Markus Waltenberger.
Eine Annäherung.

Die alte Schmiede in Bergheim/ Lenhfelden.

Seit geraumer Zeit beobachte ich das Schaffen des in Lengfelden/ Bergheim in der “Alten Schmiede” arbeitenden Künstlers Markus Waltenberger. Regelmäßig finden in seinem Atelier Aktmalkurse, aber andere Kulturaktivitäten wie Lesungen, etc statt. Letzten Sommer stellte er in der Stadt Salzburg aus, unlängst in der Galerie Kunst&Handel in der Himmelpfortgasse in Wien. Es ist also hoch an der Zeit, diesen Flachgauer Künstler auch einmal bei uns in der Dorfzeitung vorzustellen. (kat)

Höhlenmalerei. Von Thomas Stadler.

Ich erinnere noch genau die Anfänge seiner Ausstellungen in Salzburg; in der Galerie 5020 zum Beispiel: Im Raum ein Lehmgolem, über Lautsprecher das schwere, gedrungene Atmen. Langsam, überdurchschnittlich langsam das Aufbrechen der Form, das Heraustreten und das Schreiben mit Lehm. Die Aktion erregte Aufsehen und bleibt trotz der bestechenden Ästhetik der Arbeiten aus den letzten Jahren mehr denn je programmatisch.

Zunächst trügt der Eindruck:
Die Malerei besticht durch Subtilität des barocken Kolorits, durch die Perfektion der klassizistischen Ornamentierung durch die frühlingshafte Thematik einer Art Déco.

Die Haut hat sich über dem archaischen Impuls wieder geschlossen, die Leinwand als Membran tief unbewusster Vorgänge wirkt aufs Äußerste kultiviert durch die wie inszenierten harmonischen ( eine Analogie zur Musik ist terminologisch damit durchaus mit beabsichtigt) und perfekt ausgewogenen Kompositionen. Waltenberger spielt beharrlich sein Repertoire. Die beiden Fixkoordinaten werden jedes Mal von neuem wie Dogmen als dialektische Eckpfeiler des ästhetischen Systems festgeschrieben, um dazwischen immer virtuosere Freiräume aufzutun.

Der Bildgegenstand schlägt entsprechend den verschiedenen Werkgruppen um in Figur oder Grund – die Arbeiten stehen immer wieder überraschend selbstbewusst im Kontext ihrer Thematik, mehr aber noch als poetische Tableaus vor Augen. Immer deutlicher und darin paradoxer werden Gestus und Formfindung aus Spontaneität und vorbewusstem Erinnern in spielerisch verschränkte Bildschichten verwoben.

Zwar kommen die als Konturgebilde markierten Inhalte immer wieder in je komplexere Bewegung, werden weiter geschrieben am Fragment und als Zitate vielfältiger Lebenszusammenhänge akribisch ausformuliert, dennoch: Der Pendelausschlag zwischen Figur und Bildgrund findet beinahe vollkommene Ergebnisse, präzisiert in mehr Inhalt (an Form herangeführt) oder mehr Form (der Inhalt zitatenhaft – wie zu Beginn dieser Bildsprache – eingeschrieben wird). Die Kontur verliert sich im alchimistisch gebrauten Grund oder interpretiert diesen ironisierend. Die Gegenstände früherer Arbeiten und zahlreicher Studienblätter werden neu kombiniert: Krüge, Schalen, Sammelbehälter archaischer Erfindungen der Menschheit verbinden sich mit Menschenfiguren in ursprünglichen Gesten und Körperhaltungen. Energielinien der Verbindung und Kommunikation werden symbolisch gelenkt und ornamental verwoben, die Gegenstände selbst werden durchdrungen, wachsen weiter und spielen surreal , meist streng stilisiert eine räumliche Verschränkung durch;

Das Blatt wird zur Figur, die Figur zum Gefäß, in dem oder über dem halbtransparent wiederum die Frucht zu liegen (schweben) kommt. Kinder und Frauenfiguren bezeichnen an hintergründigen kompositorischen Positionen Eingänge in die sinnlichen Lustgärten des Bildgrundes. Die Gesten spontaner Liniengefüge werden in die immer komplexere Formensprache integriert; Symbole werden wie Mythen ausformuliert, schreiben idealisierte Alltagsgeschichten auf der Folie antiker Wandmalereien. Die roten und kupfern erdigen Bildgründe weichen den Moos und maigrünen, den grüngelben frühlingshaften und den immer dynamischer aufgerissenen, von Aktionen der Gravitation „gezeichneten“. Was plastisch herausgeformt wird aus der linearen Ebene, appelliert an besondere thematische Anerkennung. Die Zeichnung erscheint gebrochen oder gespiegelt um kompositorisch gelegte Horizonte, die Zeichnung selbst gewinnt subtile Sinnlichkeit in der jeweiligen Kontrastfarbe zum Bildgrund.

Obwohl ich immer wieder versucht bin, Bildinhalte als bloßen Vorwand zur Formbildung zu lesen, verstehe ich Waltenbergers Bildfindung mittlerweile als eminent „creativen“ Vorgang, als eine deutlich emotional besetzte archetypische Kalligraphie über dem permanent amorphen Motor des Triebhaft Vorbewusstes repräsentierenden Bildgrund – Höhlenmalerei im kulturhistorisch ursprünglichsten Sinn.

Bildgründe reißen auf, wie in der Aktion die dicke Lehmschicht um Waltenbergers Körper, wie in den vom Feuer erhellten Wänden in Rouffignac. Eingraviert oder darüber und dagegen markiert: Die ins Konturhafte reduzierten Symbole als animistischer Bann über eine organisch monochrome Materialität. Rituale der Verwobenheit von Mensch, Ding und Tier werden zitiert, nicht nachgeahmt in ihrer beinahe anonymen „modern“ reduzierten Konturensprache. Auf der Folie von Altamira und Lascaux erzählen die Diptychen und Triptychen Rätsel von sich stetig verfeinernder und differenzierter Originalität. Waltenberger löst seine Arbeit aus dieser Tiefe gegen Trends und zeitgeistige Eskapaden langsam ab zum Werk, das er immer entschiedener vorträgt.

Was ist Kunst? Der feine Unterschied.
Mozart hatte ebenfalls nur rund fünf Oktaven zur Verfügung – gleiches Recht für alle – sagt der Künstler auch in seinen Kursen – der Unterschied liegt in der Konsequenz und der daraus resultierenden Virtuosität.

Markus WaltenbergerBiografie
Ausstellungsübersicht.

Weiterführende Infos
zu Markus Waltenberger
finden sich auf seiner Homepage.

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