Die „Schachnovelle“ als mitreißender Boxkampf

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Petra Schönwald hat Stefan Zweigs Novelle, die erst nach seinem Tode 1942 veröffentlich wurde, als spannungsgeladenes Theaterstück dramatisiert und als große „Challenge“ inszeniert. Ein heißer Tipp, nicht nur für junges Publikum (empfohlen ab 14 Jahren).

elipi_aVon Elisabeth Pichler.

An Bord eines Passagierdampfers von New York nach Südamerika langweilt sich der wohlhabende Ölmagnat McConnor und so fordert er den amtierenden Schachweltmeister Mirko Czentovic heraus, einen ansonsten beschränkten Bauernjungen aus dem Banat. 250 Dollar ist ihm das Vergnügen wert. Durch das Eingreifen und Einmischen eines zufällig im Rauchsalon vorbeikommenden Passagiers gelingt es ihm, aus der zweiten Partie ein Remis herauszuholen. Der geheimnisvolle Dr. B. behauptet, seit 25 Jahren nicht mehr Schach gespielt zu haben. Aufklärung bringt seine Lebensgeschichte. Als Gefangener der Gestapo saß er im Wiener Hotel Metropol in Isolationshaft. Er fühlte sich wie „ein Taucher unter einer Glasglocke“, es gab nicht zu sehen, nichts zu hören, nichts zu tun. Er drohte, dem Wahnsinn zu verfallen. Rettung brachte ein Buch, das er entwenden konnte. Es handelte sich dabei um eine Sammlung berühmter Schachpartien. Nachdem er alle Partien auswendig konnte, begann er, neue Partien gegen sich selbst zu erfinden, indem er zwei unabhängige geistige Instanzen schuf. Dies führte zu einer Persönlichkeitsspaltung. Ein ihm wohlgesinnter Arzt diagnostizierte Unzurechnungsfähigkeit und rettete ihm so das Leben. Dr. B. lässt sich zu einer Partie Schach gegen den Weltmeister Czentovic überreden, obwohl er noch nie gegen einen realen Gegner gespielt hat. Er will nur eine einzige Partie als Schlussstrich.

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Magnus Pflüger als selbstbewusster „Selfmademan“ und Nenad Subat als perfekt funktionierender Maschinenmensch sitzen sich im Rauchsalon gegenüber und spielen Schach. Das Auftauchen von Teo Helm als Dr. B. bringt Bewegung in den vorhersehbaren Spielverlauf. Anfangs ruhig und besonnen, schafft er es im Laufe seiner Lebensbeichte, sämtliche Emotionen und Gefühle, die ihn im Rahmen seiner Isolationshaft zu schaffen machten, auszudrücken. Beängstigend sein Stimmungswechsel während der Schachpartien. Erst völlig entspannt, locker und leicht überheblich, ändert sich sein Verhalten dramatisch, als er unter Druck gerät.

Tobias Kreft hat in einem Boxring ein schwarz-weißes Universum geschaffen, das sowohl die endlose Weite des Ozeans als auch die Enge und Ausweglosigkeit einer Zelle vermittelt. Die musikalische Untermalung (Georg Brenner) steigert die spannungsgeladene Atmosphäre. Schülerinnen und Schüler können sich auf eine flotte Inszenierung mit überraschenden Showelementen freuen, so wird Schullektüre zum großen Theatererlebnis.

„Schachnovelle“ – von Stefan Zweig. Fassung: Petra Schönwald. Regie: Petra Schönwald. Ausstattung: Tobias Kreft. Musik: Georg Brenner. Dramaturgie: Alina Spachidis. Mit: Theo Helm, Magnus Pflüger, Nenad Subat. Bildnachweis: Tobias Kreft

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