„Imago“ – erotische Spannung im Keller

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In Ulrich Hubs klugem Zweipersonenstück kommt es zwischen einer Frau (Elisabeth Nelhiebel) und einem Mann (Jurij Diez) zu einem erbitterten Geschlechterkampf. Die intensiven, doppelbödigen Dialoge schaffen es, das Publikum zu verunsichern. Eindeutige Antworten werden nicht geliefert, aber viel Stoff zum Nachdenken. Premiere war am 11. November 2014 im Kleinen Theater.

elipi_aVon Elisabeth Pichler.

Ein erfolgloser Schriftsteller entwickelt im Keller seine Filme, das Babyphone als treusorgender Vater und Ehemann stets griffbereit. Als überraschend die beste Freundin seiner Gattin auftaucht, bietet er ihr höflich ein Glas Wein an und versucht sich in Small Talk. Erst bewundert sie seine Fotos, doch dann entdeckt sie Bilder seiner Gattin, einer erfolgreichen Geschäftsfrau, die diese bei erotischen Abenteuern mit fremden Männern zeigen. Sie ist schockiert, findet die Bilder skandalös und abstoßend, doch zunehmend üben diese auch eine erregende Faszination auf sie aus. Die Gespräche über die sexuellen Eskapaden der Ehefrau führen zu erotischen Spannungen. Ein gefährliches Spiel, in dem es um Verlangen und Erniedrigung geht, beginnt. Der Mann scheint sich anfangs mit seinem Los als gehörnter Haus- und Ehemann abgefunden zu haben, doch die Frau stichelt. „Die peinlichen Momente, in denen man gedemütigt wird, vergisst man nicht.“ Sie versucht die Hintergründe der erotischen Abenteuer der Ehefrau zu hinterfragen, sieht sie als Nachweis seiner Unfähigkeit, deren Bedürfnisse zu befriedigen. Kein Wunder, dass der Mann nach und nach die Nerven verliert, dass die Situation zu eskalieren droht.

Elisabeth Nelhiebel und Jurij Diez gelingt es durch ihr intensives Spiel, eine dichte, fast beängstigende Atmosphäre zu schaffen, in der alles möglich erscheint. Die Mischung aus sexueller Obsession, Angst und Einsamkeit erzeugt Spannung, aber auch Verunsicherung. Ist sie wirklich nur eine gute Freundin der Ehefrau oder handelt es sich um eine geschickt getarnte Paartherapie?

Michael Kolnberger, Spezialist für anspruchsvolle Stücke, schafft es mit dieser kraftvollen, erschreckend realistischen Inszenierung, das Publikum in seinen Bann zu ziehen, aufzurütteln und zu verunsichern. Die kleinen, sehr unterschiedlichen Szenen des Dramas wird wohl jeder anders zusammensetzen und interpretieren. Eine eindeutige Lösung soll und wird es nicht geben. Spannende, fesselnde 75 Minuten sind garantiert.

„Imago“ – von Ulrich Hub. Produktion: theater.direkt. Inszenierung: Michael Kolnberger. Raum: Arthur Zgubic. Mit: Elisabeth Nelhiebel und Jurij Diez. Fotos: Piet Six

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