Mit einer skurril-absurden Reise ins Unbekannte, die unsere Vorstellung von der fremden Wildnis hinterfragt, startet die Kooperation des Salzburger Landestheaters mit dem Thomas Bernhard Institut der Universität Mozarteum Salzburg. Das mit dem Nestroy-Preis ausgezeichnete Stück des Autors Wolfram Lotz scheint wie geschaffen für die sieben Schauspielstudenten des dritten Studienjahres. Die Premiere fand am 14. November 2015 in den Kammerspielen statt.
Von Elisabeth Pichler
Im Prolog bittet vor dem Hamburger Landgericht ein wegen Piraterie angeklagter, recht sympathischer „schwarzer Neger aus Somalia“ um Verständnis. Die äußeren Umstände in seinem Heimatland hätten ihm keine andere Wahl gelassen, als ein Diplomstudium der Piraterie zu absolvieren. Zwar habe er mit Auszeichnung bestanden, doch in der Praxis kläglich versagt. Dann geht es in einem Patrouillenboot den Hindukusch hinauf, mitten ins Kriegsgebiet, in die Regenwälder Afghanistans. Nur Hauptfeldwebel Pellner kennt Sinn und Zweck dieser Reise: die Liquidierung eines durchgedrehten Oberstleutnants.
Der biedere Unteroffizier Stefan Dorsch darf das Boot zwar steuern, ansonsten hat er nichts zu sagen und auch nichts zu fragen. Sie erreichen ein Lager, in dem der italienische UNO-Offizier Lodetti das Kommando hat. Dieser sieht es als seine wichtigste Aufgabe an, die Eingeborenen zu zivilisieren. Weggeworfener Müll lässt ihn ausrasten. Wieder am Fluss treffen Pellner und Dorsch auf einen serbischen Händler, der das traurige Schicksal seiner Familie zum Geschäftemachen missbraucht.
Nächste Station ist eine Buschmission, in der ein schleimiger, äußerst dubioser Missionar seine bekehrten Schäfchen singen, tanzen und beten lässt. Bevor sie endlich das Ziel ihrer Reise erreichen, müssen sie sich noch die abstrusen Geschichten eines sprechenden, Popcorn mampfenden Papageis anhören.
Gleich zu Beginn des Stücks hat Dominik Puhl seinen großen Auftritt mit dem eindringlichen Monolog des Piraten aus Somalia. Rebecca Seidel leitet im streng korrekten Sekretärinnen-Outfit als Hauptfeldwebel Pellner die gefährliche Mission und führt als eine Art Erzählerin durch die absurde Handlung. Ihren melancholischen Begleiter (Wolf Danny Homann) lässt sie kaum zu Wort kommen.
Caner Sunar darf als Lodetti glänzen. Er erzählt wirre Geschichten aus seiner Kindheit und ist ständig knapp davor überzuschnappen. Auch Niklas Maienschein als serbischer Händler wartet mit einer eigenwilligen Geschichte auf, bevor er als Papagei fast an einer Überdosis Popcorn erstickt. Sergej Czepurnyi überzeugt als Missionar mit aufgesetzter Scheinheiligkeit. Martin Esser als Deutinger muss lange auf seinen großen Auftritt waren. Der passende Urwaldsound wird mit einfachsten Mitteln live hergestellt.
Catja Baumann hat selbst am Mozarteum ein Regiestudium absolviert und bringt nun mit sieben überaus talentierten Schauspielstudenten Wolfram Lotz‘ Persiflage auf den Horror dieser Welt auf die Bühne. Bewundernswert, mit welch gespielter Naivität die jungen Darsteller ihren Rollen Glaubwürdigkeit verleihen. Die jammervollen Schicksale der Piraten, Kriegsopfer, Soldaten, Händler oder Prediger gehen unter die Haut, auch wenn sie in ihrer Überzeichnung als groteske Parabeln zu verstehen sind.
Ein ungewöhnlich kraftvolles Stück voll greller Komik, in dem es um das Verstehen bzw. Nichtverstehen des Fremden, des Exotischen, aber auch des eigenen Ichs geht. Die Kooperation des Salzburger Landestheaters mit dem Thomas Bernhard Institut der Universität Mozarteum Salzburg erweist sich als vielversprechend und soll in der nächsten Spielzeit fortgesetzt werden. Man darf gespannt sein.
„Die lächerliche Finsternis“ von Wolfram Lotz. Eine Kooperation mit dem Studiengang Schauspiel und Regie am Thomas Bernhard Institut/Universität Salzburg. Inszenierung: Catja Baumann. Ausstattung: Katja Schindowski. Mit: Dominik Puhl, Rebecca Seidel, Wolf Danny Homann, Caner Sunar, Niklas Maienschein, Sergej Czepurnyi, Martin Esser. Fotos: Anna-Maria Löffelberger
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