Krieg. Stell dir vor, er wäre hier

Ein Schreckensszenario

Die Theatergruppe MAZAB, Spezialist für anspruchsvolle Stücke und brisante Themen, bringt Janne Tellers Essay über die Schrecken des Krieges, über Flucht und Vertreibung als Monolog auf die Bühne. Elisabeth Nelhiebel erzählt eine bewegende Geschichte aus der Perspektive eines 14-jährigen Jungen. Die Premiere fand am 20. Jänner 2014 im Studio der ARGEkultur statt.

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Von Elisabeth Pichler

Die Europäische Union ist zusammengebrochen, es herrscht Krieg. Eindringlich, doch nüchtern werden die verheerenden Zustände in Österreich aus der Sicht eines jungen Mannes geschildert. Das einst schöne Haus seiner Familie ist zerstört, sie lebt nun im feuchten Keller. Geschwächt durch Hunger und Kälte ist die Mutter schwer erkrankt, die Schwester wurde durch Granatsplitter verletzt. Der Junge hat ständig Angst vor den Raketen und Bomben und möchte nur weg von hier.

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Elisabeth Nelhiebel
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Elisabeth Nelhiebel

In der arabischen Welt hingegen herrscht Frieden, doch niemand will die dekadenten Bürger aus dem Norden, die keine harte Arbeit gewohnt sind, aufnehmen.

Der gefährliche und teure Flüchtlingstransport bringt die Familie schließlich nach Ägypten in ein Flüchtlingslager. Das Asylverfahren zieht sich hin, es gibt nichts zu tun, keine Schule, keine Arbeit.

Zwei Jahre später, zwei verlorene Jahre später, wird der Junge mit seiner Familie nach Assuan geschickt. Dort sieht sich sein Vater, in der Heimat Geschichtsprofessor, gezwungen, in einem Bazar selbstgemachten Kuchen zu verkaufen. Die Hoffnung auf ein Ende des Krieges in Europa und eine Rückkehr nach Österreich bleibt.

Mit nur wenigen Requisiten gelingt es Regisseur Markus Steinwender eindrucksvoll, das Grauen und die ständige Angst, die ein Krieg nach sich zieht, aufzuzeigen. Durch Absperrbänder wird das Publikum in das Flüchtlingslager mit eingeschlossen, die endlose Wartezeit auf die Aufenthaltsgenehmigung wird, wie in einem Gefängnis, mit Strichen an der Wand markiert. Ein Tagebuch hilft dabei, sich an das Leben vor dem Krieg zu erinnern.

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Eine Horrorvision, vom Wohlstandsbürger zu einem Menschen dritter Klasse abzurutschen. Wie kämen wir mit dem Verlust der Heimat, dem Verlust der Würde zurecht? Ein beklemmendes Stück für Jugendliche ab 12 Jahren und Erwachsene. Der Perspektivenwechsel zwingt zum Nachdenken.

Janne Teller: 1964 in Kopenhagen geboren, arbeitete als Konfliktberaterin der EU und UNO in aller Welt, besonders in Afrika. Seit 1995 widmet sie sich ganz dem Schreiben und lebt heute in New York und Berlin. Für ihr literarisches Schaffen wurde Janne Teller vielfach ausgezeichnet. In ihrem Werk, das neben Romanen für Erwachsene auch Essays, Kurzgeschichten und Jugendbücher umfasst, kreist sie stets um die großen Fragen im Leben und löst mit gesellschaftskritischen Themen nicht selten stürmische Debatten aus. Janne Tellers Literatur ist in 25 Sprachen übersetzt.

Regisseur Markus Steinwender
Regisseur Markus Steinwender

„Krieg. Stell dir vor, er wäre hier.“ – Stück von Janne Teller. Salzburger Erstaufführung. Regie & Bühne: Markus Steinwender. Kostüm & Bühne: Leonie Reese. Dramaturgie & Bühne (Fotobilder): Peter Malzer. Mit: Elisabeth Nelhiebel. Fotos: ARGEkultur/ Regisseur Markus Steinwender • Foto (c) Wolfgang Lienbacher

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