph Batscheider hat diese bitterböse Komödie über menschliche Heuchelei mit viel Musik und russischem Flair in Szene gesetzt, wobei Lächerlichkeit und Absurdität im Vordergrund stehen. Die schrägen Kostüme (Isabel Graf) passen hervorragend zu den skurrilen Figuren. Die Fassade eines Hotels, eines Postamtes und davor die gestürzte Figur eines Diktators als Sitzbank (Bühne: Tobias Kreft) verstärken den Eindruck eines Potemkinschen Dorfes, dem jede Substanz fehlt, alles nur Schall und Rauch. Ein Stück über betrogene Betrüger sorgt immer für Heiterkeit, ein Publikumserfolg ist vorprogrammiert.

Der Revisor

„Der Revisor“ – Komödie von Nikolai Gogol. Deutsch von Alexander Eliasberg. In einer Fassung von Christoph Batscheider. Regie: Christoph Batscheider. Bühne: Tobias Kreft. Kostüme: Isabel Graf. Mit: Marcus Marotte, Ute Hamm, Kristina Kahlert, Thomas Enzi, Simon Ahlborn, Martin Brunnemann, Benjamin Lang. Fotos: Marco Riebler (4) und Tobias Kreft (2)

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