Helmut Junger: Robert C. Rore

Robert C. Rore wurde 1954 in Berchtesgaden geboren. Der Umgang mit Bildern war ihm jedoch seit seiner Kindheit vertraut. Sein Vater arbeitete als Maler, Dekorateur und Werbemann für diverse Kaufhäuser. Später übernahmen seine Eltern ein Gasthaus in München und er wechselte „vom Schuttplatz der Geschichte – die Ruinen des Obersalzbergs waren die ersten Spielplätze, an die ich mich erinnere – in die deftige Essenswelt bayerischer Wirtshäuser.“ Es scheint vielleicht etwas verwegen, jetzt auf die kunsthistorische Paradeepoche Bayerns hinzuweisen, das hervorragende bayerische Rokoko als phantastische Spielwiese des lustvollen Umgangs mit Raum und Sphäre, versetzt mit einer sehr irdischen „Lust“ am Genuß. Aber es ist dennoch ein Sinnbezug, der mir beim Betrachten der Bilder und ihres Malers immer wieder in den Sinn kommt. Und glauben Sie mir, Rores Stimme („Grüß’ Sie Gott; Herr Junger!“) und sein kräftiger Händedruck verlangen schon nach einen festen Stand seines Gegenübers. Gerade diese heftige und lebensfrohe Welt des Bayerischen (ich weiß, ein Klischee, aber es hat was für sich!) ist bei Robert C. Rores Stilleben immer wieder zu spüren.

Neben dem zweiten großen Thema Rores, dem männlichen Akt, steht das Stilleben aber immer wieder im Mittelpunkt seiner Malerei. Hinter der traditionellen Form dieser Bildgattung steht eine Vielzahl von weiterweisenden Sinnbezügen. Man kennt die holländischen Bilder des 16. und 17. Jahrhunderts mit ihrer Fülle an allegorischen gewichtigen Gegenständen, die in ihren überkommen Bedeutungen als sinnfällige Metaphern auch verstanden wurden. Gerade im 19. Jahrhundert wurde dieses Fach aber immer mehr zu einem akademischen Kompositionsschema, das die dargestellten Gegenstände beliebig arrangierbar werden ließ. Das Stilleben erfuhr eine Umkehrung zu einem bildnerischen Experimentierfeld par excellence. Darin liegt das überaus häufige Aufgreifen dieser Gattung durch bild-konstruktive Künstler (wie Cézanne) begründet, die in ihr ein besonders zielführendes Mittel der Malerei zur Entwicklung eines neuen bildnerischen Ausdrucks sahen. Die Betonung von Dingbeziehungen und die Erarbeitung neuer Gestaltungsformen ließ sich gerade mit Hilfe des Stilleben erarbeiten und deutlich machen. In der beliebigen Anordnung der Gegenstände auf der Leinwand zur Lösung bild-konstruktiver Probleme liegt die besondere Bedeutung des Stillebens für viele Künstler bis heute begründet. Aber Rore ist eben ein Bayer. Die Illusion eines rein zufälligen Arrangements kommt ihm nicht entgegen, obwohl die Objekte des täglichen Lebens als Beispiele einer überschaubaren Welt favorisiert auf seinen Bildern auftauchen; frisch vom Viktualienmarkt!

Der Aufbau seiner Bildarrangements ist zwar statisch und konstatierend und von einer scharfen Fixierung auf den Bildgegenstand geprägt, aber selbst wenn man in den Obst- und Gemüsedarstellungen eine reine Abschilderung von Objekten sehen will, führt einem jeder dieser Gegenstände sein Eigenleben vor. Es gibt in der zeitgenössischen Malerei eigentlich kein langweiligeres Genre als das Stilleben. Es fehlt an Sinn-Auffüllung. Aber worin liegt nun der Unterschied zwischen der reinen Bemühung der Darstellung einer subjektivierten Welt und der Fähigkeit, definitorische Kraft zu entwickeln? Auf die Frage nach der Gemeinsamkeit seiner sehr verschiedenen Motive (Akt und Stilleben), antwortet er: „Die Erotik. Ich habe für die Erotik einer Zwiebel, eines aufgerissenen Granatapfels oder einer Barockarchitektur eben einen Sinn.“ Ein Bayer eben !

Der Akt und das Stilleben geben ihm die Möglichkeit das Volumen der Dinge sichtbar zu machen. Bei einem Realisten wie Rore eine nachvollziehbare Behauptung. Aber seine Kompositionen sind mehr Familienbilder, aufgereiht, in Szene und brav Glied an Glied gesetzt; portraitiert! Und wie es sich gehört, natürlich ins beste Licht gerückt! Familienbild. Seine Darstellungensweise ist beinahe extrem realistisch zu nennen, die Gegenstände wirken wie herauspräpariert und doch sind sie keine rein mimetische Ding-Darstellung; wie schon gesagt, er ist eben ein Bayer.

Robert C. Rore ist ausgebildeter Chemotechniker, studierte auch kurz Kunstgeschichte und hatte 1982 in München seine erste Einzelausstellung. Im selben Jahr wurde er in den Berufsverband bildender Künstler aufgenommen. Er arbeitet als freischaffender Maler und Grafiker im eigenen Atelier in München und ist seit 1995 Dozent für Malerei und Maltechnik an der Volkshochschule. Noch etwas in bester Münchener Manier: Er führt einen Werkstattbetrieb in bester Tradition. Es entstehen Portraits, Illustrationen für Bücher und Broschüren, Plakatgestaltungen für Musik- und Theaterdarbietungen bis zu Dekorationsmalereien für Nachbauten historischer Musikinstrumente.

Helmut Junger
Galerie Junger Berlin/ Shanghai

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