„Bungee Jumping oder Die Geschichte vom goldenen Fisch“

Illustration © Arthur Zgubic

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Michael Kolnberger inszeniert in der ARGEkultur den preisgekrönten, märchenhaften Psychothriller des estischen Autors Jaan Tätte als Salzburger Erstaufführung. Dem Premierenpublikum wurde am 14. September 2016 die menschliche Verführbarkeit mit Ironie und schwarzem Humor eindrucksvoll vor Augen geführt.

elipi_aVon Elisabeth Pichler

Roland und Laura haben sich verlaufen. Wie Hänsel und Gretel irren sie verängstigt durch einen finsteren Wald. Sie treffen auf den einsamen Fischer Osvald, der sie einlädt, sich bei ihm aufzuwärmen und die Nacht in seiner Hütte zu verbringen. Bald schon wird die Idylle durch ein fatales Angebot des Gastgebers gestört. Roland soll eine Milliarde Dollar erhalten, wenn er auf Laura verzichtet, und Laura drei Milliarden, wenn sie sich bereit erklärt, bei Osvald zu bleiben. Die Liebe der Beiden ist zwar stark, doch der Gewissenskonflikt gewaltig. Werden sie der Aussicht auf solchen Reichtum widerstehen können? Dabei stellt sich die Frage, woher Osvald wohl dieses gewaltige Vermögen hat? Kann man der Geschichte vom goldenen Fisch überhaupt Glauben schenken? Ist Osvald ein Psychopath oder nur ein Träumer? Angeblich wollte er sich vom goldenen Fisch nur Liebe wünschen. Im entscheidenden Moment siegte jedoch die Gier und er verlangte vier Milliarden Dollar. Er musste jedoch feststellen, dass man Glück und Liebe nicht kaufen kann.

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Arthur Zgubic hat die Bühne des Studios in der ARGEkultur unter Wasser gesetzt. Kein Wunder, dass Roland und Laura, als sie durch den Wald irren, nasse Füße bekommen. Selbstgefällig sitzt Osvald vor seiner Hütte bzw. auf seinem Tisch und erschreckt erst Mal das junge Pärchen. Jurij Diez genießt in der Rolle des steinreichen, doch einsamen Fischers seine Macht. Mit süffisantem Lächeln beobachtet er seine ängstlich zitternden Gäste, die sich fühlen als hingen sie an einem Bungee-Seil. Die Entscheidung, ob sie das Risiko eingehen sollen, wird ihnen nicht leicht gemacht. Wolfgang Kandler als Roland und Larissa Enzi als Laura geraten durch das unmoralische Angebot schwer unter Druck. Die emotional aufgeheizte Stimmung wird durch einen zwar singenden, doch überaus brutalen Pizzaboten (Bina Blumencron), der nach den Dollars giert, verschärft.

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Regisseur Michael Kolnberger schätzt experimentelle Stücke, die etwas aus dem Rahmen fallen. Als faszinierend in „Bungee Jumping“ erweist sich die Mischung aus Märchen, Psychothriller und Krimi sowie das raffinierte Wechselspiel zwischen den Realitäten. Bewundernswert der Einsatz der Schauspieler, die nicht nur 70 Minuten lang durch das mit kaltem Wasser gefüllte Becken waten, sondern sich im Eifer des Gefechts auch fallen lassen und Robben gleich zu schwimmen versuchen. Ein hinreißender, absolut sehenswerter Theaterabend, der die Frage aufwirft: Ab welcher Summe ist der Mensch käuflich?

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„Bungee Jumping oder Die Geschichte vom goldenen Fisch“ von Jaan Tätte. Eine Produktion von theater.direkt in Kooperation mit der ARGEkultur Salzburg. Salzburger Erstaufführung. Inszenierung: Michael Kolnberger. Raum/Bühne: Arthur Zgubic., Licht: Gunther Seiser. Musik: Nick Cave and the Bad Seeds, „Murder Ballads“. Mit: Bina Blumencron, Jurij Diez, Larissa Enzi, Wolfgang Kandler. Fotos: ARGEkultur/ Piet Six

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