„Richard (RE)LOADED.“ Verrat, wohin man blickt?

Theater (Off) ensive 08

Die Theater(Off)ensive hat Shakespeares eher selten gespieltes Königsdrama Richard II. aktualisiert und die Machtkämpfe um die Krone Englands an den Konferenztisch einer Konzernzentrale verlegt. Es geht hier hart zur Sache, die Streitereien arten in Prügeleien aus und erinnern an Bilder, die man von Schlägereien im japanischen Parlament kennt.

Von Elisabeth Pichler.

An diesem Tisch wurde wohl schon lange und heftig diskutiert, die Papierkörbe sind übervoll und die Papierschnipsel weisen auf geheime Dokumente hin, die durch einen Aktenvernichter gezogen wurden. Auf seinem Chefsessel thronend hört sich König Richard II. die gegenseitigen Vorwürfe von Heinrich Bolingbroke (Herzog von Hereford) und Thomas Mowbray (Herzog von Norfolk) relativ gelassen an. Sie wollen ihren Streit durch ein Duell klären, doch der König hat genug von den beiden Streithähnen und schickt sie in die Verbannung. Ärger ist vorprogrammiert. Ein Krieg soll von den Turbulenzen ablenken, doch die Staatskassen sind leer. Um sie aufzufüllen, lässt der König beim ohnehin schon kranken John of Gaunt (Herzog von Lancaster) etwas nachhelfen und legt dann „die Hand auf sein Land, Gut, Geld und Silber“. Als Bolingbroke, der Bruder des Ermordeten, von dieser ruchlosen Tat erfährt, kehrt er „waffenfletschend“ nach England zurück, um sein Erbe zurückzufordern. Damit nicht genug, gelingt es ihm schließlich, Richard II. die Krone zu entreißen und als Heinrich IV. den Thron zu besteigen. Wird Bolingbroke sich damit zufriedengeben oder wird das Morden weitergehen?

Herwig Ofner hat in der Rolle des von Schmeichlern und Hofierern, aber auch Verrätern umgebenen Verschwender-Königs Richard II. wenig zu lachen. Vergeblich versucht er, seine Schwäche durch Arroganz zu überspielen. Detlef Trippel als sein Gegenspieler Heinrich Bolingbroke überzeugt durch eiserne Härte, er ist es gewohnt, über Leichen zu gehen. Finster blicken alle Herzoge und Fürsten, denn das „ganze Land ist voller Unkraut“ und keiner von ihnen weiß, wer als nächster in Ungnade fallen wird. Die Krone, das Symbol der Macht, ist auf dem Sakko aufgemalt, die Königskrönung kann durch einen Kleiderwechsel rasch vor sich gehen.

Alex Linse ist es gelungen, das Drama um einen schwachen König und sein herabgewirtschaftetes Land mit viel Bezug zur Gegenwart in Szene zu setzen. Das rund um den chaotischen Konferenztisch gruppiert Publikum, sitzt mitten im Geschehen, die turbulenten Kampfszenen wirken beängstigend authentisch. Shakespeares blutiges Königsdrama verfehlt auch als moderner Thriller seine Wirkung nicht.

Weitere Vorstellungen in der TriBühne Lehen: 14., 16., 20. Februar und 1., 2., 18. März 2013. Beginn jeweils: 19.30

„Richard (RE)LOADED – frei nach Shakespeares Richard II. Theater(Off)ensive Salzburg. Regie, Bühne & Text: Alex Linse, Kostüme: Andrea Linse. Technik: Hanna Keimelmayr. Mit: Herwig Ofner, Detlef Trippel, Sebastian Brummer, Daniel Solymár, Diana Paul, Sebastian Blechinger. Fotos: Theater (Off) ensive

 

 

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