„Jägerstätter“ – kritisches Volkstheater in Holzhausen

Foto: Hannelore Kirchner | Bildbearbeitung: © Karl Traintinger

Im Theater Holzhausen feierte Felix Mitterers fesselndes Drama über den Innviertler Bauern Franz Jägerstätter, der 1943 den Kriegsdienst verweigerte und wegen Wehrkraftzersetzung hingerichtet wurde, am 25. Oktober 2014 Premiere. Imponierende Vergangenheitsbewältigung, großartig inszeniert von Matthias Hochradl.

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Von Elisabeth Pichler

Die Benachrichtigung von der Hinrichtung ihres Gatten nimmt Franziska Jägerstätter scheinbar gelassen entgegen. Versteinert vor Gram und Schmerz muss sie sich die Schmachreden anhören, die von allen Seiten auf sie niederprasseln: „Betschwester!“ „Mörderin!“ „Sie ist schuld, sie hat ihn umgebracht!“

Alle greifen sie an, einzeln und im Chor. In Rückblenden verfolgen wir die Lebensgeschichte des streitbaren, sturen „Hena-Bauern“ (Hühnerbauern) aus St. Radegund. Seine Mutter verbietet ihm, die schwangere Theresia zu heiraten, weil sie nur eine Stalldirn ist.

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Franz arbeitet viel und liest gerne, ein Außenseiter und Eigenbrötler, der nie richtig dazugehört. Als er den Hof übernehmen kann, heiratet er die tugendhafte Franziska und fährt mit ihr auf Hochzeitsreise nach Rom, nicht wie üblich nach Mariazell oder Altötting.

Das gefällt dem einfachen Volk ganz und gar nicht. Als er es wagt, einen Kinderwagen durch das Dorf zu schieben, macht er sich völlig lächerlich, man ist sich einig: „Jetzt spinnt er komplett!“

Dem Nationalsozialismus steht er von Anfang an skeptisch gegenüber und so stimmt er bei der Volksabstimmung über den Anschluss Österreichs als Einziger im Dorf mit „Nein“. Als er die Einberufung zur Wehrmacht verweigert, wird er verhaftet, nach Berlin gebracht und dort zum Tode verurteilt. Alles gute Zureden vonseiten seiner Frau und der wenigen verbliebenen Freunde nutzt nichts, er lässt sich nicht verbiegen. Er wird er am 9. August 1943 hingerichtet. Lange Zeit als Feigling und Verräter angesehen, spricht ihn die römisch-katholische Kirche 2007 selig.

Matthäus Lang überzeugt als Gedichte schreibender Bauer Jägerstätter, als Sonderling, dessen Gewissen kein Erbarmen kennt. Waltraud Hochradl als seine Gattin Franziska erträgt stoisch die Anfeindungen, denen sie ständig ausgesetzt ist. Die Dorfgemeinschaft, die oft im Chor über die beiden herfällt, macht ihnen das Leben schwer. Hart und unnachgiebig Christa Landrichtinger als Jägerstätters kraftvolle Mutter und Silvia Reubel als verlassene Kuhmagd. Stefan Adamski vertritt als Bischof von Linz die zweifelhafte Stellung der Kirche gegenüber dem Nationalsozialismus.

Viele der eindrucksvollen Szenen in dieser rundum gelungenen Inszenierung von Matthias Hochradl werden noch lange in Erinnerung bleiben. Ein starkes Stück, eine zutiefst berührende Aufführung, eine großartige Ensembleleistung.

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„Jägerstätter“ – eine Lebensgeschichte von Felix Mitterer. Regie: Matthias Hochradl. Licht: Wolfgang Schweinsteiger, Richard Harfmann. Kostüme & Ausstattung: Franziska Zauner. Mit: Matthäus Lang, Waltraud Hochradl, Christa Landrichtinger, Silvia Reubel, Stefan Adamski, Florian Patsch, Mattias Hochradl, Gunther Boennecken, Andreas Meier, Fritz Niederreiter, Hermann Seidl, Johann Patsch. Fotos: Hannelore Kirchner

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