„Das Schloss“ – Machtspielchen in einer Dorfidylle

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Franz Kafkas Romanfragment über den aussichtslosen Kampf des Herrn K. gegen eine dubiose Bürokratie hat der Regisseur und Musiker Sandy Lopicic in einer „eigenen, stark musikalisch geprägten Fassung“ als schrille Komödie inszeniert. Das gesamte Ensemble hatte sichtlich Spaß an dem munteren Treiben, das Publikum war etwas verblüfft, dass es bei Kafka so viel zu lachen geben kann. Premiere war am 3.2.2013 im Salzburger Landestheater.

Von Elisabeth Pichler.

„Auf derer Wöd is ois vadraht“ singen die Musiker zur Begrüßung, bevor die Dorfbewohner aus der Versenkung hochgefahren werden und das Publikum freundlich anlächeln. Es scheint ihnen gut zu gehen, denn endlich steht fest: „Wir brauchen keinen Landvermesser.“ Zu dumm, dass plötzlich Herr K. in „Landstreichermanier“ mitten im Dorf auftaucht und sich als Landvermesser vorstellt. Obwohl er einen Brief mit seiner Bestellung bei sich hat, glaubt ihm niemand. Doch freundlicherweise werden ihm zwei Gehilfen zur Seite gestellt, junge Burschen, die zu nichts zu gebrauchen sind und nur Unsinn im Kopf haben. Das Wirtshaus ist für die Herren aus dem Schloss reserviert, Herrn K. wird der Eintritt verwehrt. Verzweifelt versucht er, mit dem geheimnisvollen Schlossbeamten Klamm Kontakt aufzunehmen und macht sich daher an Frieda heran, die mit diesem befreundet sein soll. Doch seine Bemühungen laufen stets ins Leere, er wird von allen Seiten sabotiert und kommt schließlich zur Erkenntnis: „Es gibt Dinge, die an nichts anderem scheitern als an sich selbst.“

Gero Nievelstein hat es in der Rolle des Herrn K. nicht leicht, die Übersicht zu bewahren bei den schrägen Gestalten, die dieses seltsame Dorf bevölkern. Sebastian Fischer und Sascha Oskar Weis fallen ihm als unfähige Gehilfen ständig in den Rücken. Ein Lichtblick scheint Peter Marton als Bote Barnabas zu sein, der mit seinem „Pferd“ angeblich immer wieder zum Schloss reitet, um dort Botschaften abzugeben. Doch auch diese Hoffnung trügt. Die Damen des Dorfes setzen Herrn K. gehörig zu. Es gelingt ihm zwar, Frieda (Christiani Wetter) zu erobern, doch auch die Dorfschlampe (Claudia Carus) macht ihm schöne Augen, nicht zu vergessen die frustrierte Brückenhofwirtin (Britta Bayer), die ihn wie einen Bauchredner benutzt. Es fällt schwer, all die skurrilen Typen aufzuzählen, die über die Bühne geistern. Die Ensemblemitglieder – bis auf Herrn K. – wechseln ständig Kostüme und Rollen und sind in den phantasievollen Verkleidungen oft kaum wiederzuerkennen.

Die Bühne besteht aus einem grauen Bretterverschlag, zusätzlich gespannte Schnüre versperren immer wieder den Durchgang. Gefeiert wird in diesem Dorf ziemlich heftig und derb. Neben den obligatorischen Prügeleien dürfen sich die Schlossdiener auch an den käuflichen Damen verlustieren. Diese Szene – ganz in roten Rauch gehüllt – ähnelt einem Hexensabbat. Matthias Loibner und Die Strottern untermalen das wilde Geschehen mit ungewöhnlich sanften Tönen.

Mit dieser ironisch überzeichneten Inszenierung gelingen Sandy Lopicic eindrucksvolle, aber auch verwirrende Bilder. Ein rundum gelungener dreistündiger Theaterabend. Wer bisher Kafka als zu düster und trist empfand, sollte sich diese schräge Inszenierung nicht entgehen lassen.

„Das Schloss“ – Nach dem Roman von Franz Kafka. Textfassung Maren Zimmermann. Inszenierung: Sandy Lopicic. Musik. Sandy Lopicic, Matthias Loibner, Die Strottern: Klemens Lendl, David Müller. Bühne: Johannes Leitgeb. Kostüme: Thurid Peine. Dramaturgie: Maren Zimmermann. Mit: Gero Nievelstein, Britta Bayer, Sebastian Fischer, Sascha Oskar Weis, Peter Marton, Claudia Carus, Werner Friedl, Christiani Wetter, Georg Clementi. Fotos: SLT/ Christina Canaval

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