„Ein Kind unserer Zeit“ – das Militär als Rettung?

Foto (c) Nadesha Diring

Ödön von Horváths 1938 posthum erschienener Roman spielt in der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts. In der dramatisierten Fassung steht Max Pfnür als junger Mann auf der Bühne und erzählt schonungslos von seinem verpfuschten, ideologisch fehlgeleiteten Leben. Der beklemmende Monolog wurde bei seiner Premiere am 6. 5. 2016 in der ARGEkultur stürmisch gefeiert.

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Von Elisabeth Pichler

Jahrelang war der junge Mann arbeitslos und der Wohlfahrt übergeben. Er ging lieber stehlen als betteln, wurde zum Glück jedoch nie erwischt. Es waren trübe Jahre, doch heute ist alles anders:

„Ich bin Soldat. Jetzt hat mein Dasein plötzlich wieder Sinn! Ich war ja schon ganz verzweifelt, was ich mit meinem jungen Leben beginnen sollte. Die Welt war so aussichtslos geworden und die Zukunft so tot. Ich hatte sie schon begraben. Aber jetzt habe ich sie wieder, meine Zukunft, und lasse sie nimmer los, auferstanden aus der Gruft!“

Er genießt die Manöver. Der Krieg ist für ihn ein Naturgesetz, er kann es kaum erwarten, dass es endlich losgeht. Als es jedoch ernst wird, ist es mit der Begeisterung schnell vorbei. Bei dem Versuch, sein großes Vorbild, den strengen und gerechten Hauptmann, zu retten, wird er selbst verletzt. Er kommt ins Lazarett und landet schließlich wieder bei seinem Vater, einem Veteranen und absoluten Kriegsgegner, in dessen winziger Wohnung. Der Abschiedsbrief des Hauptmanns, den er dessen Witwe übergibt, öffnet ihm die Augen. Ihm wird klar, dass sich dieser schon lange vor dem Vaterland, das ihn zum Mörder, Räuber und Verbrecher werden ließ, geekelt hatte. Der Versuch, ein Mädchen wiederzufinden, das er kurz vor Kriegsbeginn auf einem Jahrmarkt kennengelernt hatte, endet tragisch.

Michael Pfnür hat zwei schiefe Holzebenen auf der Bühne platziert, die zwar etwas Schutz und Deckung bieten, jedoch keinerlei Sicherheit. Hier hockt zu Beginn eine armselige, gequälte, zitternde Kreatur. Plötzlich richtet sie sich mi…

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