„Das doppelte Lottchen“ – als die Mädchen noch knicksten

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Erich Kästners Kinderbuchklassiker aus dem Jahre 1949 begeisterte bei der Premiere am 7.11.2014 vormittags um 11 Uhr ein mit erwartungsvollen, aufgeregten Schulkindern voll besetztes Haus. Das Salzburger Landestheater war erfüllt von jugendlichem Enthusiasmus, Gelächter und tosendem Applaus.

elipi_aVon Elisabeth Pichler.

Bereits die kleine Eisenbahn, die Richtung Seebühl am Bühlsee unterwegs ist, sorgt für große Begeisterung im Publikum. In dem idyllischen bayerischen Örtchen singen und tanzen die Kinder im Ferienheim, bis das gestrenge Fräulein Muthesius die jungen Damen zur Ordnung ruft. Die Ankunft einer „Neuen“, der kleinen, schüchternen Lotte aus München, sorgt für Unruhe, denn sie sieht genauso aus wie die wilde, selbstbewusste Luise aus Wien. Nach anfänglichen Feindseligkeiten kommen sich die beiden näher. Sie finden heraus, dass sie Zwillinge sind, die kurz nach ihrer Geburt infolge der Scheidung ihrer Eltern getrennt wurden. Die zwei Schwestern wollen nicht einsehen, dass andere für sie Schicksal spielen, und beschließen einen Familientausch. Obwohl sie sich gut vorbereitet zu dem jeweils unbekannten Elternteil aufmachen, sind Komplikationen vorprogrammiert. Während die verwöhnte Luise bei ihrer berufstätigen Mutter plötzlich hausfrauliche Pflichten übernehmen soll, sieht sich die brave Lotte mit einer betrügerischen Haushälterin und einer arroganten Geliebten ihres Vaters konfrontiert. Ist das waghalsige Experiment zum Scheitern verurteilt?

Hanna Kastner (Luise Palfy) und Tina Haas (Lotte Körner), dank blonder Perücke von verblüffender Ähnlichkeit, begeistern durch kindliche Natürlichkeit in Gestik und Mimik und präsentieren dank ihrer fundierten Musicalausbildung souverän und schwungvoll die von Johannes Pillinger arrangierten Musikeinlagen. Claudia Carus, erst strenge Erzieherin, versucht als mondänes Fräulein Gerlich, den Herrn Kapellmeister Palfy (Gero Nievelstein) zu umgarnen, während Eva Christine Just, die resche Köchin in Seebühl, als Haushälterin gerne etwas vom Wirtschaftsgeld für sich abzweigt.

Riesige Postkarten beherrschen das Bühnenbild (Ausstattung: Manuela Weilguni). In Seebühl versteckt sich dahinter das gemeinsame Schlafzimmer der Mädchen. Der ständige Szenenwechsel zwischen München und Wien wird ebenfalls geschickt durch Postkarten gelöst, die sich wie ein Puppenhaus öffnen lassen: Rechts der noble Junggesellenhaushalt in Wien, links die armselige Küche der ständig überforderten alleinerziehenden Mutter. Darüber thront die Geliebte in der Mansarde bzw. der Herr Kapellmeister in seinem Atelier.

In den 50er-Jahren war so einiges anders. Die fröhlichen jungen Mädchen machten bei jeder Gelegenheit einen netten Knicks, hatten keine Ahnung von Handys und Selfies und mussten deshalb für Fotos, einen Fotografen in seinem Atelier aufsuchen. Die Problematik von Scheidungskindern sowie der Wunsch von Kindern nach einer heilen Familie sind hingegen nach wie vor aktuell. Das leicht nostalgisch anmutende Kinderstück begeistert in der Bühnenfassung des Regisseurs Kurt Schrepfer mit flotten Musikeinlagen und exakten Choreografien, pures Vergnügen für Jung und Alt.

„Das doppelte Lottchen“ – nach dem Roman von Erich Kästner. Bühnenfassung und zusätzliche Liedtexte von Kurt Schrepfer. Inszenierung und Choreographie: Kurt Schrepfer. Musikalische Einstudierung und Arrangements: Johannes Pillinger. Ausstattung: Manuela Weilguni. Mit: Hanna Kastner, Tina Haas, Gero Nievelstein, Hildegard Starlinger, Eva Christine Just, Claudia Carus, Axel Meinhardt, Carina Thurner, Franziska Weber, Elisa Afie Agbaglah, Lena Bratka, Jessica Brantsch. Fotos: SLT/Christina Canaval

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