„Soler-Trilogie“ – Gefangen im Netz der Spinne

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(c) TNRS Maria Stefanescu

Mit einem „Theaterhalbmarathon“, einer Koproduktion mit der Deutschen Abteilung am Nationaltheater RADU STANCA Sibiu/Rumänien, begeisterte am 15. Februar 2014 der künstlerische Leiter des Odeïon Kulturforums Salzburg, Reinhold Tritscher, das Publikum. Die drei surrealistisch geprägten Theaterstücke des katalanischen Erfolgsautors Esteve Soler reflektieren den Verlust der Menschlichkeit in der heutigen Gesellschaft mit viel schwarzem Humor.

Von Elisabeth Pichler.

Die Gäste aus Rumänien eröffnen den Abend mit „Gegen die Demokratie“, sieben kurzen, nicht miteinander verbundenen Szenen, in denen die Auswüchse unserer Zeit aufgezeigt werden. Die Situationen sind absurd und grotesk. Ein Ehepaar, gefangen im Netz der Spinne, erkennt zu spät seine fatale Situation. Fast unerträglich das Geschwätz zweier machtbesessener Politiker, die eine ganze Stadt ausgelöscht haben, um sie wirklich zu besitzen. Eine Familie feiert den 18. Geburtstag ihres Sohnes, nur um ihm endlich mitzuteilen, wie unerwünscht, unrentabel und überflüssig er sei. Die makabre Lösung dieser Fehlinvestition wird fürs Familienalbum festgehalten.

Zur Entspannung wurde das amüsante Stück „Gegen die Liebe“, eine Koproduktion des ES Theaters, Theaters ecce und des Odeïon Kulturforums Salzburg, vorgezogen, bevor es mit „Gegen den Fortschritt“, wieder ernst werden sollte. Jurij Diez, Gerard Es, Anna Paumgartner und Julia Urban begeistern in sieben kleinen Szenen, in denen die Liebe ad absurdum geführt wird. Das Bühnenbild, in raffinierter Guckkastenoptik, gibt anfangs den Blick auf ein Kasperltheater mit einer bitterbösen, herzlosen Prinzessin frei. Jurij Diez hingegen steht nach einem kleinen Streit mit seiner frisch angetrauten Gattin im wahrsten Sinne des Wortes vor den Scherben seines Glücks. Anna Paumgartner quälen andere Probleme, sie kann ihren Ex nicht loswerden, er hat sich bei ihr „eingenistet“. Ganz nahe ans Publikum rückt Gerard Es mit der berührenden Beichte eines Pornofilm-Casting-Direktors, den die „romantische Gerechtigkeit“ eingeholt hat.

Über missglückte Liebe lässt sich leichter lachen als über die wirklich großen Probleme, die in „Gegen den Fortschritt“ angesprochen werden. Trotz anfangs banaler Alltagssituationen lauert das große Unbehagen in jeder Szene. Wo bleibt die Humanität, wenn ein armes, hungerndes Kind aus Afrika plötzlich aus dem Fernseher steigt und mitten auf dem Couchtisch landet? Warum wird dem Schwerverletzten von der arroganten Passantin nicht geholfen? Der Firmenchef, der eine eigene Religion gründet und sich selbst zum Abgesandten Gottes macht, wirkt eigentlich gar nicht so surreal wie etwa der riesengroße Apfel, der ein ganzes Zimmer einnimmt und Adam und Eva schwer zu schaffen macht. Für den großen Showdown sorgt eine riesige Robbe, die sich gegen den Massenmord an den Robbenbabys rächt und einfach den Spieß umkehrt.

Es ist nicht verwunderlich, dass die „Gegen-Stücke“ in vielen Theatern Europas auf dem Spielplan stehen, denn Esteve Soler schafft es mit seinem hochpolitischen Text voll schrägem Humor und Übertreibungen, auf die Auswüchse unserer Zeit hinzuweisen. Eine düstere Zukunftsvision, die aufrüttelt, in dieser Überzeichnung aber unterhaltsam und amüsant ist. Am 23. Februar 2014 gibt es (ab 17 Uhr) noch einmal die Gelegenheit, alle drei Stücke an einem Abend zu genießen. Wer schwarzen Humor liebt, sollte sich diesen großartigen Theaterabend mit phantastischen Schauspielern aus Österreich und Rumänien nicht entgehen lassen.

„Gegen die Demokratie“ von Esteve Soler. Eine Produktion der Deutschen Abteilung am Nationaltheater RADU STANCA Sibiu/Rumänien. Inszenierung: Alexandru Dabija. Mit: Daniel Plier, Johanna Adam, Ali Deac, Emöke Boldizsar, Daniel Bucher, Wolfgang Kandler.

„Gegen die Liebe“ von Esteve Soler. Eine Koproduktion des ES Theaters, Theaters ecce und des Odeïon Kulturforms Salzburg. Inszenierung: Marie Hoppe. Ausstattung: Alois Ellmauer. Kostüme: Elisabeth Strauß. Mit: Jurij Diez, Gerard Es, Anna Paumgartner, Julia Urban.

„Gegen den Fortschritt“ von Esteve Soler. Eine Produktion der Deutschen Abteilung am Nationaltheater RADU STANCA Sibiu/Rumänien in Zusammenarbeit mit dem Theater ecce. Inszenierung: Reinhold Tritscher. Ausstattung: Alois Ellmauer. Kostüme: Elisabeth Strauß. Live-Musik: Dorin Pitariu. Mit: Johanna Adam, Daniel Bucher, Daniel Plier, Wolfgang Kandler.

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