“Rausch der Macht” – Premiere im Schauspielhaus

Foto: Eva-Maria Griese

Korrupte Wirtschaftsbosse, überbezahlte Spitzenmanager und die “völlig normale” Veruntreuung öffentlicher Gelder: Was an aktuelle Schlagzeilen erinnert, ist Inhalt eines Theaterstücks, das derzeit im Salzburger Schauspielhaus aufgeführt wird. Um es vorweg zu nehmen: Die gerichtliche Verfolgung der Wirtschafts-Kriminellen verläuft auf der Bühne ebenso im Sand wie im normalen Leben – und wer zuletzt lacht, ist der mit dem meisten Geld in der Tasche.

Foto: Eva-Maria Griese

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Ingrid Kreiter.

Foto: Clemens Kois

Foto: Clemens Kois

“Rausch der Macht” basiert auf dem bekannten Film von Claude Chabrol, der 2006 unter dem deutschen Titel “Geheime Staatsaffären” auf der Berlinale zu sehen war. Regisseur Christoph Batscheider hat den brandaktuellen Stoff für die Bühne adaptiert.
Wie im Film geht es auch auf der Bühne um weit mehr als eine Gesellschaftsstudie: Vor allem wird das Proträt einer hartnäckigen Ermittlungsrichterin gezeichnet, die unnachgiebig versucht, zuerst Recht und dann immer mehr ihren Willen durchzusetzen. Ulrike Arp gibt überzeugend die Jeanne Charmant-Killman, die die Entschuldigungen der Bosse durch durch bissige Kommentare entlarvt und ins Lächerliche zieht. Unerschrocken legt sich die Juristin mit den Mächtigen aus obersten Kreisen an, zeigt sich unbeeindruckt von Geld und Einfluss, kämpft für den schönen Grundsatz “Gleiches Recht für alle”. Nach ersten Erfolgen und Verhaftungen erliegt allerdings auch sie dem “Rausch der Macht”.

Georg Reiter als gejagter Unternehmens-Vorstandsvorsitzender wirkt auf der Bühne genau so, wie man sich einen korrupten Wirtschaftsunternehmer im wahren Leben vorstellt. Arrogant pocht er darauf, aus der U-Haft entlassen zu werden; Er habe eine Hautkrankheit und sei deshalb nicht haftfähig. Immerhin scheint der ehemalige Wirtschaftsboss seine Taten zu bereuen, als er der Untersuchungsrichterin in einer der letzten Szenen an Depressionen leidend auf dem Krankenhausflur begegnet. Jeanne Charmant-Killmann ist in der Klinik, weil ihr Mann (Olaf Salzer fügt sich brillant in die Rolle des verzagten, verklemmten Ehemanns) sich aus dem Fenster gestürzt haben soll – oder gar gestürzt worden ist?
Das Theaterensemble kann insgesamt überzeugen: Philip Leenders lebt als Neffe der Richterin großartig unbeschwert in den Tag hinein, Benjamin Lang ist ein Richtergehilfe wie aus dem Lehrbuch. In der Rolle der Erika Eymard bringt Ute Hamm den notwendigen Pfeffer auf die Bühne und auch Harald Fröhlich, Antony Connor und Constanze Passin gefallen.

Doch das Beste ist das Bühnenbild: Tobias Kreft hat es geschafft, vier Ebenen harmonisch ineinander zu schachteln. Ganz vorne das Gerichtszimmer, eine Stufe höher und weiter nach hinten versetzt die Privaträume der Richterin. Der dritte, dunkel geflieste Raum wird je nach Bedarf als Krankenhausflur oder U-Bahn-Haltestelle genutzt und überzeugt wunderbarerweise in beiden Funktionen. Besonders ausgeklügelt aber ist die vierte Ebene, von der aus die Vorsitzenden großer Konzerne über Posten, Millionen und Recht entscheiden. Wenn sich von Zeit zu Zeit die Schiebetür öffnet und den Blick freigibt auf eine teure Ledercoutch und die in Maßanzüge gekleideten Beine der Wirtschaftsbosse, dann hat das mehr als nur ästhetische Wirkung. Geschickt und originell bringt Kreft es auf den Punkt: Die, die in der Vorstands-Etage sitzen und “exzellenten Armagnac” schlürfen, sind anonym, ihr Gesicht kennt man nicht. Die wirklich Wichtigen stehen über den Dingen und befinden sich vor allem weit außerhalb der Reichweite des langen Arms der Justiz.

Fazit: Batscheider hat ein gefälliges, unaufregendes Stück über Korruption, Veruntreuung und die gerichtliche Verfolgung von Wirtschaftskriminalität auf die Bühne gebracht. Leider hat er sich bei der Adaption zu eng an die filmische Vorgabe gehalten. Denn hier könnte das Theater dem Kino etwas voraus haben. Während ein Film nach seiner Fertigstellung nicht mehr verändert werden kann, ist Theater ein Prozess. Seitenhiebe auf aktuelle Geschehnisse können laufend eingebaut werden. Diese Seitenhiebe fehlen leider völlig, dabei gäbe es gerade auch in der österreichischen Staats- und Privatwirtschaft im Moment gar einiges zu kritisieren. Ein bissiger Kommentar hier und da hätte den Abend sicher vergnüglicher gemacht.

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