Nestroy pur beim Salzburger Straßentheater

Eine tropische Sommernacht brachte am 27. Juli 2013 vor allem die Schauspieler kräftig ins Schwitzen, denn Klaus Gmeiners Inszenierung von Johann Nestroys Posse mit Gesang „Liebesgeschichten und Heiratssachen“ fand in prachtvollen, konventionellen Kostümen statt.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Als vorteilhaft für das Verständnis dieser komplexen Komödie über Standesunterschiede zwischen Liebenden, erweist sich die Kürzung auf eine gute Stunde. Die Verwirrungen und Verwicklungen reichen auch für zwei Liebespaare völlig aus. Die Absichten des völlig abgebrannten Herrn „von Nebelstern“ sind klar: Nur eine Heirat mit der reichen Witwe Lucia Distel kann ihn retten.

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Fanny, das liebreizende Töchterlein des neureichen Herrn Fett, liebt hingegen den jungen Sekretär ihres Vaters wirklich von Herzen, doch auch diese Verbindung steht unter keinem guten Stern. Das unerwartete Auftauchen eines echten Barons, des Marcese Vincelli, führt zu den obligaten Verwechslungen und zieht Intrigen nach sich.

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Leo Braune überzeugt in der Rolle des windigen Heiratsschwindlers und Zechprellers Nebel mit durchtriebener Schlitzohrigkeit. Die aufkeimende Liebe zwischen Fanny und Alfred mit „nobler Intrige“ zu zerstören, bereitet ihm sichtlich großes Vergnügen. Hingerissen von seinem Charme wirft sich ihm Susanne Altschul als vermögende Lucia Distel an den Hals, bis sie seine Durchtriebenheit erkennen muss. Kerstin Raunig stellt in einer Doppelrolle ihre Wandlungsfähigkeit unter Beweis. Während sie als Stubenmädchen vorlaut und frech aufzutreten hat, hat sie es als Fanny nicht besonders leicht, sie muss lieben und leiden und das mit Inbrunst. Johannes Kaiser (Herr Fett), Ludwig Kaschke (Marcese Vincelli) und Wilfried Steiner (Wirt zum silbernen Rappen) beeindrucken als typische Nestroy-Figuren mit Wortwitz und beißender Ironie.

Szenenapplaus gab es für die von Walter Müller verfassten Couplets mit Salzburg-Bezug. Ob Poller, desaströse Finanzpolitik oder Pereira – niemand blieb verschont, sie alle bekamen zum Vergnügen des Publikums ihr Fett ab.

In einer so stimmigen, unverfälschten Fassung war Nestroy schon lange nicht mehr in Salzburg zu sehen. Bis 11. August 2013 ist das Ensemble noch in Stadt und Land Salzburg unterwegs. Man sollte die Möglichkeit nutzen und sich dieses satirische Sittenstück über falsche Barone, Heiratsschwindler und junge Liebende nicht entgehen lassen.

„Liebesgeschichten und Heiratssachen“ von Johann Nestroy. Inszenierung: Klaus Gmeiner. Ausstattung: Bernd Dieter Müller. Musik: Helmuth Gubi, Michael Hebenstreit. Mit: Susanne Altschul, Leo Braune, Johannes Kaiser, Ludwig Kaschke, Kerstin Raunig, Ferdinand Seebacher, Wilfried Steiner. Fotos: ©Wolfgang Lienbacher

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